Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG)

 

Darum geht’s

Mittlerweile liegt der Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit zum Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) vor. Der Gesetzentwurf hat inzwischen die Verbändeanhörung passiert und wird voraussichtlich am 29. März im Kabinett beschlossen. Wesentliche Ziele sind die finanzielle Stabilisierung der Pflegeversicherung sowie die Stärkung der häuslichen Pflege. 

Die wesentlichen Regelungen des Gesetzentwurfs sind:

  • Erhöhung des Beitragssatzes zum 1. Juli 2023 um 0,35 Prozentpunkte
  • Pflegegeld und ambulante Sachleistungsbeträge sollen zum 1. Januar 2024 um fünf Prozent angehoben werden
  • Entlastung pflegender Angehöriger durch einen gemeinsamen Jahresbeitrag bis zu 3.386 Euro für die Kurzzeit- und Verhinderungspflege ab 1. Januar 2024
  • Ausweitung des Pflegeunterstützungsgeldes: künftig sollen (pro pflegebedürftige Person) pro Kalenderjahr bis zu 10 Arbeitstage Pflegeunterstützungsgeld beantragt werden können
  • Anhebung der Leistungszuschläge zur Entlastung bei den Eigenanteilen in der vollstationären Pflege um fünf bis zehn Prozentpunkte zum 1. Januar 2024
  • Automatische Dynamisierung der Geld- und Sachleistungen zum 1. Januar 2025 und zum 1. Januar 2028 in Anlehnung an die Preisentwicklung
  • Auch der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, demzufolge Eltern mit mehreren Kindern weniger für die gesetzliche Pflegeversicherung zahlen sollen als kleine-re Familien und Kinderlose, hat Eingang in den Gesetzentwurf gefunden. Demnach sollen Mitglieder mit mehreren Kindern einen um 0,15 Beitragssatzpunkten je Kind geringeren Beitrag zahlen. Ab dem sechsten Kind bleibt der Abschlag in Höhe von 0,6 Beitragssatzpunkten gleich.
  • Einrichtung eines Kompetenzzentrums Digitalisierung und Pflege. Ziel ist die Identifizierung von Potenzialen zur Verbesserung und Stärkung der pflegerischen Versorgung sowohl für die Betroffenen und Pflegende.
  • Verpflichtende Anbindung der ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen an die Telematikinfrastruktur sowie Zugriff auf die ePA ab 1. Juli 2024.

 

So steht die AOK Baden-Württemberg dazu

Die Anhebungen der Pflegeleistungen sind ein richtiger und wichtiger Schritt zur Entlastung Pflegebedürftiger und der pflegenden Angehörigen. Was der Gesetzentwurf jedoch nicht mit-liefert, sind sinnvolle und nachhaltige Finanzierungsansätze für diese Maßnahmen. Sämtliche reformbedingte Mehrausgaben und das strukturelle Defizit sollen durch die Beitragszahlenden finanziert werden. Es ist ernüchternd, dass auch bei der Pflegeversicherung die Hauptlast von den Beitragszahlenden getragen werden soll. Diese Entwicklung haben wir bereits in der Krankenversicherung beim GKV-Finanzstabilisierungsgesetz gesehen. In beiden Fällen ist der Griff in das Portemonnaie der Beitragszahlenden unausgewogen und zu kurz gedacht. Entgegen den Zusagen im Koalitionsvertrag fehlt im Entwurf für das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz die Finanzierung von versicherungsfremden Leistungen durch den Bund. Dass sich die Koalition hier aus der Verantwortung stiehlt, führt dazu, dass die Pflegeversicherung, die sich ohnehin schon in finanzieller Schieflage befindet, auch weiterhin ohne sicheres Fundament bleibt. Gesamtgesellschaftliche Aufgaben, wie etwa Ausbildungskosten und pandemiebedingten Zusatzkosten sind somit kaum noch zu stemmen. Was die Umsetzung des Bundesverfassungsgerichtsurteils zum Juli 2023 angeht, bleiben die Arbeitgeber und alle anderen Stellen, bei denen die Beiträge abgeführt werden müssen, sowie und die AOK als Pflegekasse mit einem großen Fragezeichen zurück und stehen vor einer kaum lösbaren Herausforderung. Die genaue Anzahl der zu berücksichtigenden Kinder ist uns derzeit nicht bekannt und in dieser kurzen Zeit nicht ermittelbar. Auch technisch ist diese Aufgabe im vorgegebenen Zeitnahmen nicht umsetzbar. Infolgedessen ist die geplante Entlastung von Mitgliedern mit mehr als einem Kind erst zu einem sehr viel späteren Zeitpunkt realisierbar. Was der Entwurf ebenfalls schuldig bleibt, sind Ansätze für die dringend notwenigen strukturellen Änderung zur Aufbrechung der Sektorengrenzen in der Pflege. Die Leistungen müssen sich daran orientieren, wo die pflegebedürftigen Menschen leben wollen und wo sie Leistungen benötigen.