Pressemitteilung

Sprachtherapien bei Kindern in der Pandemie: Aufgeschoben, aber nicht aufgehoben

25.01.2023 AOK Baden-Württemberg 4 Min. Lesedauer

Die AOK Baden-Württemberg veröffentlicht regionale Ergebnisse des Heilmittelberichts

Stuttgart. Während der ersten Phase der COVID-19-Pandemie im Jahr 2020 haben bei der AOK Baden-Württemberg versicherte Kinder zwischen fünf und sieben Jahren weniger sprachtherapeutische Unterstützung erhalten als vor Pandemie-Beginn: Während vor der ersten Pandemie-Welle pro Quartal durchschnittlich 5,2 Prozent der Kinder zwischen fünf und sieben Jahren sprachtherapeutisch behandelt wurden, waren es in der ersten Phase der COVID-19-Pandemie vom zweiten bis zum vierten Quartal 2020 nur 4,9 Prozent. Das zeigt der aktuelle Heilmittelbericht des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).

„Nach dem Ende der zweiten Pandemiewelle Anfang 2021 sind trotz fortbestehender Beschränkungen Arztpraxen und Therapeuten wieder häufiger aufgesucht und aufgeschobene Sprachtherapien nachgeholt worden. Angesichts der vielfach befürchteten Auswirkungen der Pandemie-Einschränkungen auf die Sprachentwicklung der Kinder ist dies ein positiver Befund“, kommentiert Michael Ott, Fachexperte Heilmittel wirken überwiegend äußerlich zur Heilung oder Linderung einer Krankheit auf den Körper ein. Der… bei der AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… Baden-Württemberg, die Ergebnisse des aktuellen Heilmittelberichts.

Eine Analyse der Therapien im Zeitverlauf ab dem ersten Quartal 2019 macht deutlich, dass zu Beginn der COVID-19-Pandemie im zweiten Quartal 2020 mit 4,9 Prozent ein sehr viel niedrigerer Wert bei den Sprachtherapien für Kinder von fünf bis sieben Jahren zu verzeichnen war, als ein Jahr zuvor beziehungsweise im 1. Quartal 2019 (6,3 Prozent). Von den 126.176 Kindern zwischen fünf bis sieben Jahren, die im zweiten Quartal 2020 bei der AOK Baden-Württemberg versichert waren, wurden insgesamt 6.133 Kinder sprachtherapeutisch unterstützt. Der Anteil stieg in den Folgequartalen langsam wieder an und erreichte im ersten Quartal 2021 den höchsten Wert von 6,3 Prozent (8.114 versicherte Kinder bei der AOK Baden-Württemberg).

Gleichzeitig war in dieser Altersgruppe, die am häufigsten Sprachtherapie verordnet bekommt, Anfang 2021 auch ein Höchstwert bei der Behandlungsintensität festzustellen. So erhielt jedes behandelte Kind im ersten Quartal 2021 durchschnittlich 10,9 Therapiesitzungen. Im Jahr zuvor waren es nur 9,9 Therapiesitzungen im Durchschnitt. „Dieser Anstieg deutet auf eine erhöhte Behandlungsbedürftigkeit nach dem ersten Lockdown hin. Es ist zu vermuten, dass dies auf die aufgeschobenen sprachtherapeutischen Behandlungen oder auf eine mangelnde Sprachpraxis bei den Kindern im ersten Lockdown zurückzuführen ist“, so Michael Ott. Nach dem Spitzenwert im ersten Quartal 2021 ist die Rate im weiteren Verlauf des Jahres wieder gesunken und hat mit 10,0 bzw. 10,2 Behandlungen je Kind im dritten und vierten Quartal 2021 das durchschnittliche Niveau der Vor-Pandemie-Zeit erreicht.

Auch die Häufigkeit der ärztlich dokumentierten Sprachentwicklungsstörungen hat sich in der Pandemie verändert. Vor der Pandemie waren pro Quartal durchschnittlich 15,7 Prozent aller bei der AOK Baden-Württemberg versicherten Kinder zwischen fünf und sieben Jahren davon betroffen. In den ersten Pandemie-Monaten zwischen April und Dezember 2020 wurden Sprachentwicklungsstörungen bei nur 14,5 Prozent dieser Kinder diagnostiziert. „Es liegt die Vermutung nahe, dass Sprachentwicklungsstörungen bei den Kindern nicht erkannt und somit auch nicht behandelt werden konnten, da gerade zu Beginn der Pandemie im Jahr 2020 Lockdown-bedingt Arzttermine verschoben wurden“, so Michael Ott. Gleichzeitig deute die Entwicklung der diagnostizierten Sprachentwicklungsstörungen bei Kindern im Jahr 2021 auf einen anfänglichen Nachholeffekt, ansonsten aber eher auf eine Normalisierung im Vergleich zu den Zeiten vor der COVID-19-Pandemie hin. „Offenbar hat die Sprachentwicklung von Kindern in der Pandemie-Zeit trotz der Einschränkungen keinen größeren Schaden genommen“, so Michael Ott. „Auch in der Zukunft wird es vor allem auf das bewährte Zusammenspiel von Eltern, Kindergärten, Ärzten und Sprachtherapeuten ankommen, um Kinder in ihrer Sprachentwicklung zu unterstützen.“

Sprachtherapien können Kinder unterstützen, falls im Rahmen ärztlicher Untersuchungen Sprachentwicklungsstörungen erkannt werden. Bei Kindern bis 14 Jahren sind Sprachentwicklungsstörungen (ICD-F80) der häufigste Anlass für eine Heilmittelbehandlung. Insgesamt wurde eine Sprachtherapie im Jahr 2021 für 26.089 Kinder abgerechnet, was einem Anteil von 43,9 Prozent aller Kinder mit Heilmitteltherapie entspricht. Zwei Drittel dieser Kinder (64,4 Prozent) waren zwischen fünf und sieben Jahre alt. Da mit etwa fünf Jahren die Sprachentwicklung weitestgehend abgeschlossen ist, wird bei der zu dieser Zeit anstehenden U9-Untersuchung besonders darauf geachtet, ob die Kinder alle sprachlichen Meilensteine gemeistert haben und fit für die Schule sind.

 

Hinweise für die Redaktionen:

Für den Heilmittelbericht 2022/2023 hat das WIdO Das WIdO (Wissenschaftliches Institut der AOK) liefert als Forschungs- und Beratungsinstitut der… die rund 46,8 Millionen Heilmittelleistungen ausgewertet, die 2021 zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abgerechnet wurden. Je 1.000 Versicherte wurden 640 Leistungen abgerechnet, was gegenüber 2020 einer Zunahme von 7,4 Prozent entspricht. Die Ausgaben der GKV für Heilmitteltherapien beliefen sich auf insgesamt 10,2 Milliarden Euro. Damit erhöhte sich der absolute Heilmittelumsatz gegenüber dem Vorjahr um 9,6 Prozent. Heilmittel umfassen ergotherapeutische, sprachtherapeutische, podologische und physiotherapeutische Leistungen. Der Heilmittelbericht zeigt Trends in der Heilmittelversorgung der GKV und stellt die Versorgung der AOK-Versicherten alters-, geschlechts- und diagnosespezifisch dar.

Der Heilmittelbericht steht im Internet zum kostenfreien Download zur Verfügung: www.wido.de/publikationen-produkte/buchreihen/heilmittelbericht/2022/

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Dr. Jörg Schweigard
Pressesprecher

Dr. Jörg Schweigard

AOK Baden-Württemberg