Weniger Fruchtwasseruntersuchungen nach Einführung nicht invasiver Pränataltests auf Trisomie
Bei einer Fruchtwasseruntersuchung besteht ein erhöhtes Risiko für den Verlust des ungeborenen Kindes. Bei Hinweisen auf eine Trisomie kann seit 2022 als Kassenleistung ein nicht invasiver Test erfolgen.

Bei einem Alter der Mutter ab etwa 35 Jahren ist das Risiko für eine Trisomie des Kindes erhöht. Stellt die Ungewissheit für die Schwangere eine unzumutbare Belastung dar, so konnte bislang eine Abklärung über eine Fruchtwasseruntersuchung oder eine Chorionzottenbiopsie erfolgen. Diese Untersuchungen haben jedoch ein Risiko für Fehlgeburten.
Unnötige Amniozentesen vermeiden
In der Früherkennung von Trisomien gibt es seit 2012 den nicht invasiven Pränataltest (NIPT), der seit Juli 2022 in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen wurde. Der Test analysiert im Blut der schwangeren Frau die dort vorhandenen kleinsten Spuren zellfreier DNA des Kindes auf die Trisomien 13,18 und 21. Der NIPT soll gezielt bei Schwangeren eingesetzt werden, die auch für eine Amniozentese in Frage kämen. Er ist somit kein flächendeckendes Screening, sondern Teil einer individuellen und ärztlichen Risikoabwägung und darf erst nach ärztlicher Beratung durchgeführt werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) beschloss die Aufnahme des Tests als Leistung der gesetzlichen Krankenkassen mit dem Ziel, die Zahl unnötiger Amniozentesen (Fruchtwasseruntersuchungen) zu senken, um das Risiko hierdurch verursachter Fehlgeburten zu vermeiden.
Eine Amniozentese hat ein Risiko von 0,1 bis 0,4 Prozent für eine eingriffsbedingte Fehlgeburt, das heißt, eine bis vier von 1.000 Schwangeren verliert durch diesen Eingriff ihr Kind. Nachdem bei bekannten Risikofaktoren die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind eine Trisomie hat, meist bei weniger als ein Prozent liegt, wäre das durch die Untersuchung verlorene Kind zu 99 Prozent gesund gewesen.
Bevor die Untersuchung kindlicher DNA im mütterlichen Blut möglich war, gab es bereits einen Test, um das Risiko auf eine Trisomie zu untersuchen. Er beruhte auf einer Ultraschalluntersuchung und Blutwerten und heißt Triple-Test. Diese Untersuchung konnte die Vorhersage des Risikos jedoch nur wenig verbessern, sodass auch nach einem positiven Triple-Test deutlich mehr als 90 Prozent der Kinder gesund waren und mithin durch die Amniozentese erheblich mehr gesunde Föten starben als echte Trisomien erkannt wurden. Dieser Test wurde daher auch nicht von den Krankenkassen übernommen und war eine Selbstzahlerleistung. Die Diskussion um die Einführung des NIPT als Leistung der gesetzlichen Krankenkassen war schwierig. Es wurde auch befürchtet, dass unnötige Amniozentesen durch ein flächendeckendes Screening mit diesem Test steigen könnten.
Seit 2015 weniger invasive Pränataldiagnostiken
Der nicht invasive Pränataltest (NIPT) wurde bereits vor der Übernahme in die Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen werdenden Müttern als Selbstzahlerleistung (Individuelle Gesundheitsleistung) angeboten. Über die Zahl der in Anspruch genommenen NIPT vor 2022 liegen keine Daten vor. Die Abrechnungsdaten der gesetzlichen Krankenkassen zeigen jedoch (vgl. Grafik), dass die Zahl der invasiveren Untersuchungen (Amniozentesen oder Chorionzottenbiopsien) bereits seit 2015 bis 2021, also vor der Einführung des NIPT als Kassenleistung, erheblich gesunken ist. Das entspricht einem Rückgang um 38 Prozent. Mit der Kassenzulassung des NIPT setzte sich die Abnahme fort. Von 2015 bis 2024 haben diese Untersuchungen um 54 Prozent abgenommen.
Auch die AOK-Daten belegen diesen Trend: Dort sank die Zahl invasiver Untersuchungen im gleichen Zeitraum um knapp 30 Prozent – von 5.064 auf 3.552. Im zweiten Quartal 2024 nutzten etwa 11,4 Prozent (27.262) der 238.420 AOK-versicherten Schwangeren den Bluttest. Nur 0,3 Prozent der Schwangeren (707) unterzogen sich einer Amniozentese oder Chorionzottenbiopsie – im zweiten Quartal 2015 lag dieser Wert noch bei 0,6 Prozent (1.269 Frauen), vor Einführung des NIPT als Kassenleistung bei 0,4 Prozent (861). Seit der Aufnahme des NIPT als Kassenleistung ist die Zahl der Amniozentesen damit noch weiter gefallen.
Dr. Gerhard Schillinger, Geschäftsführer des Stabs Medizin im AOK-Bundesverband, sieht diese Entwicklung positiv: „Wir sehen in den Abrechnungszahlen, dass mit dem neuen Test verantwortungsvoll umgegangen wird. Jede dritte Schwangere wird über den neuen Test beraten und jede Zehnte nimmt ihn in Anspruch. In etwa ein Prozent dieser Untersuchungen ist der Test positiv und führt dann auch fast immer zu einer Abklärung durch eine Fruchtwasseruntersuchung. Das Ziel, die Zahl unnötiger Fruchtwasseruntersuchungen zur Abklärung des Risikos auf Trisomien zu vermindern und damit auch das damit verbundene Risiko für die ungeborenen Kinder, wurde erreicht.“
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