Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) verabschiedet
Am 16.06.2023 wurde das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) im Bundesrat verabschiedet und tritt zum 01.07.2023 in Kraft. Wesentliches Ziel ist die finanzielle Stabilisierung der Pflegeversicherung sowie die Stärkung der häuslichen Pflege.
Die wichtigsten Maßnahmen im Überblick:
- Erhöhung des Beitragssatzes zum 1. Juli 2023 um 0,35 Prozentpunkte auf 3,4 Prozent
- Erhöhung Pflegegeld und ambulante Sachleistungsbeträge ab 1. Januar ab 2024 um 5 Prozent
- Zusammenlegung von Kurzzeit- und Verhinderungspflege zu einem Entlastungsbudget ab 1. Juli 2025. In der häuslichen Pflege können Leistungen der Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege im Gesamtumfang von 3.539 Euro flexibel kombiniert werden.
- Dynamisierung des Pflegegelds ab 2025 um 4,5%
- Umsetzung Urteil BVerfG: Beitragsentlastung für Mitglieder mit mehreren Kindern: ab dem zweiten Kind bis zum fünften Kind i. H. v. 0,25 BSP je Kind - bis 25. Lebensjahr des Kindes.
- Einrichtung eines Kompetenzzentrums Digitalisierung und Pflege. Ziel ist die Identifizierung von Potenzialen zur Verbesserung und Stärkung der pflegerischen Versorgung sowohl für die Betroffenen und Pflegende.
- Förderung von regionalspezifischen Modellvorhaben für innovative Unterstützungsmaßnahmen und -strukturen
- Beitragssatzanpassungen dürfen künftig per Rechtsverordnung von der Bundesregierung festgesetzt werden, jedoch muss der Bundestag beteiligt werden
So steht die AOK Baden-Württemberg dazu:
Das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz enthält einige wichtige Ansätze zur besseren Versorgung pflegebedürftiger Menschen und zur Entlastung pflegender Angehöriger. Diese sind allerdings insgesamt zu kurz gedacht. Unterm Strich lässt sich festhalten, dass das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz nur unzureichend Verbesserungen bringt.
Insbesondere fehlt es an sinnvollen und nachhaltigen Finanzierungsansätzen für die genannten Maßnahmen. Sämtliche reformbedingte Mehrausgaben und das strukturelle Defizit sollen durch die Beitragszahlenden finanziert werden. Diese Entwicklung haben wir bereits in der Krankenversicherung beim GKV-Finanzstabilisierungsgesetz gesehen. In beiden Fällen ist der Griff in das Portemonnaie der Beitragszahlenden unausgewogen und zu kurz gedacht. Dass sich die Koalition hier aus der Verantwortung stiehlt, führt dazu, dass die Pflegeversicherung, die sich ohnehin schon in finanzieller Schieflage befindet, auch weiterhin ohne sicheres Fundament bleibt.
Das Motiv, die Versorgung pflegebedürftiger Menschen zu verbessern und pflegende Angehörige zu entlasten, ist grundsätzlich begrüßenswert. Dafür die Kurzzeitpflege mit der Verhinderungspflege zu einem Jahresbeitrag (Entlastungsbudget) zusammenzufassen, ist jedoch nicht zielführend. Vielmehr ist es erforderlich die Verhinderungspflege leistungsrechtlich von der Kurzzeitpflege abzugrenzen und Kurzzeitpflege inhaltlich neu auszurichten und weiterzuentwickeln.
Die Dynamisierung des Pflegegelds ab 2025 um 4,5% halten wir gerade mit Blick auf die aktuelle Inflation für nicht ausreichend. Dadurch wird die Pflege- und Unterstützungsbereitschaft der pflegenden Angehörigen aufs Spiel gesetzt. Es braucht dringend eine langfristige Perspektive.
Nicht nachvollziehbar ist außerdem, dass die Soziale Pflegeversicherung weder die fünf Milliarden Euro Corona-Kosten zurückbekommt, die sie in der Pandemie ausgelegt hat, noch die Rentenbeiträge pflegender Angehöriger, wie im Koalitionsvertrag verabredet, dauerhaft über Steuerzuschüsse finanziert werden. Die drohende finanzielle Schieflage kurzfristig allein über steigende Beiträge abzuwenden, schafft höchstens bis zum Jahr 2025 Ruhe.
Was das Gesetz ebenfalls schuldig bleibt, sind Ansätze für die dringend notwenigen strukturellen Änderung zur Aufbrechung der Sektorengrenzen in der Pflege. Die Leistungen müssen sich daran orientieren, wo die pflegebedürftigen Menschen leben wollen und wo sie Leistungen benötigen.
Hingegen begrüßen wir, dass unsere Anregungen zur inhaltlichen Ausgestaltung des „Innovationsbudgets Pflege“ (Modellregionen) aufgenommen wurden. Denn Pflege findet vor Ort statt, daher sind die tatsächlich notwendigen Strukturen und deren Einbettung in die regionalen und lokalen gesellschaftlichen Gegebenheiten auch vor Ort zu schaffen.