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EU-Ticker Februar 2025

28.02.2025 AOK-Bundesverband 6 Min. Lesedauer

Die Kommission hat Vorschläge für eine sichere Versorgung mit Medikamenten in Europa angekündigt. Weitere Themen: Die zweigleisige KI-Strategie der EU und sinkende Sterblichkeit bei Krebs.

Die blaue Europafahne mit den gelben Sternen flattert im Wind.

„Critical Medicines Act“ für Mitte März angekündigt

Die EU-Kommission hat für den 11. März Vorschläge für eine sichere Versorgung mit Medikamenten in Europa angekündigt. Damit erfüllt Gesundheitskommissar Olivér Várhelyi eine Forderung des Europaparlaments, innerhalb der ersten 100 Tage nach Amtsantritt einen „Critical Medicines Act“ vorzulegen. Den Termin nannte die Kommission bei der Vorstellung ihres Arbeitsprogramm der Kommission für 2025 am 12. Februar. Danach soll die noch für das laufende Jahr zugesagte Evaluierung der EU-Verordnungen für Medizinprodukte Medizinprodukte sind Apparate, Instrumente, Vorrichtungen, Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen oder… und In-vitro-Diagnostika bis Jahresende vorliegen.

In ihr Konzept will die Kommission auch die Vorschläge der „Allianz für kritische Arzneimittel einbinden. Das noch von Várhelyis Amtsvorgängerin Stella Kyriakides ins Leben gerufene Bündnis aus nationalen Arzneimittelbehörden, Industrie und Organisationen aus dem Gesundheitswesen Das Gesundheitswesen umfasst alle Einrichtungen, die die Gesundheit der Bevölkerung erhalten,… berät seit April 2024 mit der Kommission und der EU-Arzneimittelagentur über geeignete Maßnahmen für mehr Liefersicherheit. Vorschläge konnten die Beteiligten bis zum 27. Februar einreichen. An den Beratungen war auch die Europavertretung der deutschen Sozialversicherungen (DSVE) beteiligt. Für den 3. März ist ein Meinungsaustausch zwischen dem Gesundheitsausschuss des Europaparlaments und Vertretern der Allianz vorgesehen.

Ihr Jahresprogramm flankiert die Kommission mit dem Versprechen, die EU in den nächsten fünf Jahren „schneller, einfacher und effizienter“ zu machen. Bestehende und neue EU-Vorschriften sollen praxistauglicher formuliert und der Verwaltungsaufwand verringert werden. Die Kommission will Betroffene künftig frühzeitig einbinden und regelmäßig „Realitätschecks“ durchführen. In einem ersten Schritt kommen rund 40 EU-Programme und -Vorschriften auf den Prüfstand, darunter die Medizinprodukte- und die In-vitro-Diagnostika-Verordnung Einige Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung bedürfen einer schriftlichen Anweisung durch… . Für den 26. Februar hatte die EU-Kommission konkrete Vorschläge zur Entbürokratisierung für erste vier Gesetze angekündigt, darunter für die Regelungen zum CO₂-Grenzausgleichsmechanismus.

Fördern und Regulieren: EU setzt auf zweigleisige KI-Politik

Anfang Februar hat die Europäische Union (EU) die erste Stufe des bereits im August 2024 in Kraft getretenen KI-Gesetzes (AI-Act) scharf gestellt. Danach dürfen in der EU keine Systeme mit Künstlicher Intelligenz (KI) eingesetzt werden, die „unannehmbare Risiken“ für die Menschen bergen und die Grundrechte verletzen. Das betrifft zum Beispiel Anwendungen, die menschliches Verhalten manipulieren können oder das Bewerten sozialen Verhaltens durch Regierungen, Behörden oder Unternehmen ermöglichen. Auch biometrische Systeme zur Erkennung von Emotionen am Arbeitsplatz sind jetzt verboten.

Zugleich will die EU in den nächsten Jahren 200 Milliarden Euro in gemeinsame KI-Projekte mit der Wirtschaft investieren. Das kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei der Gründung der Initiative „InvestAI“ am 11. Februar in Paris an. Allein 20 Milliarden Euro sollen in einen neuen europäischen Fonds für den Aufbau von vier KI-Gigafabriken fließen. Sie sollen laut Kommission „auf das Training der komplexesten, sehr großen KI-Modelle spezialisiert sein“ und „bahnbrechende Entwicklungen in bestimmten Bereichen wie der Medizin oder der Wissenschaft“ ermöglichen. Die KI-Förderung ist eingebettet in einen Regulierungsrahmen, der laut Kommission darauf abzielt, „die Forschungs- und Industriekapazitäten zu stärken und gleichzeitig Sicherheit und Grundrechte zu gewährleisten“.

Der bisher weltweit erste KI-Regelungsrahmen beinhaltet vier Risikostufen. Neben den bereits verbotenen „unannehmbaren Risiken“ definiert der AI-Act „hohe Risiken“, „Systeme mit besonderen Transparenzverpflichtungen“ und „minimale Risiken“. Als Hochrisiko-Anwendungen sind beispielsweise KI-basierte medizinische Software, KI-Systeme für die Personaleinstellung oder Risiko-Bewertungssysteme – etwa bei Versicherungen – eingestuft. Für sie gelten besondere Anforderungen, darunter „Systeme zur Risikominderung, eine hohe Qualität ist ein zentrales Versorgungsziel der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Im Rahmen der… der Datensätze, die Protokollierung von Aktivitäten, eine ausführliche Dokumentation, klare Benutzerinformationen, menschliche Aufsicht Die Krankenversicherungsträger, ihre Landesverbände, der GKV-Spitzenverband, die… und ein hohes Maß an Robustheit, Genauigkeit und Cybersicherheit“. Von der deutschen Kranken-, Renten- und Unfallversicherung werden laut Europa-Dachverband (DSVE) bisher noch keine Hochrisiko-KI-Systeme eingesetzt.

EU-Bericht warnt vor „medizinischen Wüsten“

In den 27 EU-Staaten weitet sich der Mangel an Gesundheitsfachkräften aus. Nach einem Ende Januar im Gesundheitsausschuss des Europaparlamentes (Sant) vorgestellten Bericht der EU-Kommission auf Basis von OECD-Daten fehlten 2022 EU-weit rund 1,2 Millionen Ärzte, Gesundheits- und Krankenpfleger sowie Hebammen. Bis 2030 könnten in der EU sogar bis zu vier Millionen Gesundheitsfachkräfte fehlen, warnte der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke (EVP-Fraktion) in der Aussprache des Europaparlaments zum Kommissionsbericht am 11. Februar.

Als Ursachen nennt die Kommission eine Kombination aus demografischer Entwicklung und schwierigen Arbeitsbedingungen. Die Corona-Pandemie habe die Situation noch verschärft. Laut Analyse sind mehr als ein Drittel der Ärzte und ein Viertel der Gesundheits- und Krankenpfleger in den EU-Staaten älter als 55 Jahre. Vor allem Ärztinnen und Ärzte seien in der EU unausgewogen verteilt. Der Bericht warnt deshalb vor „medizinischen Wüsten“. Als Gegenmaßnahmen empfiehlt die Kommission insbesondere, mehr Menschen für Gesundheitsberufe auszubilden und anzuwerben. Damit das gelinge, müssten die Arbeitsbedingungen deutlich verbessert, unter anderem durch eine stärkere Digitalisierung im Gesundheitswesen und in der Pflege Kann die häusliche Pflege nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden, besteht Anspruch auf… .

Bundesärztekammer (BÄK) und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) fordern in diesem Zusammenhang eine gemeinsame EU-Strategie gegen den Fachkräftemangel. Dabei müsse es um mehr berufliche Mobilität, mehr Ausbildungskapazitäten, sichere und attraktive Arbeitsbedingungen sowie Unterstützung bei der digitalen Transformation des Gesundheitswesens gehen, sagte BÄK-Präsident Klaus Reinhardt bei einer Veranstaltung der beiden Ärzteorganisationen am 18. Februar in Brüssel. In Deutschland sei die gesundheitliche Versorgung ohne Fachkräfte aus anderen Ländern nicht aufrecht zu erhalten, betonte Reinhardt. Er warnte jedoch auch vor Personalengpässen in den Herkunftsländern: „Die EU-Mitgliedstaaten sollten sich nicht zu sehr auf die Anwerbung von Arbeitskräften aus anderen Staaten verlassen, sondern ihrer Verantwortung gerecht werden, eine ausreichende Anzahl Berufsangehöriger auszubilden, um ihren eigenen Bedarf zu decken.

Krebssterblichkeit sinkt – Zahl der Krebserkrankungen steigt

Die Überlebensraten von Krebspatienten haben sich in allen EU-Staaten verbessert. Nach zum Weltkrebstag am 4. Februar vorgelegten neuen Zahlen der EU-Kommission und der OECD ging die Sterblichkeit von 2011 bis 2021 im Schnitt um zwölf Prozent zurück. Bei Männern sank die Rate mit 16 Prozent deutlich stärker als bei Frauen (acht Prozent). Zudem gebe es in der EU „bei einer Reihe von Krebsrisikofaktoren Verbesserungen, darunter einen Rückgang des Raucheranteils und einen insgesamt sinkenden Alkoholkonsum“, so die Kommission.

Die schlechte Nachricht: Die Häufigkeit von Krebserkrankungen hat von 2010 bis 2020 um 24 Prozent zugenommen. „In jeder Minute erfahren fünf Menschen in der Union, dass sie an Krebs erkrankt sind, und zwei Menschen sterben an Krebs“, heißt es im Begleitbericht zu den „Länderprofilen Krebs 2025“. Etwa die Hälfte der Krebsfälle in den EU-Staaten entfällt laut Bericht auf vier Hauptkrebsarten: Darm-, Lungen-, Prostata- und Brustkrebs. Brustkrebs sei für fast jede dritte Krebs-Neuerkrankung bei Frauen, Prostatakrebs für beinahe jede vierte bei Männern verantwortlich.

Bei der Krebssterblichkeit gibt es weiterhin deutliche Unterschiede zwischen den EU-Ländern. Die Sterblichkeitsraten seien „weiterhin in Ländern mit niedrigem Einkommen sowie bei Personen mit niedrigerem Bildungsniveau und bei Männern am höchsten“, stellte die Kommission fest. Die Krebssterblichkeit in Deutschland deckt sich laut Länderprofil mit dem EU-Durchschnitt, ist jedoch bei Frauen etwas höher und bei Männern etwas niedriger als im EU-Schnitt. Auch bei der Krebs-Prävalenz ist eine Messgröße aus der Epidemiologie, die die Häufigkeit einer Krankheit zu einem bestimmten… liegt Deutschland im EU-Mittelfeld. Im europäischen Plan zur Krebsbekämpfung haben die Mitgliedsländer auch vereinbart, gegen Ungleichheiten beim Zugang zur medizinischen Versorgung und bei den Behandlungsstandards für an Krebs erkrankte Menschen vorzugehen.

Die Krebsrisikofaktoren Übergewicht und Adipositas werden laut Kommission „zu einer immer größeren Herausforderung, da mehr als die Hälfte der Erwachsenen in der EU übergewichtig sind“. Besorgt zeigt sich die Kommission über sinkende Teilnahmezahlen bei der Krebsfrüherkennung: „In jedem zweiten EU-Land ließ die Inanspruchnahme der Vorsorgeuntersuchungen bei Brustkrebs nach, und in zwei Dritteln der Mitgliedstaaten bei Gebärmutterhalskrebs.“

EU will Lebensmittelverschwendung deutlich reduzieren

Bis 2030 wollen die 27 EU-Staaten die Lebensmittelabfälle bei der Verarbeitung und Herstellung um zehn Prozent verringern. Für den Einzelhandel und für Privathaushalte gibt die EU das Ziel vor, das Wegwerfen von Lebensmitteln in den nächsten fünf Jahren um 30 Prozent pro Kopf zu reduzieren. Vergleichmaßstab ist die durchschnittliche Menge an Lebensmittelabfällen der Jahre 2021 bis 2023. Das Europaparlament und der Europäische Rat der Mitgliedstaaten einigten sich am 19. Februar darauf, diese Ziele in der überarbeiteten EU-Abfallrahmenrichtlinie zu verankern.

Laut EU-Kommission fallen in der Union jährlich mehr als 59 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle an. „Ungefähr zehn Prozent aller Lebensmittel in unserem täglichen Leben werden verschwendet“, so die Kommission. Das entspreche einem wirtschaftlichen Schaden von jährlich 132 Milliarden Euro. Allein die Kosten für das Sammeln und Entsorgen von Lebensmittelabfällen schätzt die Kommission auf 9,3 Milliarden Euro pro Jahr. Allein in Deutschland werden nach Zahlen des Bundeslandwirtschaftsministeriums jedes Jahr etwa elf Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle entsorgt. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hatte deshalb im Juni mit 14 Unternehmen des Groß- und Einzelhandels einen Pakt gegen Lebensmittelverschwendung geschlossen. Nach einem im Dezember 2024 veröffentlichten Zwischenbericht konnte ein Großteil der beteiligten Unternehmen die Lebensmittel-Abfallrate bereits um 30 Prozent senken.

Auch die Verschwendung von Textilien solle durch die überarbeitete EU-Richtlinie eingedämmt werden. Sie geht zurück auf einen Vorschlag der EU-Kommission von Juli 2023, der insbesondere auf den Ausbau der Kreislaufwirtschaft setzt. Die Rahmenrichtlinie tritt 20 Tage nach der noch ausstehenden formalen Annahme durch Rat und Parlament in Kraft. Die EU-Staaten müssen die Regelungen dann innerhalb von 20 Monaten in nationales Recht umsetzen.