Eckpunkte zur Stabilisierung der GKV-Finanzen

 

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat am 28. Juni 2022 auf einer Pressekonferenz Eckpunkte zur Stabilisierung der GKV-Finanzen vorgestellt. Das für 2023 prognostizierte Defizit der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in Höhe von 17 Milliarden Euro soll demnach durch einen Maßnahmenmix aus einem Rückgriff auf Finanzreserven, der Erhöhung des Zusatzbeitragssatzes, einem Steuerzuschuss und Effizienzverbesserungen gedeckt werden. Folgende Maßnahmen sind angekündigt:

  • Erhöhung des Zusatzbeitragssatzes um 0,3 Prozentpunkte (ca. 4,8 Mrd. Euro)
  • Rückgriff auf Rücklagen der Krankenkassen (4 Mrd. Euro)
  • Rückgriff auf Reserven des Gesundheitsfonds  (2,4 Mrd. Euro)
  • Zusätzlicher Steuerzuschuss in Höhe von 2 Mrd. Euro
  • Bundesdarlehen an die GKV in Höhe von 1 Mrd. Euro
  • Effizienzverbesserungen in der Versorgung (3 Mrd. Euro), u.a.
    • Solidarabgabe der pharmazeutischen Industrie (umsatzabhängige Einmalabgabe in Höhe von 1 Mrd. Euro)
    • Reform der Regelungen zur Preisbildung bei neuen Arzneimitteln (AMNOG)
    • Bereinigungen bei der Krankenhausvergütung und Abschaffung zusätzliche Honorare für die Ärzteschaft für die Aufnahmen von Neupatienten

Leistungskürzungen soll es laut der Ankündigungen von Lauterbach nicht geben.

 

Einordnung der Eckpunkte durch die AOK-Baden-Württemberg

Der Vorstandsvorsitzende der AOK Baden-Württemberg Johannes Bauernfeind hält die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach vorgestellten Eckpunkte zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz für unzureichend: „Die Maßnahmen erfüllen nur punktuell unsere Erwartungen, einzelne Punkte gehen an der Problemstellung vorbei. Wiederholt soll auf die Rücklagen der gesetzlichen Krankenkassen zurückgegriffen und der Beitrag für die Kassenmitglieder und deren Arbeitgeber spürbar erhöht werden, während nachhaltige Reformen ausbleiben. Dadurch können jedoch nur kurzfristig Lücken in der Finanzierung gestopft werden.“

Positiv bewertet Bauernfeind, dass keine Leistungskürzungen vorgenommen werden sollen. Gleichzeitig wird die umsatzstarke Pharmaindustrie mit einem einmaligen Solidaritätszuschlag in die Verantwortung genommen. „Im Arzneimittelbereich wäre jedoch zudem eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel für eine langfristige Stabilisierung der finanziellen Situation der gesetzlichen Krankenkassen zielführend gewesen“, betont Bauernfeind. Mit Blick auf die angekündigten effizienzverbessernden Maßnahmen kommt es auf die weitere Ausgestaltung an. Bauernfeind erwartet, dass die Bundesregierung hier demnächst konkrete Vorschläge unterbreitet.

Mit mehr als 6 Milliarden Euro müssen die Kassen, neben den Beitragszahlerinnen und Beitragszahlern, den Löwenanteil des Finanzstabilisierungsgesetzes stemmen. Bereits 2021 wurden die Rücklagen der Krankenkassen durch einen Eingriff in die Finanzautonomie empfindlich geschmälert. Mit dem erneuten Rückgriff auf die Rücklagen werde den Kassen der dringend notwendige Spielraum für Investitionen in eine innovative und ganzheitliche Versorgung genommen. „Insgesamt bleibt das Paket hinter den im Koalitionsvertrag festgelegten Entlastungen zurück und bringt zusätzliche Instabilität in die gesetzliche Krankenversicherung. Weder zahlt der Staat angemessene Beiträge für die Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II noch ist ein dynamischer Bundeszuschuss zur GKV festgeschrieben“, sagt Bauernfeind, „eine nachhaltige und zukunftsgerichtete Finanzierung sieht anders aus“.