Streptokokken: Vor allem für die Kleinsten eine Gefahr
Medizinisch am bedeutsamsten sind für den Menschen die A-Streptokokken. Am häufigsten erleiden Kinder eine Infektion, doch treffen können die verschiedenen Erkrankungen alle.
Die Familie der Streptokokken besteht aus einer Vielzahl von kugelförmigen Bakterien, die für den Menschen teils harmlos sind, aber auch sehr gefährlich werden können. Der überwiegend harmlose Teil dieser Bakterien findet sich auf der menschlichen Haut und den Schleimhäuten. Doch manchmal erkranken Menschen eben doch. Vor allem Neugeborene, Kleinkinder und Kinder sind gefährdet, weil ihr Immunsystem noch nicht vollständig ausgereift ist. Auch bei älteren und chronisch kranken Menschen kann leichter eine Infektion durch Streptokokken ausbrechen.
Medizinisch am bedeutsamsten sind für den Menschen die A-Streptokokken, die außer Entzündungen des Rachens auch Haut- und Weichteilentzündungen sowie generalisierte Infektionen hervorrufen, also solche, die zum Beispiel über eine Hautverletzung in den Organismus gelangen können.
Radio-O-Töne zum Thema mit Anja Debrodt, Ärztin im AOK-Bundesverband
Häufige bakterielle Erkrankung im Kindesalter
Streptokokken können auch verantwortlich für eine bakterielle Infektion der oberen Atemwege bei Kindern sein, genauer: Streptococcus pyogenes, auch A-Streptokokken genannt. "Rachenentzündungen, die auf A-Streptokokken zurückgehen, gehören zu den häufigsten bakteriellen Erkrankungen im Kindesalter", sagt Anja Debrodt, Ärztin im AOK-Bundesverband. "Doch alle Altersgruppen können erkranken." Geschätzt etwa eine bis eineinhalb Millionen Rachenentzündungen pro Jahr, insbesondere im Winter und Frühjahr, werden durch Streptokokken ausgelöst, so das Robert Koch-Institut (RKI).
Scharlach mit typischer "Himbeerzunge"
Auch Scharlach wird durch eine Streptokokkeninfektion hervorgerufen, an der zumeist Kinder zwischen fünf und zwölf Jahren erkranken. Die Bakterien bilden Giftstoffe, auch Toxine genannt. Ist die Erkrankung überstanden, besteht vor dem jeweiligen Toxin künftig ein Schutz. Dennoch kann man mehrfach an Scharlach erkranken, da die Bakterien unterschiedliche Giftstoffe bilden können. Typisch für Scharlach ist der hochrote Hautausschlag, der sich vom Oberkörper ausgehend auf den ganzen Körper ausbreitet, Handinnenflächen und Fußsohlen ausgenommen. Der Bereich um den Mund herum bleibt auffällig blass. Die Gaumenmandeln sind meist stark gerötet, häufig zeigen sich fleckige grau-weiße und eitrige Beläge, die Lymphknoten am Hals sind geschwollen. Typischerweise ist die Zunge tiefrot gefärbt und wird als sogenannte Himbeerzunge bezeichnet. Zu den Halsschmerzen kommen hohes Fieber, Schüttelfrost und Erbrechen. Kleine Kinder zeigen häufig auch Bauchschmerzen. "Bei diesen Symptomen ist es wichtig, dass Eltern einen Kinderarzt aufsuchen", rät Medizinerin Debrodt "Denn Streptokokken-Infektionen sollten möglichst schnell erkannt werden und sind dann in der Regel mit Antibiotika gut zu behandeln."
Frühe Behandlung wichtig
Eine frühe Behandlung ist aus zwei Gründen wichtig: Zum einen kann eine Infektion mit A-Streptokokken unbehandelt schwerwiegende Spätfolgen nach sich ziehen, wie etwa akutes rheumatisches Fieber, in dessen Folge es zu einer Schädigung der Herzklappen kommen kann. Zudem können die Nieren Schaden nehmen. Des Weiteren erlischt die Ansteckungsfähigkeit für Racheninfektionen unter Antibiotika innerhalb von 24 Stunden, sagt das RKI. Ohne eine Behandlung mit Antibiotika können Erkrankte bis zu drei Wochen ansteckend sein.
Zunahme der Infektionen ist möglicherweise Nachhol-Effekt
In diesem Winter sorgen zudem jede Menge Viren für eine beispiellose Erkältungswelle in Deutschland - so das RKI. Die Welle ebbt zwar ab, die Erkrankungszahlen liegen aber noch deutlich über denen der Vorjahre. Weltweit nehmen derzeit sowohl virale als auch bakterielle Infektionskrankheiten zu, vor allem bei Kindern. Fachleute vermuten, dass dies eine Folge der Coronamaßnahmen ist: Nach den Vorsichtsmaßnahmen in der Coronapandemie ist das Immunsystem des Menschen in diesem Winter wieder vermehrt mit Keimen konfrontiert. Besonders Kinder konnten in den vergangenen drei Jahren keine ausreichende Immunität aufbauen. Die Zunahme der viral bedingten Atemwegserkrankungen begünstigt zudem auch Infektionen mit den Streptokokken. "Die Steigerung der Erkrankungsrate kann so auch insgesamt zu einer Steigerung der schweren Verläufe mit tödlichem Ausgang beitragen", sagt Ärztin Debrodt.
Hauterkrankungen möglich
Weniger bekannt ist, dass A-Streptokokken auch für Hauterkrankungen verantwortlich sind, wie die Borkenflechte oder die Wundrose. Bei der Borkenflechte bilden sich ein juckender, hochroter Ausschlag mit eitrigen Bläschen an Mund und Nase oder an den Beinen, die später verkrusten. Die Wundrose tritt meistens bei älteren Erwachsenen auf und macht sich durch scharf begrenzte, hochrote Hautstellen bemerkbar, die schmerzen und anschwellen. Dazu kann hohes Fieber kommen.
B-Streptokokken
Neben den A-Streptokokken sind auch die B-Streptokokken für den Menschen relevant, und hier insbesondere für Neugeborene. Während der Geburt können sie sich bei der Mutter mit diesen infizieren, wenn die Schwangere eine Streptokokkeninfektion im Genital- oder Analbereich hat. Das kann dann unter anderem zu Lungenentzündung, Hirnhautentzündung und einer Sepsis führen. Auch Knochenmark und Gelenke können betroffen sein. Tödliche Verläufe sind möglich. Rechtzeitig erkannt, lassen sich die Folgen meist relativ gut mit Antibiotika behandeln. Schwangere sollten sich wegen eines B-Streptokokken-Tests ärztlich beraten lassen und mit ihrer Krankenkasse Rücksprache halten.
Pneumokokken
Bekannter als die B-Streptokokken sind die Pneumokokken, die auch zur Familie der Streptokokken gehören. Pneumokokken besiedeln die Schleimhäute des Nasen-Rachen-Raumes. Bei Säuglingen, Kleinkindern sowie älteren oder abwehrgeschwächten Personen können sie eine Lungenentzündung verursachen. Die Ständige Impfkommission empfiehlt daher die Impfung gegen Pneumokokken: Säuglingen ab dem Alter von zwei Monaten, Erwachsenen ab dem 60. Lebensjahr sowie Menschen mit bestimmten chronischen Erkrankungen.
Hygieneregeln beachten
Mit den bekannten einfachen Hygieneregeln kann man sich und andere vor einer Ansteckung ein wenig schützen. Dazu gehört es, die Hände mehrmals täglich mit Seife zu waschen und in ein Taschentuch oder die Armbeuge zu husten oder zu niesen, denn Streptokokken werden durch Tröpfchen- oder Schmierinfektion übertragen.