Krätze: So hat die Milbe keine Chance

Krätze, das verbinden viele Menschen mit Ekel und mangelnder Sauberkeit. Doch die Milbe kann auch bei guter Hygiene übertragen werden. Die gute Nachricht: Krätze ist recht einfach zu behandeln. Die schlechte: Betroffene haben lange keine Symptome, können andere in dieser Zeit aber schon infizieren. Wie kann man die hochansteckende Hauterkrankung erkennen? Wie wird man sie wieder los? Und wie lässt sich eine Ansteckung verhindern? Das erklärt Anja Debrodt, Ärztin beim AOK-Bundesverband.

Foto: Nahaufnahme von zwei Händen, die Person kratzt sich einen Handrücken.

Weltweite Verbreitung und Häufigkeit

Weltweit ist Krätze (Fachbegriff: Skabies) eine der häufigsten Hautkrankheiten und kann Menschen jeden Alters treffen. In Gebieten mit tropischem Klima ist Krätze weit verbreitet – vor allem, wenn Menschen auf engem Raum und unter schlechten hygienischen Bedingungen leben. Gemäßigte Klimazonen haben eher in der kalten Jahreszeit ein Krätze-Problem.

In Deutschland gibt es keine umfassende Meldepflicht für Krätze und daher auch keine gesicherten Zahlen, wie häufig sie vorkommt. Nur Ausbrüche in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindertagesstätten, Alten- und Pflegeheimen, Obdachlosenunterkünften oder Wohnheimen für Asylsuchende müssen gemeldet werden.

Fachleute gehen dennoch von steigenden Infektionszahlen aus. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts zeigen Abrechnungsdaten niedergelassener Ärztinnen und Ärzte, dass die Skabies-Diagnosen seit dem Jahr 2009 etwa um einen Faktor 9 zugenommen haben und 2018 eine Gesamtzahl von mehr als 380.000 erreicht haben. 

Symptome und Ursachen

Starker, quälender Juckreiz vor allem nachts, manchmal auch begleitet von einem Brennen, das sind die Hauptsymptome einer Krätze. Typischerweise kommt ein Hautausschlag mit kleinen Knötchen, leicht erhabenen Flecken oder Streifen sowie Rötungen und Bläschen dazu.

Skabies wird durch winzige Parasiten, die sogenannten Krätzmilben, verursacht.  Die Milben-Weibchen – mit 0,3 bis 0,5 Millimeter für das bloße Auge kaum noch sichtbar – dringen in die obere Hornschicht der menschlichen Haut ein und graben dort Gänge, in denen sie ihre Eier ablegen. Zunächst spüren die Betroffenen davon nichts, sind aber schon ansteckend. Erst nach zwei bis fünf Wochen fängt die Haut stark an zu jucken – insbesondere, wenn es unter der Bettdecke warm wird – und es bilden sich Knötchen so klein wie ein Stecknadelkopf. Infolge des Kratzens können sich betroffene Hautstellen zusätzlich entzünden, Schuppen und Krusten entstehen. Von dem Wort „kratzen“ kommt auch der Name der Hauterkrankung. Selbst der medizinische Fachbegriff Skabies geht auf das lateinische Wort scabere zurück, was ebenfalls kratzen bedeutet.

O-Töne von Anja Debrodt, Ärztin im AOK-Bundesverband

Übertragung

Übertragen wird die Hauterkrankung von Mensch zu Mensch, und zwar über Haut-zu-Haut-Kontakt. „Kurze Berührungen wie Händeschütteln oder eine Umarmung zur Begrüßung reichen für eine Ansteckung üblicherweise nicht aus“, betont Medizinerin Debrodt. „Weil sich die Krätzmilben sehr langsam bewegen, können sie nur über einen längeren, großflächigeren Hautkontakt übertragen werden, der mindestens fünf bis zehn Minuten dauert.“ Anstecken können sich Menschen also beim Kuscheln, wenn sie zusammen in einem Bett schlafen, beim Geschlechtsverkehr oder auch bei pflegerischen Tätigkeiten. Deshalb sind es vor allem Partner, Partnerinnen, Eltern mit Kleinkindern, Geschwister sowie pflegebedürftige Personen und deren Betreuende, die sich mit der Krätze anstecken können. Typischerweise kann sie daher in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergärten oder Pflegeeinrichtungen ausbrechen.

Vorbeugung

Nach einer Ansteckung zeigen sich zumeist noch keine Symptome. Deshalb werden enge Kontaktpersonen von Erkrankten, die ihrerseits längere Hautkontakte zu weiteren Menschen haben, oft vorsorglich gleichzeitig behandelt. In dieser Zeit sollten intensive Hautkontakte mit anderen Menschen vermieden und bei den ersten Krankheitszeichen sofort eine Hautarztpraxis aufgesucht werden. Medizinischem Personal wird empfohlen, Einmalhandschuhe und Schutzkleidung mit langen Ärmeln zu tragen.

Eine Übertragung über Wäsche oder intensiv genutzte Gegenstände ist zwar möglich, allerdings selten. Sicherheitshalber sollten Kleidung, Bettwäsche und Handtücher täglich gewechselt und bei 60 Grad Celsius gewaschen, Polstermöbel und Matratzen täglich abgesaugt werden. Der Staubsaugerbeutel sollte anschließend entsorgt werden. Nicht waschbare Gegenstände und Textilien können auch in Plastiksäcke eingepackt und für 72 Stunden bei mindestens 21 Grad gelagert werden. AOK-Expertin Debrodt: „Nur mit diesem ganzen Bündel an Maßnahmen kann verhindert werden, dass sich die unangenehme Hautkrankheit weiterverbreitet oder sich Familienmitglieder immer wieder neu anstecken.“

Diagnose

Mithilfe eines Dermatoskops (Auflichtmikroskop) – eines lupenähnlichen Geräts mit integrierter Beleuchtung – kann der Hautarzt oder die Hautärztin eventuell die Krätzmilbe sowie die typischen Gänge erkennen und dann die Diagnose stellen. Im besten Fall gelingt es, Milbe, Eier oder Kotballen aus einem Gang herauszuschaben, um das winzige Material unter dem Mikroskop zu untersuchen. Das gestaltet sich in der Praxis häufig schwierig, weshalb die Diagnose oft anhand der typischen klinischen Zeichen gestellt wird:

  • Der Juckreiz verstärkt sich in der Nacht.
  • Bevorzugte Körperregionen sind der seitliche Oberkörper, die Oberarme und Oberschenkel, die Genitalregion, Analfalte, Penisschaft, Zehen- und Fingerzwischenräume, die Achselgegend, Bereiche um Nabel und Brustwarze.
  • Der Rücken ist selten befallen. Auch Kopf und Nacken bleiben ausgespart.
  • Bei Säuglingen können auch Kopf und Gesicht sowie Handflächen und Fußsohlen betroffen

Behandlung

Ein Verdacht sollte möglichst umgehend abgeklärt werden, um Ansteckungen zu vermeiden. „Zur Behandlung der Krätze gibt es unterschiedliche Wirkstoffe, die meist mehrfach direkt auf die Haut aufgetragen werden, um so Milben und Eier abzutöten“, sagt Ärztin Debrodt. Kommt ein Eincremen nicht infrage oder bleibt der Therapieerfolg aus, kann auch mit Tabletten behandelt werden. Die Behandlung von Säuglingen, Kleinkindern und Schwangeren sollte sehr sorgfältig mit der Auswahl des geeigneten Wirkstoffes erfolgen. Eine Nachbehandlung der gereizten und ausgetrockneten Haut mit pflegenden Ölbädern und/oder Salben ist oftmals empfehlenswert. In der Regel sind Erkrankte nach der äußerlichen Behandlung 36 Stunden beziehungsweise 24 Stunden nach der Tablette nicht mehr ansteckend. Der Juckreiz kann aber noch Wochen anhalten. Dagegen kann man sich ebenfalls Medikamente verschreiben lassen.

Sonderfall Borkenkrätze

Eine besonders schwerwiegende Form ist die Borkenkrätze (Skabies crustosa), die insbesondere bei Menschen vorkommt, die ein geschwächtes Immunsystem haben. Bei ihnen können sich die Milben ungehemmt vermehren. Unterschiede zur gewöhnlichen Krätze:

  • Nicht nur einzelne Stellen, sondern große Teile der Haut sind gerötet mit Schuppen- und Borkenbildung. Bei Skabies crustosa kann der Juckreiz gering sein oder auch fehlen.
  • Die Borkenkrätze ist sehr viel ansteckender als die gewöhnliche Krätze, auch schon bei kurzen Hautkontakten.
  • Deshalb sollte der Betroffene umgehend isoliert und möglichst stationär behandelt werden.
  • Alle Kontaktpersonen werden