Hexenschuss: Bewegung und Entspannung helfen

Wenn der Schmerz plötzlich ins Kreuz schießt, geht meistens erst einmal gar nichts mehr. Doch auch wenn ein solch schmerzvoller Hexenschuss Angst macht, lautet die gute Nachricht: In den meisten Fällen haben akute Rückenschmerzen harmlose Ursachen und verschwinden schnell wieder.

Foto: Eine Frau steht gebückt, stützt sich mit einer Hand und fasst sich mit der anderen an den unteren Rücken.

Ursachen

Der Begriff Hexenschuss stammt wahrscheinlich aus dem Mittelalter. Wann immer man keine offensichtliche Ursache für Beschwerden ausmachen konnte, wurden zur damaligen Zeit übernatürliche Kräfte dafür verantwortlich gemacht. Hier beruht der Schmerz demnach auf dem Schuss einer Hexe. Fast jede und jeden erwischt die Hexe im Laufe des Lebens einmal: Der plötzliche Schmerz im unteren Rücken lässt quasi in der Bewegung erstarren, das Aufrichten und Strecken tut extrem weh. Gehen Betroffene damit in die Arztpraxis, findet sich in der Behandlungsakte nach einer gründlichen ärztlichen Befragung und Untersuchung in vielen Fällen der Fachbegriff Lumbago oder akute Lumbalgie als Beschreibung der Symptome wieder.

Mehr noch als beim Hexenschuss denkt man bei diesen fachsprachlichen Ausdrücken schnell, dass etwas Ernstes wie beispielsweise ein Bandscheibenvorfall dahintersteckt. Das ist aber nur bei einem extrem geringen Teil der Rückenschmerzen der Fall. „In den meisten Fällen haben Kreuzschmerzen eine harmlose Ursache, zum Beispiel ein blockiertes Lendenwirbelgelenk oder eine Verspannung der tiefen Rückenmuskulatur“, sagt Thomas Ebel, Arzt im AOK-Bundesverband.

Auslöser

Auslöser eines Hexenschusses ist typischerweise eine ruckartige Bewegung oder eine einseitige Belastung des Rückens. Hat sich ein Gelenk verhakt oder hat sich die Muskulatur verkrampft, signalisieren die vielen Nerven, die im Bereich der unteren Wirbelsäule verlaufen, dass etwas nicht in Ordnung ist, und senden Schmerzsignale. Angst und Schmerzen führen dazu, dass sich die Rückenmuskulatur noch mehr verspannt. Menschen, die einmal einen Hexenschuss hatten, glauben, dass sie ab jetzt immer Rückenpatienten sind. Das ist aber bei den wenigsten der Fall: Meistens nehmen die Rückenbeschwerden nach einigen Tagen oder Wochen wieder ab.

O-Ton von Thomas Ebel, Arzt im AOK-Bundesverband

Bildgebende Untersuchungen meist unnötig

Es ist also nicht nötig, bei akuten und unspezifischen Rückenschmerzen stets ein Röntgenbild der Wirbelsäule im MRT oder CT zu machen. Bei solchen Untersuchungen können zwar Abnutzungen an Gelenken entdeckt werden. „Oft haben die Patientinnen und Patienten jedoch dadurch gar keine Schmerzen, fühlen sich aber durch die Diagnose schlecht“, so Ebel weiter.

Nur wenn gleichzeitig Kribbeln oder Lähmungen im Bein auftreten, der Stuhlgang oder das Wasserlassen plötzlich Probleme bereitet, kann ein Bandscheibenvorfall dahinterstecken, der auf Nerven drückt. Dann ist sofortige ärztliche Hilfe nötig.

Schonen, aber mobil bleiben

Wer einen Hexenschuss hat, tut gut daran, erst einmal Ruhe zu bewahren. Mit einfachen Methoden bekommen Betroffene den Schmerz wieder in den Griff, und schon allein der Schmerz wird dafür sorgen, dass Menschen mit einem Hexenschuss es ein, zwei Tage langsamer angehen lassen müssen. Schmerzt der Rücken heftig, kann zunächst die sogenannte Stufenlagerung helfen. Dabei liegt man auf dem Rücken. Die Unterschenkel werden auf eine Ablage gelegt, die so hoch ist, dass Unter- und Oberschenkel einen 90-Grad-Winkel bilden. Doch längere Bettruhe hilft Betroffenen nicht. Sie sollten sich möglichst rasch wieder bewegen. Gut geeignet sind zum Beispiel Spazierengehen, Schwimmen und Radfahren.

Schmerzmittel nach ärztlicher Absprache

Um sich einigermaßen schmerzfrei bewegen zu können, kann es auch sinnvoll sein, in den ersten Tagen Schmerzmittel einzunehmen. „Am besten fragen Betroffene dazu in ihrer hausärztlichen Praxis nach, um abzuklären, ob gegebenenfalls Kontraindikationen gegen bestimmte Schmerzmittel bestehen oder zum Beispiel auch die Einnahme eines zusätzlichen Medikaments notwendig ist, um den Magen zu schützen“, sagt Mediziner Ebel.

Entspannung

Lindern lassen sich die Beschwerden oft auch durch Entspannung, zum Beispiel mit einer Wärmflasche oder einem Heizkissen. Auch Techniken wie die progressive Muskelentspannung helfen, Rückenschmerzen besser in den Griff zu bekommen.

Mit Bewegung vorbeugen

Auch wenn der Hexenschuss in der Regel wieder verschwindet, sollte man ihn als Warnung betrachten: Der Rücken könnte besser in Form sein, sonst würde er nicht streiken. Deshalb ist es gut, sich auch ohne schmerzvollen Anlass zu überlegen, wie man den Rücken stärken könnte. Und so geht’s:

  • regelmäßig und täglich bewegen, das heißt: besser öfter am Tag zehn Minuten als einmal in der Woche eine Stunde,
  • auf Alltagsaktivitäten setzen: Treppen steigen, Wege zu Fuß gehen, Auto stehen lassen und Rad fahren, beim Telefonieren auf und ab gehen,
  • gezielt die tiefe Rückenmuskulatur kräftigen, etwa mit Pilates oder Yoga.

Mit dem AOK-Rückentrainer bietet die Gesundheitskasse ein niedrigschwelliges Trainingskonzept an, um den Rücken in sechs Wochen gezielt zu stärken.

AOK-Umfrage: 81 Prozent klagen über Rückenschmerzen

Rückenschmerzen gehören übrigens zu den häufigsten körperlichen Beschwerden in Deutschland: Das bestätigt auch eine repräsentative forsa-Umfrage im Auftrag des AOK-Bundesverbandes, wonach 81 Prozent der Befragten in den vergangenen zwölf Monaten mindestens einmal Rückenschmerzen gehabt haben. Allein 2022 waren in Deutschland rund 27,4 Millionen Menschen mit Rückenschmerzen in ärztlicher Behandlung, so eine Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Das entspricht 32,64 Prozent der Gesamtbevölkerung Deutschlands .