Erster Schritt für mehr Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln
Den Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) zur Bekämpfung von Lieferengpässen bei patentfreien Arzneimitteln und zur Verbesserung der Versorgung mit Kinderarzneimitteln (ALBVVG) kommentiert Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, wie folgt:
„Grundsätzlich begrüßen wir den vorliegenden Referentenentwurf, weil damit ein Teil unserer langjährigen Forderungen aufgegriffen wurde und ein erster Schritt für mehr Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln gemacht wird. Dass die erweiterte Bevorratungspflicht für Krankenhäuser von bisher vier auf acht Wochen verlängert wird, kann zur Steigerung der Reserven im Arzneimittelmarkt beitragen. Dies gilt auch für die verpflichtende Lagerhaltung bei Rabattverträgen mit einer Rücklage von drei-Monats-Reserven durch den pharmazeutischen Unternehmer. Diese Vorgabe wird bereits in den Rabatt-Verträgen der AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… -Gemeinschaft berücksichtigt und hat sich als versorgungssicherndes Element bewährt. Rabattverträge Seit Inkrafttreten des Beitragssatzsicherungsgesetzes 2003 und erweitert durch das… leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Sicherstellung der Lieferfähigkeit, wie sich anhand der geringeren Ausfallquoten rabattierter Arzneimittel Nach der Definition des Arzneimittelgesetzes (AMG) sind Arzneimittel insbesondere Stoffe und… gegenüber dem übrigen Markt belegen lässt. Allerdings wäre es wünschenswert, die Lagerhaltungspflicht auch auf Arzneistoffe auszuweiten, für die keine Rabattverträge vereinbart worden sind. Denn auch diese Wirkstoffe sind für gesetzlich Versicherte versorgungsrelevant.
Im Grundsatz zu begrüßen ist, dass Rabattverträge im vorliegenden Referentenentwurf als versorgungsstärkendes Instrument anerkannt werden. Sie dürfen in ihrer Wirksamkeit allerdings nicht beschädigt werden. Problematisch sind jedoch die möglicherweise rechtsunsicheren Regelungen zur Ausschreibung einer EU-Wirkstoffproduktion. Dass wir diese Maßnahme prinzipiell als sinnvoll erachten, haben wir bereits mit der Ausschreibung zu den Antibiotika-Verträgen in 2020 bewiesen. Wir halten hier eine vergaberechtlich tragfähige Lösung für erforderlich.
Ein Manko des Referentenentwurfs: Grundsätzlich erschließt sich nicht, wie insbesondere ökonomische Ansatzpunkte zur Lösung von Lieferengpässen beitragen sollen. Denn die Erhöhung von Festbetragsgrenzen und Preisen wird die globalen Probleme mit Lieferengpässen nicht lösen. Es ist zu befürchten, dass die Regelungen zur nationalen Preisfestsetzung von Reserveantibiotika nicht zur Entwicklung neuer Antibiotika beitragen. Wie bereits seit vielen Jahren bekannt, ist dieses Forschungsfeld für viele pharmazeutische Unternehmer aus verschiedenen Gründen unattraktiv.
Darüber hinaus sind sowohl das künftige Aufgabenvolumen als auch die Besetzung des Beirates zu Liefer- und Versorgungsengpässen nicht geeignet, um bei Problemen adäquate Maßnahmen einzuleiten. Die Grundzüge der Regelungen des Frühwarnsystems sollten vom Gesetzgeber konkret definiert werden. Zudem bedarf es einer deutlichen Aufwertung durch eine breitere Besetzung des Beirats. Dies kann nur durch zusätzliche Vertretung der maßgeblichen Krankenkassenverbände auf Bundesebene erreicht werden.“