Referentenentwurf Apotheken-Reformgesetz (ApoRG)
Darum geht’s:
Am 12.06.2024 wurde der Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums für ein Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) bekannt. Ziel des Gesetzes ist es, vor dem Hintergrund von Fachkräftemangel, wachsendem Stadt-Land-Gefälle in der Bevölkerung sowie der Abwanderung in andere Beschäftigungszweige bessere Rahmenbedingungen für eine Arzneimittelversorgung durch Apotheken in der Fläche zu schaffen.
Folgende Regelungen sind geplant:
- Honorarreform: Der prozentuale Anteil der Apothekenvergütung soll von 3 Prozent auf 2 Prozent abgesenkt werden und das Fixum, also der feste Zuschlag pro abgegebener Packung, gleichzeitig angehoben werden. Die Umstellung soll ausgabenneutral erfolgen, d.h. die durch die Absenkung freiwerdende Mittel sollen 1:1 in die Erhöhung des Festzuschlags fließen. Ziel ist die Stärkung grundversorgender Apotheken in der Fläche.
- Höhere Vergütung von Nacht- und Notdiensten: die packungsbezogenen Zuschläge zur Vergütung von Notdiensten sollen um rund 30 Prozent von 21 Cent auf 28 Cent pro Packung eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels erhöht werden. Finanziert werden soll dies durch die Umwidmung eins Teils der Mittel aus dem Fonds für pharmazeutische Dienstleistungen.
- Anpassung struktureller Vorgaben für Apotheken
- Ermöglichung flexibler Öffnungszeiten
- Apotheke ohne Apotheker vor Ort: Möglichkeit der Öffnung von öffentlichen Apotheken bei Anwesenheit von erfahrenen pharmazeutisch-technischen Assistentinnen und pharmazeutisch-technischen Assistenten, sofern eine telepharmazeutische Anbindung an Apothekerinnen und Apotheker im Filialverbund sichergestellt ist und die Apothekenleitung mindestens 8 Stunden pro Woche persönlich anwesend ist
- Einfachere Gründung von Zweigapotheken in Orten mit eingeschränkter Arzneimittelversorgung und Weiterentwicklung der Zweigapotheken als Versorgungsform
- Räumliche Flexibilität bei Filialapotheken: Die Neugründung einer Filialapotheke soll zukünftig nicht mehr auf denselben oder einen benachbarten Kreis beziehungsweise auf dieselbe oder eine benachbarte kreisfreie Stadt beschränkt sein.
- Mehr Digitalisierung: Ausbau der Telepharmazie, also der Nutzung interaktiver Videoverbindungen in der Beratung durch Apotheken.
- Erweiterung der Impfmöglichkeiten in Apotheken: Apothekerinnen und Apotheker sollen künftig Impfungen mit sog. Totimpfstoffen (enthalten keine replikationsfähigen Krankheitserreger) durchführen dürfen
- Schnelltests sollen in Apotheken auch ohne Arztvorbehalt möglich sein (für Testungen auf das Adenovirus, Influenzaviren, das Norovirus, Respiratorische Synzytial Viren und das Rotavirus
So steht die AOK Baden-Württemberg dazu
Die AOK Baden-Württemberg begrüßt wesentliche Inhalte des vorgelegten Referentenentwurfs für eine Apothekenreform. Die vorgesehenen Maßnahmen haben das Potenzial für eine echte Strukturreform und sind geeignet, dem Fachkräftemangel der Apotheken zu begegnen. Insbesondere die beabsichtigte Flexibilisierung der Versorgung bei der Neugründung von Filialapotheken oder den Öffnungszeiten sowie die Erweiterung der digitalen Möglichkeiten für Apotheken sind wichtige Bausteine, um die Apothekenversorgung auch in strukturschwachen Gebieten robuster und zukunftsfähiger aufzustellen. In die richtige Richtung geht auch die geplante strukturelle Änderung beim Apothekenhonorar. Es ist grundsätzlich sinnvoll, die Apothekenvergütung stärker vom Preis des Arzneimittels abzukoppeln. Auch die geplante bessere Vergütung der Nacht- und Notdienste kann helfen, die Versorgung in der Fläche zu stabilisieren, da die Häufigkeit von Nacht- und Notdiensten ein Maß für die Beteiligung an der regionalen Versorgung ist. Bei der konkreten Umsetzung der Honorarreform ist allerdings darauf zu achten, Mehrausgaben für die Gesetzliche Krankenversicherung zu vermeiden und das Ziel einer qualitätsgesicherten, aber auch wirtschaftlichen und effizienten Versorgung der Patientinnen und Patienten nicht aus den Augen zu verlieren. Das gilt besonders für den Finanzierungs-Topf für pharmazeutische Dienstleistungen nach dem 2020 beschlossenen Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken (VOSG), der auf über 380 Millionen Euro angewachsen ist und bisher weitgehend ungenutzt blieb. Für diese Leistungen sollte auf eine Direktabrechnung umgestellt werden.