Pressemitteilung

Reformversuch der Pflegeversicherung belastet Beitragszahlende

10.03.2023 AOK Baden-Württemberg

AOK Baden-Württemberg bewertet Referentenentwurf des PUEG kritisch

Stuttgart. Der vorletzte Woche bekannt gewordene Referentenentwurf zum Pflegeunterstützungs- und ‑entlastungsgesetz (PUEG) hat inzwischen die Verbändeanhörung passiert und wird voraussichtlich am 29. März 2023 im Kabinett beschlossen.

Zu dem Entwurf konstatiert Johannes Bauernfeind, Vorstandsvorsitzender der AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… Baden-Württemberg: „Die Anhebung der Pflegeleistungen ist ein richtiger und wichtiger Schritt zur Entlastung Pflegebedürftiger und der pflegenden Angehörigen. Wir müssen allerdings ernüchtert zur Kenntnis nehmen, dass auch bei der Pflegeversicherung Die Pflegeversicherung wurde 1995 als fünfte Säule der Sozialversicherung eingeführt. Ihre Aufgabe… die Hauptlast von den Beitragszahlenden getragen werden soll. Diese Entwicklung haben wir auch in der Krankenversicherung beim GKV-Finanzstabilisierungsgesetz gesehen. In beiden Fällen ist der Griff in das Portemonnaie der Beitragszahlenden unausgewogen und zu kurz gedacht. Entgegen der Zusagen im Koalitionsvertrag fehlt im Entwurf für das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz die Finanzierung von versicherungsfremden Leistungen durch den Bund. Dass sich die Koalition hier aus der Verantwortung stiehlt, führt dazu, dass die Pflegeversicherung, die sich ohnehin schon in finanzieller Schieflage befindet, auch weiterhin ohne sicheres Fundament bleibt.“ Gesamtgesellschaftliche Aufgaben, wie etwa Ausbildungskosten und pandemiebedingte Zusatzkosten seien somit kaum noch zu stemmen, kritisiert der AOK-Chef weiter. „Was die Umsetzung des Bundesverfassungsgerichtsurteils zum Juli 2023 angeht, bleiben die Arbeitgeber und genauso alle anderen Stellen, bei denen die Beiträge abgeführt werden müssen, sowie wir als Pflegekasse mit einem großen Fragezeichen zurück und stehen vor einer kaum lösbaren Herausforderung.“ Die genaue Anzahl der zu berücksichtigenden Kinder sei derzeit nicht bekannt und in der Kürze der Zeit auch nicht ermittelbar. Infolgedessen sei die geplante Entlastung von Mitgliedern mit mehr als einem Kind erst zu einem sehr viel späteren Zeitpunkt realisierbar. Der Entwurf bleibe zudem Ansätze für dringend notwenige strukturelle Änderungen zum Aufbrechen der Sektorengrenzen in der Pflege Kann die häusliche Pflege nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden, besteht Anspruch auf… schuldig: „Die Leistungen müssen sich daran orientieren, wo die pflegebedürftigen Menschen leben wollen und wo sie Leistungen benötigen.“

Bauernfeind resümiert: „Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen steigt in den nächsten Jahren kontinuierlich weiter. Es ist dringend erforderlich, dass die Finanzierung der Pflegeversicherung endlich zukunftsfähig und nachhaltig geregelt wird.“

Der Referentenentwurf des PUEG sieht zum 1. Juli 2023 eine Erhöhung des Beitragssatzes um 0,35 Prozentpunkte vor, durch die die Pflegeversicherung finanziell stabilisiert werden soll. Das Gesetz soll insbesondere die häusliche Pflege Als "häusliche Pflege" wird die Versorgung pflegebedürftiger Menschen in ihrer häuslichen Umgebung,… stärken. So sollen unter anderem das Pflegegeld und die ambulanten Sachleistungsbeträge ab dem kommenden Jahr um fünf Prozent angehoben werden. Ein gemeinsamer Jahresbeitrag für die Kurzzeit- und Verhinderungspflege Ist eine Pflegeperson etwa wegen Erholungsurlaub oder Krankheit an der Pflege gehindert, übernimmt… sowie die Ausweitung des Pflegeunterstützungsgeldes sollen pflegende Angehörige entlasten. Auch der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, demzufolge Eltern mit mehreren Kindern weniger für die gesetzliche Pflegeversicherung zahlen sollen als kleinere Familien und Kinderlose, hat Eingang in den Gesetzentwurf gefunden. Demzufolge sollen Mitglieder mit mehreren Kindern einen je Kind um 0,15 Beitragssatzpunkte reduzierten Beitrag zahlen. Ab dem sechsten Kind bleibt der Abschlag in Höhe von 0,6 Beitragssatzpunkten gleich. Was der Gesetzentwurf nicht mitliefert, sind sinnvolle und nachhaltige Finanzierungsansätze für diese Maßnahmen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf müssen sämtliche reformbedingte Mehrausgaben und das strukturelle Defizit durch die Beitragszahlenden finanziert werden.