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EU-Ticker Juni 2024

28.06.2024 AOK-Bundesverband 10 Min. Lesedauer

Nach den Europawahlen hat sich das neue Parlament mit alten Bekannten noch nicht konstituiert. Der Rat – etwa der EU-Gesundheitsminister – arbeitet jedoch schon einmal weiter an der „Gesundheitsunion“.

Flaggen der EU-Staaten vor dem Gebäude des EU-Parlaments in Straßburg

Gesundheitsunion bleibt EU-Priorität

Die EU will die Zusammenarbeit in der Gesundheitspolitik Die Gesundheitspolitik ist ein facettenreiches Gebiet, das weit über die in der Öffentlichkeit mit… verstärken. Der Rat der EU-Gesundheitsminister (EPSCO) verabschiedete am 21. Juni in Brüssel seinen politischen Standpunkt zur Zukunft der europäischen Gesundheitsunion. In der sogenannten Schlussfolgerung des Rates unter Titel „Ein Europa der Pflege, der Vorsorge und des Schutzes“ fordert das Gremium die EU-Kommission auf, den Gesundheitsbereich weiterhin als Priorität zu behandeln und benennt konkrete Arbeitsfelder für die Mitgliedsländer und die nächste Kommission.

Auf der Prioritätenliste des Rates für die nächste Legislaturperiode stehen neben der sicheren und wirtschaftlichen Medikamentenversorgung insbesondere Strategien gegen den Fachkräftemangel im Gesundheitswesen Das Gesundheitswesen umfasst alle Einrichtungen, die die Gesundheit der Bevölkerung erhalten,… , die Verbesserung der Vorsorge Für die medizinische Vorsorge und die Rehabilitation gilt der Grundsatz ambulant vor stationär – das… und die Abwehr grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren. Zu diesen gehörten auch die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels. Daueraufgabe der EU bleibe die Prävention Prävention bezeichnet gesundheitspolitische Strategien und Maßnahmen, die darauf abzielen,… im Bereich nicht übertragbarer Krankheiten, die für mehr als 80 Prozent der Krankheitsbelastung in den EU-Ländern verantwortlich seien. Dabei gehe es vor allem um Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Atemwegserkrankungen, Diabetes, psychische und neurologische Erkrankungen.

Von einer besseren Vernetzung nationaler, europäischer und internationaler Datenbanken im Gesundheitsbereich versprechen sich die EU-Gesundheitsminister einen Schub für die klinische Forschung in Europa, bessere Grundlagen für gesundheitspolitische Planung und schnellere Entwicklung von Arzneimitteln im Fall einer Pandemie. Sie empfehlen den Aufbau einer unabhängigen Datenbank zur Erfassung „ungedeckten Bedarfs an Gesundheitsversorgung“ in der EU. So könne die EU besser bewerten, in welchen Bereichen es vorrangigen Bedarf gebe und entsprechend Maßnahmen und Geld gezielter einsetzen. Dazu müssten Kommission und Mitgliedstaaten auch „die Umsetzungsinstrumente der EU, einschließlich EU4Health, verbessern und neue Instrumente wie ein EU-Plattform für Gesundheitsinvestitionen entwickeln“.

Den europäischen Gesundheitssystemen stehe ein schwieriges Jahrzehnt bevor, sagte der amtierende Ratsvorsitzende, Belgiens Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke. „Mit dem wachsenden Bedarf einer alternden Bevölkerung, dem Anstieg chronischer Krankheiten, Engpässen bei Arzneimitteln und Medizinprodukten und Gesundheitspersonal, das in den Ruhestand geht, werden unsere Ressourcen zunehmend belastet“, so Vandenbroucke nach der EPSCO-Tagung. Die Klimakrise und die Entwicklung der künstlichen Intelligenz machten die Lage noch komplizierter.

Mit seinem Papier stellte sich der Rat hinter die Kommission, die sich bereits Ende Mai für mehr gesundheitspolitische Zusammenarbeit ausgesprochen hatte. Die unter dem Eindruck der Pandemie geschaffene Gesundheitsunion sei „nicht das Ende des Weges, sondern erst der Anfang“, betonte Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides bei der Vorstellung einer entsprechenden Mitteilung der EU-Kommission. Als künftige Aufgabenfelder nannte auch sie die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels, eine sichere Arzneimittelversorgung, Strategien gegen antimikrobielle Resistenzen sowie bessere Prävention und Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Im Bereich der Krebsbekämpfung gehe es in der kommenden Legislaturperiode auch um mehr Alkohol- und Tabakprävention.

Der Klimawandel und andere Herausforderungen ließen sich nur durch einen One-Health-Ansatz bewältigen, der Gesundheitsaspekte in allen Politikbereichen berücksichtige, sagte Kyriakides. Auf die nächste EU-Kommission warte auch die Aufgabe, EU-Beitrittskandidaten bei der Modernisierung ihrer Gesundheitssysteme Der Zugang aller Bürger zu einer umfassenden gesundheitlichen Versorgung unabhängig von ihrem… zu helfen. Zu den neun offiziellen Beitrittskandidaten gehören unter anderem Albanien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro und Nordmazedonien.

Gemeinsam mit Kommissionsvizepräsident Margaritis Schinas zog Kyriakides die gesundheitspolitische Bilanz ihrer Amtszeit seit 2019. Zu den Erfolgen zählte sie neben der akuten Krisenbewältigung in der Pandemie auch das Umsetzen des Plans zur Krebsbekämpfung und das Programm zur Vermeidung und Behandlung psychischer Erkrankungen. Die EU sei durch den Aufbau der Gesundheitsunion besser auf künftige Krisen vorbereitet, sagte Schinas. Für das gemeinsame Vorgehen bei grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren gebe es jetzt einen gesetzlichen Rahmen.

EU-Gesundheitspolitiker Liese und Wölken wiedergewählt

Die deutschen EU-Gesundheitspolitiker Peter Liese (CDU) und Tiemo Wölken (SPD) sind auch im neuen Europaparlament vertreten. Beide waren bisher gesundheitspolitische Sprecher ihrer Fraktionen – Europäische Volkspartei (EVP) beziehungswesie Sozialdemokraten (S&D). Auch die sieben anderen zuletzt im Parlamentsausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) aktiven deutschen EU-Parlamentarier wurden wiedergewählt: Hildegard Bentele (CDU, Berlin), Michael Bloss (Grüne, Baden-Württemberg), Delara Burkhardt (SPD, Schleswig-Holstein), Christian Doelsch (CSU, Bayern), Andreas Glück (FDP, Baden-Württemberg), Jutta Paulus (Grüne, Rheinland-Pfalz) und Christine Schneider (CDU, Rheinland-Pfalz).

Liese holte als NRW-Spitzenkandidat für die CDU in seinem Wahlbezirk Südwestfalen 39,04 Prozent. Er lag damit über dem Landesschnitt seiner Partei (31,2 Prozent). Der Kinderarzt ist seit 1994 Mitglied des Europaparlamentes. Auch Jurist Wölken, der seit November 2016 die Region Weser-Ems und Teile Nord-Niedersachsens auf EU-Ebene vertritt, erzielte mit 19,5 Prozent ein besseres Ergebnis als die Bundes-SPD (13,9 Prozent).

In Deutschland beteiligten sich 64,78 Prozent der Stimmberechtigten an der Europawahl. Erstmals durften auch 16- und 17-Jährige wählen. Deutschland stellt 96 der insgesamt 720 Europaabgeordneten. CDU und CSU stellen mit zusammen 29 Abgeordneten das Gros der deutschen Parlamentarier. Die SPD ist mit 14 Abgeordneten vertreten, die Grünen stellen 12 EU-Parlamentarier. Die AfD erhielt 15, das „Bündnis Sarah Wagenknecht“ sechs und die FDP fünf Mandate. Freie Wähler, Linkspartei und Volt kamen auf je drei Mandate. Zudem sind im neuen Parlament „Die Partei“ mit zwei Sitzen sowie ÖDP, Familienpartei, PdF und Tierschutzpartei mit jeweils einem Mandat vertreten.

Die neue Legislaturperiode beginnt mit der Bildung der Fraktionen sowie der konstituierenden Plenartagung des Parlamentes vom 16. bis 19. Juli. Danach treten die Fachausschüsse zusammen. Der ENVI-Ausschuss war wegen der Zuständigkeit für Umwelt- und Gesundheitspolitik zuletzt das größte Fachgremium. Die Wahl der EU-Kommissionspräsidentin oder des -präsidenten durch das Parlament findet erst nach der Sommerpause in der zweiten Septemberhälfte statt.

Es gilt als sicher, dass die Staats- und Regierungschefs beim Gipfel am 27./28. Juni in Brüssel die bisherige Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für eine weitere Amtszeit vorschlagen. Offen ist, ob die bisherige EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides (Zypern) ihre Arbeit fortsetzen kann. Die Kommissionsmitglieder werden von den 27 Mitgliedsländern benannt. Über die Ressortverteilung entscheidet die Kommissionspräsidentin oder der -präsident. Die Benannten müssen sich dann Anhörungen im Parlament stellen. Über die Besetzung der Kommission stimmen die Abgeordneten anschließend im Block ab. Nach der Europawahl 2019 hatte sich dieser Prozess bis zum 27. November hingezogen.

Empfehlungen für höhere HPV- und HBV-Impfquoten

Die EU-Gesundheitsminister haben am 21. Juni Empfehlungen für mehr Impfungen gegen verhütbare Krebserkrankungen verabschiedet. Dabei geht es vor allem um die Immunisierung gegen Humane Papillomviren (HPV) und Hepatitis-B-Viren (HBV). Im EU-Programm zur Krebsbekämpfung haben sich die Mitgliedstaaten das Ziel gesetzt, bis 2030 mindestens 90 Prozent der Mädchen gegen HPV zu impfen und so die Gefahr von Gebärmutterhalskrebs zu verringern. Um das Übertragungsrisiko zu reduzieren, soll auch die bisher deutlich geringere Impfquote bei Jungen verbessert werden. Ziel ist zudem, 95 Prozent der Kinder und Neugeborenen in der EU bis 2030 gegen Hepatitis-B-Virus (HBV) zu impfen und bei Schwangeren eine Screening-Quote von 95 Prozent zu erreichen. Diese Werte hat die Weltgesundheitsorganisation Die WHO ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen, die als Koordinationsbehörde der… (WHO) für Europa empfohlen.

Die Impfempfehlungen das Rates basieren auf einer Ende Januar vorgestellten Vorlage der EU-Kommission. Danach werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, die Immunisierung gegen vermeidbare Krebsarten in ihre nationalen Krebspläne aufzunehmen sowie Impfungen Aufgrund des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes sind Leistungen für bestimmte Schutzimpfungen seit dem… gegen HPV und HBV kostenlos und leicht zugänglich anzubieten. Dies könne beispielsweise über Impfungen in Schulen und Bildungseinrichtungen erfolgen. Empfohlen wird zudem „ein strukturiertes System von Einladungen und Erinnerungen“ sowie Zusammenarbeit mit Angehörigen der Gesundheitsberufe, lokalen Verbänden und „vertrauenswürdigen Einzelpersonen auf Gemeinschaftsebene“. Eltern und junge Menschen sollen besser informiert, Fehl- und Desinformation stärker bekämpft werden. Gezielte Ansprache empfiehlt der Rat für benachteiligte Gruppen – genannt werden Personen mit Behinderungen, Obdachlose, Migranten, Asylsuchende und Geflüchtete, Vertriebene aus der Ukraine und Roma – sowie „Personen mit riskantem Sexualverhalten, zum Beispiel Sexarbeiter/innen und LGBTI-Personen“.

WHO vertagt Entscheidung über Pandemie-Abkommen

Die Verhandlungen über ein internationales Pandemie-Abkommen werden im Juli fortgesetzt. Nachdem der geplante Abschluss zur jüngsten Generalversammlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Ende Mai gescheitert ist, soll jetzt spätestens zur nächsten Weltgesundheitsversammlung im Mai 2025 ein unterschriftsreifes Ergebnis vorliegen. Wenn es davor einen Durchbruch gebe, sei auch eine Sondersitzung noch in diesem Jahr möglich, erläuterte das Bundesgesundheitsministerium. Ungeklärt blieb bei den Ende 2021 begonnenen Verhandlungen bisher vor allem Fragen des Forschungszugangs zu Krankheitserregern und einer finanziell gerechten Verteilung von Medikamenten und Impfstoffen. Der Entwurf des Abkommens sah bisher vor, dass im Fall einer weltweiten Gesundheitskrise zehn Prozent der Diagnostika, Therapeutika oder Impfstoffe, deren Entwicklung auf gemeinsam genutzten Krankheitserregern basiert, kostenlos und zehn Prozent zu nicht gewinnorientierten Preisen zur Verfügung stehen.

Als Erfolg werteten WHO und EU-Kommission dagegen die Anfang Juni durch die Weltgesundheitsversammlung in Genf abgeschlossene Überarbeitung der internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV). Über die Aktualisierung wurde zwei Jahre lang verhandelt. Auch hierbei ging es um Lehren aus der Sars-Cov-2-Pandemie. Die Änderungen sollen dazu beitragen, im Fall einer Gesundheitskrise sowohl die nationale Reaktionsfähigkeit als auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei der Krankheitsüberwachung verbessern. Dazu wurde auch die Definition eines pandemischen Notfalls überarbeitet, um schneller internationale Maßnahmen einleiten zu können.

Kassen sehen Zeitplan für EU-HTA kritisch

Die EU-Kommission hat am 23. Mai die ersten Detailregelungen zur Umsetzung der EU-HTA-Verordnung erlassen. Dabei geht es um die gemeinsame europäische Nutzenbewertung (Health-Technology-Assessment, HTA) für neue Arzneimittel Nach der Definition des Arzneimittelgesetzes (AMG) sind Arzneimittel insbesondere Stoffe und… ab 2025. Der aktuelle Rechtsakt betrifft nach Angaben des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) unter anderem den Daten- und Informationsaustausch mit der EU-Arzneimittelagentur (EMA) und den Arzneimittelherstellern sowie das Einbinden von Sachverständigen und Patientenvertretern in das Verfahren. „Weitere fünf Durchführungsrechtsakte werden folgen – aber voraussichtlich erst in der zweiten Jahreshälfte 2024 verabschiedet werden“, so der GBA.

Die Europavertretung der deutschen Sozialversicherungen (DSVE) beurteilt den Zeitplan kritisch. Ohne die noch ausstehenden Leitfäden einschließlich der Methodik bestehe „weiterhin keine ausreichende Klarheit über Inhalt und Umfang der gemeinsamen klinischen Bewertungen von Arzneimitteln“. Damit sei die fristgerechte Umsetzung des EU-HTA auf nationaler Ebene gefährdet“.

Ab 2025 beginnen die Bewertungsverfahren zunächst für Krebsmedikamente und neuartige Therapien (ATMP). Nicht betroffen sind laut GBA „bereits zugelassene Krebsmedikamente, bei denen die Anwendungsgebiete erweitert werden“. Ab 2028 werden Arzneimittel zur Behandlung seltener Erkrankungen (Orphan Drugs) einbezogen, ab 2030 alle Neuzulassungen. Für Deutschland koordiniert der GBA gemeinsam mit dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) Das IGWiG wurde am 1. Juni 2004 nach dem Vorbild des National Institute for Health and Clinical… die Entwicklung der notwendigen Strukturen und Prozesse für EU-HTA und ab 2025 die Durchführung der Bewertungen. Die Ergebnisse werden in EU-HTA-Berichten veröffentlicht und sollen den Mitgliedstaaten bei ihren jeweiligen Entscheidungen über einen Zusatznutzen und bei Preisentscheidungen oder -verhandlungen dienen. Die EU-Kommission hatte in der jahrelangen Debatte um die EU-HTA-Verordnung Einige Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung bedürfen einer schriftlichen Anweisung durch… vergeblich versucht, eine verpflichtende Berücksichtigung der Ergebnisse durchzusetzen. Sie scheiterte damit am Widerstand der Länder, die angesichts ihrer national bereits funktionierenden Arzneimittel-Nutzenbewertung mit hohen Standards Qualitätseinbußen befürchteten. Dazu gehörte auch Deutschland.

Vogelgrippe: EU organisiert Impfstoff-Beschaffung

Die neue EU-Behörde für die Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Notlagen (HERA) hat am 11. Juni im Auftrag einer Gruppe von EU-Staaten die Beschaffung eines Impfstoffs gegen die Vogelgrippe eingeleitet. Der auf vier Jahre angelegte Vertrag mit dem weltweit größten Hersteller von Influenza-Impfstoffen, CSL Sequirus, beinhaltet laut EU-Kommission die Lieferung von bis zu 665.000 Dosen „des aktuellen Prä-Pandemie-Impfstoffs gegen zoonotische Influenza“. Zudem gebe es die Option auf weitere 40 Millionen Impfdosen. „Der Impfstoff ist für Personenkreise mit einer besonders hohen Exposition gegenüber der potenziellen Übertragung der Aviären Influenza durch Vögel oder andere Tiere bestimmt, wie zum Beispiel Personal von Geflügelfarmen und Tierärztinnen und Tierärzte“, teilte die Kommission mit. Das Vakzin sei derzeit der einzige in der EU zugelassene präventive Impfstoff gegen Vogelgrippe. Deutschland ist am Vertrag nicht beteiligt. Mit dabei sind Dänemark, Lettland, Frankreich, Zypern, Litauen, Malta, die Niederlande, Österreich, Portugal, Slowenien, Finnland, Griechenland und Irland sowie die Nicht-EU-Staaten Island und Norwegen.

Krebsgefahr am Arbeitsplatz: EU mahnt Deutschland ab

Blauer Brief aus Brüssel: Die EU-Kommission hat die Bundesregierung abgemahnt, weil Deutschland die verschärfte „Richtlinie zum Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Karzinogene und Mutagene bei der Arbeit“ noch nicht in nationales Recht umgesetzt hat. Das Europaparlament und der Rat der Mitgliedstaaten hatten die Richtlinie im März 2022 verabschiedet. Die EU-Staaten hatten zwei Jahre Zeit zur Übertragung in nationale Rechtsetzung.

Die neue EU-Richtlinie erweitert den Schutz vor potenziell Krebs auslösenden und das Erbgut verändernden Gefahrstoffen um sogenannte reproduktionstoxische Substanzen, die die menschliche Fortpflanzung gefährden können. Zudem wurden erstmals Grenzwerte für Acrylnitril und Nickelverbindungen festgelegt und die für Benzol gesenkt. Die verschärfte EU-Richtlinie ist Teil des europäischen Plans zur Krebsbekämpfung. Laut EU-Kommission „sterben rund 80.000 Menschen in der EU, weil sie solchen Stoffen am Arbeitsplatz ausgesetzt sind“.

Deutschland ist indes nicht der einige Richtlinien Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) konkretisiert in Richtlinien mit Bindungswirkung für… -Sünder: Elf weitere Staaten haben die Frist nicht eingehalten, darunter Spanien, Italien, die Niederlande, Polen und Österreich.

Cannabis in Europa weiter Droge Nummer eins

Im vergangenen Jahr konsumierten geschätzt 22,8 Millionen Europäer im Alter zwischen 15 und 64 Jahren Cannabisprodukte. Das geht aus dem am 11. Juni veröffentlichten Jahresbericht 2024 der EU-Drogenbeobachtungsstelle (EMCDDA) in Lissabon hervor. Danach ist Cannabis in der EU weiter die am stärksten verbreitete Droge. Auf Rang zwei rangiert Kokain. Heroin bleibt laut Bericht das am häufigsten konsumierte illegale Opioid in Europa. Im Gegensatz zum derzeit boomenden Kokainkonsum werde Heroin jedoch eher von älteren Menschen konsumiert, sodass es weniger neue Abhängige gebe.

Weit verbreitet sei in Europa „der Konsum von zwei oder mehr psychoaktiven Substanzen zur gleichen Zeit oder kurz hintereinander“. Zudem seien Drogen häufig in hoher Potenz und Reinheit erhältlich. Diese Faktoren erhöhen nach Angaben der Beobachtungsstelle die gesundheitlichen Risiken und erschweren die Behandlung. Laut Jahresbericht ist die Verfügbarkeit aller Drogen weiter hoch. Dazu trügen sowohl Schmuggel als auch die Produktion in der EU bei. „Für illegale Drogen zeigt sich ein widerstandsfähiger, flexibler und lukrativer Markt“ stellt die EU-Behörde fest.

Deren Direktor Alexis Goosdeel warnte vor einer zu erwartenden Veränderung beim Heroinkonsum. Verantwortlich dafür sei das radikale Vorgehen der Taliban gegen die Opiumproduktion in Afghanistan. Nach Schätzungen der UNO ist die Herstellung des Basisproduktes für Heroin seit Einführung des Verbots nach der Machtübernahme der Taliban 2022 um 95 Prozent zurückgegangen. „Es besteht die Gefahr, dass die Heroinkonsumenten auf Drogen umsteigen, die billiger, leichter herzustellen und viel gefährlicher als Heroin sind. Einige von ihnen können siebenhundertmal stärker sein als Morphium“, so Goosdeel. Die EMCDDA will im Juli Empfehlungen für die EU-Staaten zum Umgang mit der Situation vorlegen. Als geeignete Maßnahme nannte Goosdeel bereits die Ausweitung des Zugangs zu Opioid-Antagonisten – etwa Methadon – und entsprechende unterstützende Behandlungen. Wichtig sei zudem die bessere Versorgung mit dem Medikament Naxalone, das eine Opioid-Überdosis schnell rückgängig machen könne. Zudem empfahl der EMCDDA-Direktor, die Leitlinien werden definiert als systematisch entwickelte Entscheidungshilfen für Ärzte und Patienten, die eine… für den Einsatz von Naxalone an die veränderte Stärke synthetischer Opioide anzupassen.

Bispehnol A in Lebensmittelverpackungen ab Jahresende verboten

Materialien, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen, dürfen in der EU voraussichtlich ab Jahresende kein Bisphenol A (BPA) mehr enthalten. Die Industrie verwendet die chemische Verbindung als Weichmacher, besonders für die Innenbeschichtung von Metalldosen und Trinkflaschen aus Kunststoff. Das vom Europaparlament und den Mitgliedsländern gebilligte Verbot stützt sich auf eine wissenschaftliche Bewertung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Danach kann das Östrogen-ähnliche BPA schädliche Auswirkungen auf das Immunsystem und die menschliche Fruchtbarkeit haben. Das Verbot gilt laut Kommission für die Verwendung von BPA in Lebensmittelverpackungen, für Konsumgüter wie wiederverwendbaren Getränkeflaschen aus Kunststoff, Kühler zur Wasserverteilung oder andere Küchenartikel. Für Einzelfälle ohne Risiken für die Verbraucher gebe es Ausnahmen und Übergangsfristen. Die Verwendung von BPA in Thermopapier, wie es für Kassenbons verwendet wird, hatte die EU bereits 2019 untersagt.