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EU-Ticker November 2024

29.11.2024 AOK-Bundesverband 6 Min. Lesedauer

Die neue Kommission ist gewählt und bestätigt, auch der umstrittene Kandidat für das Gesundheitsressort. Weitere Themen: der EU-Haushalt und europaweit steigende Arzneimittelkosten.

Europa-Fahne im Anschnitt, fünf goldene Steren auf tiefblauem Grund

EU-Gesundheitskommissar muss Pandemie-Vorsorge abgeben

Die neue EU-Kommission ist im Amt. Das Europaparlament bestätigte am 27. November alle 26 von den Mitgliedstaaten benannten EU-Kommissarinnen und -Kommissare. Das neu zugeschnittene Kommissionsressort für Gesundheit und Tierwohl übernimmt der bis zuletzt umstrittene Ungar Olivér Várhelyi. Die Zuständigkeit für Pandemie-Vorsorge Für die medizinische Vorsorge und die Rehabilitation gilt der Grundsatz ambulant vor stationär – das… liegt allerdings künftig bei der belgischen EU-Kommissarin für Krisenmanagement, Hadja Lahbib.

Der als Vertrauter des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán geltende Várhelyi bleibe „alles andere als ein Wunschkandidat“, sagte der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken dem AOK-Magazin G+G. Doch durch die Beschneidung der Zuständigkeiten werde „die wichtige Vorbeugung von Gesundheitskrisen wie der Corona-Pandemie vor ungarischem Einfluss geschützt“. Ungarn habe während der Pandemie „eine sehr unrühmliche Rolle gespielt“, erläuterte der CDU-Europaparlamentarier Peter Liese. In der Anhörung durch den Ausschuss für Umwelt und Gesundheit habe sich Várhelyi aber gut vorbereitet und kompetent gezeigt. Liese und der FDP-Europaabgeordnete Andreas Glück begrüßten insbesondere Várhelyis Zusage, schon bis Ende des ersten Quartals 2025 konkrete Lösungsvorschläge für Probleme bei der Umsetzung der EU-Medizinprodukteverordnung vorzulegen.

370 Abgeordnete stimmten für das Personaltableau der neuen Kommission, 282 dagegen, 36 enthielten sich. Grund für die große Zahl an Gegenstimmen sind das Erstarken EU-kritischer Parteien und der Streit um die Vergabe der Vizepräsidenten-Posten an den von Italiens rechtsgerichteter Regierung nominierten Raffaele Fitto und die wegen der Flutkatastrophe in ihrer spanischen Heimat in der Kritik stehende Teresa Ribera-Rodríguez.

EU4Health-Kürzung: Protest der Gesundheitspolitiker erfolglos

2025 stehen im EU-Haushalt knapp 168 Millionen Euro weniger für Gesundheitspolitik Die Gesundheitspolitik ist ein facettenreiches Gebiet, das weit über die in der Öffentlichkeit mit… zur Verfügung. Das Programm „EU4Health“ wurde bei den abschließenden Haushaltsberatungen zwischen Parlament und Rat der EU-Finanzminister auf rund 585 Millionen Euro gestutzt (2024: 753 Millionen) Der Ausschuss für Umwelt, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (Envi) hatte die Kürzung zuvor scharf kritisiert.

Das Parlament billigte am 27. November den EU-Haushalt für 2025. Er hat ein Volumen von 199,4 Milliarden Euro – zehn Milliarden mehr als im laufenden Jahr. Das sind weniger als die Hälfte des deutschen Bundeshaushalts (2024: 477 Milliarden Euro). Der Jahresetat der Union ist Teil eines jeweils sieben Jahre umfassenden mehrjährigen Haushaltsplans der EU.

Arzneimittelausgaben setzen Gesundheitssysteme unter Druck

Steigende Kosten für neue Arzneimittel Nach der Definition des Arzneimittelgesetzes (AMG) sind Arzneimittel insbesondere Stoffe und… -Therapien setzen die Gesundheits- und Sozialsysteme in allen EU-Staaten massiv unter Druck. Das belegt eine neue Studie des europäischen Dachverbandes der Sozialversicherungen (ESIP) und der Arzneimittel-Arbeitsgruppe der Kostenträger auf EU-Ebene (MEDEV). In beiden ist auch der AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… -Bundesverband Mitglied. Als Hauptursachen nennt die Analyse „den Markteintritt neuer und immer teurerer Therapien, erweiterte Indikationen für kostenintensive Behandlungen sowie die demografische Alterung und den Anstieg chronischer Erkrankungen“.

„Der Anstieg wird primär durch höhere Preise und nicht durch das Volumen erstatteter Arzneimittel verursacht“, erläuterte die Europavertretung der deutschen Sozialversicherungen (DSV). Laut Studie fallen vor allem neue Krebsmedikamente (Onkologika) ins Gewicht. Weitere therapeutische Bereiche mit auffälligen Ausgabenzuwächsen seien Immunologie, Stoffwechselerkrankungen, Hämatologie und im ambulanten Bereich die Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Zudem gebe es mehr sehr teure Medikamente zur Behandlung seltener Erkrankungen (Orphan Drugs). In Frankreich stiegen die durchschnittlichen Pro-Kopf-Nettokosten für Orphan-Arzneimittel gemäß ESIP/MEDEV-Studie allein zwischen 2019 und 2022 um 49 Prozent.

In Deutschland sind die Netto-Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen Die 97 Krankenkassen (Stand: 26.01.22) in der gesetzlichen Krankenversicherung verteilen sich auf… nach neuen Zahlen des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) in den vergangenen zehn Jahren um 74 Prozent gestiegen. Bei patentgeschützten neuen Präparaten hat sich laut WIdO Das WIdO (Wissenschaftliches Institut der AOK) liefert als Forschungs- und Beratungsinstitut der… der durchschnittliche Packungspreis von 2014 bis 2023 verdreifacht. „Das Gesundheitswesen Das Gesundheitswesen umfasst alle Einrichtungen, die die Gesundheit der Bevölkerung erhalten,… kann langfristig nur funktionieren, wenn es medizinisch, pflegerisch und ökonomisch im Gleichgewicht ist“, warnte die Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbandes der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung, Doris Pfeiffer. „Innovation muss evidenzbasiert und erschwinglich sein, um die Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialsystemein Europa nicht zu gefährden.“

Kommission plant EU-Meldeportal zur Arbeitnehmer-Entsendung

Ein digitales EU-Meldeportal soll für Unternehmen, die Arbeitnehmer vorübergehend in einen anderen EU-Staat entsenden, den damit verbundenen Verwaltungsaufwand deutlich verringern. Die Verwendung eines einheitlichen Formulars statt der bisher 27 nationalen Vorlagen könne den Meldeaufwand im Schnitt um 70 Prozent senken, sagte der scheidende EU-Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte, Nicolas Schmit, bei der Vorstellung des Projektes Mitte November. Zudem sei geplant, die notwendigen Angaben deutlich zu straffen. Schmit rief die Regierungen dazu auf, das Vorhaben zu unterstützen und die EU-Schnittstelle zum Meldeportal zu nutzen.

Laut Kommission sind derzeit rund fünf Millionen Beschäftigte im Auftrag ihrer Arbeitgeber befristet in einem anderen EU-Land tätig. Bei der organisatorischen Abwicklung der Arbeitnehmer-Entsendung geht es darum, die Beschäftigungsbedingungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sicherzustellen und eine fortlaufende Kranken- und Sozialversicherung Die Sozialversicherung in ihrer heutigen Form geht auf die "Kaiserliche Botschaft" von 1881 und die… zu regeln. Dazu müssen Arbeitgeber Entsendungen beim zuständigen Sozialversicherungsträger melden – auch, um bei grenzüberschreitenden Einsätzen doppelte Beitragszahlungen zu vermeiden.

Curia-Prüfer bemängeln Intransparenz bei EU-Förderung

Noch bis 2027 erhalten die 27 EU-Staaten mindestens 16 Milliarden Euro aus EU-Töpfen zur Digitalisierung ihrer Gesundheitssysteme Der Zugang aller Bürger zu einer umfassenden gesundheitlichen Versorgung unabhängig von ihrem… . Das geht aus einem am 20. November veröffentlichten Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofes (Curia) hervor. Die Prüfer bewerten den bisherigen Einsatz der Fördergelder als sachgerecht. Sie bemängeln allerdings zu komplizierte Vorschriften für das Beantragen der Projektförderung und Intransparenz bei den Förderprogrammen. Zudem fehle ein Gesamtüberblick über die verwendeten EU-Gelder.

„Die Corona-Pandemie hat den Bedarf an digitaler Technologie für die Gesundheitsversorgung (Stichwort elektronische Gesundheitsdienste) in der gesamten EU erheblich erhöht“, heißt es im Bericht. Außerdem müsse es einen besseren Austausch von Gesundheitsdaten innerhalb der EU geben. Dabei solle die EU die Einzelstaaten unterstützen. An Fördergeld zu kommen, sei nicht so einfach, sagte Curia-Rechnungsprüfer Joëlle Elvinger: „Die EU-Mittel für die Digitalisierung des Gesundheitswesens wurden über mehrere Programme bereitgestellt, die von verschiedenen Dienststellen der Europäischen Kommission verwaltet wurden und für die jeweils eigene Vorschriften und Verwaltungsregelungen galten.“ Das habe es erschwert, verfügbare Mittel ausfindig zu machen und zu beantragen. In seinem Sonderbericht empfiehlt der Rechnungshof der EU-Kommission, ihre Leitlinien werden definiert als systematisch entwickelte Entscheidungshilfen für Ärzte und Patienten, die eine… für die Nutzung der EU-Fonds zu verbessern und die nationalen Fortschritte bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens genauer zu beobachten und zu dokumentieren.