Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG)
Darum geht’s:
Am 30.08.2023 wurde im Bundeskabinett das Gesetz zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten (Gesundheitsdatennutzungsgesetz – GDNG) beschlossen.
Kern des Gesetzes ist die erleichterte Nutzbarkeit von Gesundheitsdaten für gemeinwohlorientierte Zwecke.
Die wichtigsten Maßnahmen im Überblick:
- Aufbau einer nationalen Datenzugangs- und Koordinierungsstelle beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
- Verknüpfung von Daten des Forschungsdatenzentrums (FDZ) und Daten der klinischen Krebsregister
- Vorabübermittlung von vorläufigen Daten zur Abrechnung bei ambulanten ärztlichen Leistungen
- Erweiterte Nutzung der Versichertendaten durch die GKV zum Zweck des individuellen Gesundheitsschutzes der Versicherten, zur Verbesserung der Versorgung und der Patientensicherheit
- Anschlussfähigkeit an den geplanten EU-Gesundheitsdatenraum
So steht die AOK Baden-Württemberg dazu:
Die Intention des Gesetzvorhabens, Gesundheitsdaten für die Verbesserung von Versorgung und Pflege, Öffentlicher Gesundheit, Forschung, Innovation und der Weiterentwicklung des Gesundheitssystems zu nutzen, wird ausdrücklich begrüßt und unterstützt.
Bei der Pflege ist die AOK Baden-Württemberg im Rahmen ihrer bisherigen Möglichkeiten bereits mit gutem Beispiel vorangegangen und stellt als einzige Kasse in Baden-Württemberg Abrechnungsdaten aus der Pflegeversicherung zur Verfügung, um eine digitalgestützte Pflegestrukturanalyse in Sozialraum und Quartier in Baden-Württemberg (SAHRA-Pflegekennzahlen BW) zu ermöglichen.
Der vorliegende Gesetzesentwurf bietet eine gute Grundlage, um Gesundheitsdaten künftig noch systematischer und effektiver für die Verbesserung der Versorgung und für die Weiterentwicklung unseres Gesundheitssystems zu nutzen.
In diesem Sinne begrüßt die AOK Baden-Württemberg, dass mit einer nationalen Datenzugangs- und Koordinierungsstelle beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine zentrale Anlaufstelle geschaffen werden soll, welche Datennutzende beim Zugang zu Gesundheitsdaten berät. Dies kann zum Beispiel Forschungsvorhaben oder auch Pflegestrukturplanungen, in denen Daten sowohl aus der Kranken- als auch der Pflegeversicherung benötigt werden, vereinfachen.
Besonders positiv bewertet die AOK Baden-Württemberg darüber hinaus das Vorhaben, Krankenkassendaten aus dem Forschungsdatenzentrum mit den Daten der regionalen Krebsregister zu verknüpfen. Dadurch lassen sich wertvolle Erkenntnisse für die Versorgung gewinnen.
Zudem unterstützt die AOK Baden-Württemberg ausdrücklich die geplante Erweiterung der Nutzungsbefugnis der vorliegenden Gesundheitsdaten ihrer Versicherten. Zum Zweck der Früherkennung von Gesundheitsgefahren erhalten Kranken- und Pflegekassen dadurch die Möglichkeit, den individuellen Gesundheitsschutz ihrer Versicherten sowie die Verbesserung der Versorgung und der Patientensicherheit anhand von datengestützten Auswertungen vor-zunehmen und insoweit ihre Versicherten auch individuell anzusprechen. Auch die Auswertung von Daten aus den verschiedenen Sektoren und von mehreren Leistungserbringern soll möglich werden. So können beispielsweise gleichzeitige Verordnungen von Arzneimitteln besser erkannt werden, bei denen für Versicherte gefährliche Wechselwirkungen drohen könnten. Das ist richtig und wichtig. Allerdings sollte das Gesetz in solchen Fällen für die Kassen auch die Möglichkeit einräumen, nicht nur die Versicherten, sondern auch deren behandelnde Ärztinnen und Ärzte in Praxis und Klinik direkt anzusprechen und zeitnah über die erkannten Risiken zu informieren.
Die vorgesehene Vorabübermittlung vorläufiger Abrechnungsdaten aus der ambulanten ärztlichen Versorgung sieht die AOK Baden-Württemberg kritisch. Hier sollen Abrechnungsdaten ohne sachlich-rechnerische Prüfung über die Krankenkassen an das Forschungsdatenzentrum weitergeleitet werden. Da die Daten zum Zweck der Abrechnung erhoben wurden, muss im Hinblick auf Forschungsvorhaben bereits mit einer gewissen Verzerrung gerechnet werden. Diese wird durch die Nutzung von ungeprüften Daten vergrößert. Die Validität der Forschungsergebnisse, die auf dieser Datengrundlage basieren, ist insofern nicht zweifelsfrei gegeben. Fraglich ist auch, ob der erhoffte zusätzliche Mehrwert den erhöhten Prozessaufwand rechtfertigt. An dieser Stelle sollte auch im Sinne der Qualität der übermittelten Daten noch einmal grundsätzlich nachbessert werden.
Hingegen unterstützt AOK Baden-Württemberg den geplanten Ausbau einer dezentralen Gesundheitsdateninfrastruktur, bei der bereits vorausschauend die Anschlussfähigkeit an die künftige Gesundheitsdateninfrastruktur im European Health Data Space (EHDS) geschaffen werden soll. Dieser Ansatz ermöglicht es auch, schon vor Inkrafttreten des EHDS die Datenverfügbarkeit für Einrichtungen im Gesundheitswesen deutlich zu verbessern.
Trotz all der überwiegend positiven Maßnahmen sollten in das Gesetzesvorhaben aus Sicht der AOK Baden-Württemberg zusätzlich konkrete Maßnahmen zur Förderung der digitalen Gesundheitskompetenz aufgenommen werden. Häufig wird ein gutes Verständnis für Technologien und das Solidarsystem vorausgesetzt. Jedoch können die Versicherten ohne ein solches Verständnis die Erhebung und Verwendung ihrer Daten nicht nachvollziehen oder selbstbestimmt Entscheidungen darüber treffen.