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Stichwort: Vertraulicher Erstattungspreis  

09.01.2024 AOK-Bundesverband 3 Min. Lesedauer

Die AOK fürchtet um Liquidität der Kassen und um Transparenz. Mitte Dezember hat die Bundesregierung eine Pharmastrategie verabschiedet, die unter anderem vertrauliche Erstattungsbeiträge für Pharmaunternehmen vorsieht. Die Pläne würden die Liquidität der gesetzlichen Krankenversicherung weiter strapazieren und die Arzneimittelpreise in Deutschland hochschaukeln, kritisierte Jens Martin Hoyer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes. Er bekräftigte die AOK-Forderung nach Interimspreisen.

Tabletten liegen auf Geldscheinen.
Vertrauliche Erstattungsbeträge belasten laut AOK Beitragszahlende.

Erstattungsbeiträge

Ein neues, patentgeschütztes und vom Arzt Die ärztliche Berufsausübung, die Ausübung der Heilkunde, setzt nach der Bundesärzteordnung eine… verschriebenes Arzneimittel Nach der Definition des Arzneimittelgesetzes (AMG) sind Arzneimittel insbesondere Stoffe und… bezahlt in Deutschland meist die Krankenkasse. Den Preis, den die Pharmaunternehmen hierfür von den Kassen bekommen, heißt Erstattungsbetrag. Wie hoch dieser ausfällt, verhandeln seit Einführung des AMNOG (Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz) im Jahr 2011 die jeweiligen Pharmaunternehmen und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen Die 97 Krankenkassen (Stand: 26.01.22) in der gesetzlichen Krankenversicherung verteilen sich auf… (GKV-SV) auf Basis der Nutzenbewertung des neuen Medikaments nach Paragraf 35a des fünften Sozialgesetzbuches (SGB V). Wird diesem ein Zusatznutzen attestiert, etwa eine Verlängerung des Überlebens, eine Verbesserung des Gesundheitszustands, eine Verkürzung der Krankheitsdauer, eine Verringerung von Nebenwirkungen oder eine Verbesserung der Lebensqualität im Vergleich zur bisherigen zweckmäßigen Vergleichstherapie, nehmen das pharmazeutische Unternehmen und der GKV-SV diesen Zusatznutzen als Maßstab für ihre Verhandlungen. Grundlage für diese Bewertung bildet ein vom pharmazeutischen Unternehmer einzureichendes Dossier, das insbesondere Daten, die auch bei der Zulassung Die Berechtigung, zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) Leistungen zu erbringen, setzt… des Arzneimittels zugrunde lagen, sowie Daten aus weiteren nutzenbewertungsrelevanten klinischen Studien zu diesem Arzneimittel enthält.


Die Verhandlungen starten, sobald das oberste Entscheidungsgremium in der Selbstverwaltung des deutschen Gesundheitssystems, der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), binnen sechs Monaten nach Markteinführung eines neuen Medikaments über den Zusatznutzen entschieden hat. Es gibt weitere Fallkonstellationen mit gegebenenfalls abweichenden Verfahren wie beispielsweise den Fall von Neubewertungen aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse oder aufgrund einer Erweiterung der Zulassung um neue Anwendungsgebiete. An die Veröffentlichung des Nutzenbewertungsbeschlusses schließt sich eine weitere sechsmonatige Phase der Preisbildung an (vier Verhandlungsrunden). Die vereinbarten Erstattungsbeträge gelten jedoch rückwirkend ab dem siebten Monat nach Verfahrensbeginn. Für Arzneimittel, die in unterschiedlichen Patientengruppen jeweils einen unterschiedlichen Zusatznutzen oder keinen Zusatznutzen oder einen geringeren Nutzen aufweisen, wird ein sogenannter „Mischpreis“ gebildet.

In Deutschland müssen gesetzlich Krankenversicherte für ein neues, patentgeschütztes Medikament pro Packung zehn Prozent des Verkaufspreises dazu zahlen, höchstens zehn Euro und mindestens fünf Euro. Privatversicherte kaufen das Medikament direkt zum Preis auf Basis des Erstattungsbetrages. Sie können anschließend das Rezept bei ihrer privaten Krankenversicherung und der Beihilfe Beamte haben Anspruch auf finanzielle Beihilfe ihres Dienstherrn für Krankenbehandlung (einschl.… zur Erstattung einreichen.

Vertrauliche Erstattungsbeträge

Mitte Dezember 2023 verabschiedete das Bundeskabinett eine Pharmastrategie, um Deutschland als Forschungs- und Produktionsstandort für die Pharmabranche wieder attraktiver zu machen. Wesentliche Ziele sind mehr deutsche Patente und die Ansiedelung von Produktion. Mit dem in Aussicht gestellten Medizinforschungsgesetz sollen vor allem klinische Studien vereinfacht und beschleunigt werden, zum Beispiel durch Zentralisierung von Ethik- und Strahlenschutzkommissionen sowie Datenschutzbehörden. Darüber hinaus verspricht die Pharmastrategie, dass pharmazeutischen Unternehmern vertrauliche Erstattungsbeträge ermöglicht werden. Zudem ist geplant, den Herstellerabschlag für erstattungsfähige Arzneimittel künftig auf dem Niveau von sieben Prozent zu belassen. Dieser war nur für das Jahr 2023 auf zwölf Prozent angehoben worden.

„Eine beschleunigte Zulassung, die forcierte Digitalisierung, systematische Forschungserleichterung sowie Entbürokratisierung sind sicherlich wirksame Hebel zur Stärkung des Pharmastandorts und der Innovationsfähigkeit“, betonte Jens Martin Hoyer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… -Bundesverbandes. „Das alles darf aber nicht gegen berechtigte Transparenzanforderungen bei der Preisbildung ausgespielt werden und zulasten der Beitragszahlenden gehen.“

Die geplanten vertraulichen Erstattungspreise würden die Liquidität der gesetzlichen Krankenversicherung weiter strapazieren und die Arzneimittelpreise in Deutschland hochschaukeln. Auch die dauerhafte Senkung des Herstellerrabatts wird Hoyer zufolge die Beitragszahlenden zusätzlich belasten, ohne die Versorgung zu verbessern.

Interimspreise

Statt der nun geplanten vertraulichen Preise hatte die AOK die Einführung eines sogenannten Interimspreises für Arzneimittel vorgeschlagen. „Mit diesem Mechanismus könnten die bislang frei gewählten Listenpreise abgelöst und rückwirkend mit einem ausgehandelten Erstattungsbetrag verrechnet werden“, erklärte Hoyer. „Ergänzend sollten die Erstattungsbetrags-Verhandlungen gestrafft werden, sodass der neu ausgehandelte Preis bereits nach neun Monaten feststeht.“  

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