Artikel Gesundheitssystem

Trump-Regierung gefährdet Gesundheit

28.03.2025 Solveig Giesecke 5 Min. Lesedauer

US-Wissenschaftler sind entsetzt über den wissenschaftsfeindlichen Kurs der Trump-Regierung, über Entlassungen, Institutsschließungen und Datenlöschungen. Einige möchten nach Deutschland auswandern.

Foto: Ausschnitt der amerikanischen Flagge auf einer Weltkarte, darüber liegt ein Stethoskop.
Die neue Regierung in den USA hat viele dort ansässige Wissenschaftler verunsichert.

Die neue US-Regierung unter Präsident Donald Trump hat sich zum Ziel gesetzt, Behörden zu verkleinern oder ganz zu schließen. Beauftragt mit der Behörden-Reduktion ist Tech-Unternehmer Elon Musk. Musk steht dem „Department of Government Efficiency“ (Doge) vor, das keine vom Senat bestätigte Behörde ist, aber bereits hunderttausende Mitarbeiter entlassen hat und etliche Behördenstandorte schließen will. Besonders hart trifft es Gesundheits- und Klimaschutz-Behörden wie etwa das National Institute for Health (NIH), die Behörde für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz oder die Food and Drug Administration (FDA), die für die Sicherheit von Arzneimitteln und Lebensmitteln zuständig ist. Wissenschaftler melden sich nun bei deutschen Partnerinstituten und möchten in Deutschland weiterforschen.

Verunsicherung unter US-Wissenschaftlern

Ein Sprecher des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) bestätigte G+G: „Tatsächlich ist eine gewisse Verunsicherung unter US-amerikanischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu spüren und das BMBF erhält vermehrt Anfragen zu Möglichkeiten, nach Deutschland kommen zu können.“ Einzelne Stellen wie etwa das Bundesinstitut für Risikobewertung, das Robert-Koch-Institut oder das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wollten die Entwicklung nicht kommentieren und verwiesen auf das BMBF.

Der amtierende Bundesbildungsminister Cem Özdemir hieß die Forscher ausdrücklich willkommen: „Wir müssen solidarisch sein und deutlich machen: Wenn Spitzenforscher in den USA keine Möglichkeiten mehr für sich sehen, frei dort zu forschen, sind sie in Deutschland willkommen“, sagte er im Interview mit „n-tv“. Allerdings müsse Deutschland noch an seiner Attraktivität arbeiten, Bürokratie abbauen und mehr Risikokapital für Gründer bereitstellen. Auch müssten sich die Wissenschaftler und ihre Familien hier willkommen fühlen.

„Europa muss gerade in der aktuellen Weltlage ein Magnet für Spitzenforschende aus aller Welt sein.“

Cem Özdemir

Amtierender Bundesbildungsminister (Bündnis 90/Die Grünen)

Rund 700 Behörden betroffen

Doge hat zurzeit insgesamt rund 700 Standorte ausgemacht, die als entbehrlich gelten. So wurden USA-weit bereits rund 30 Niederlassungen der FDA gekündigt. „Newsweek“ veröffentlichte eine interaktive Karte, die zeigt, in welchem Bundesstaat welche Standorte geschlossen sind oder werden sollen. Darunter auch Klima- und Umweltbehörden wie etwa die Fisch- und Wildtierbehörde, die Nationalparkverwaltung oder die nationale Wetter- und Ozeanografiebehörde, die unter anderem vor Wirbelstürmen warnt und grundlegende Klimaforschung betreibt. „Wir können Wetterereignisse seitdem nicht mehr zuverlässig vorhersagen“, sagte einer der entlassenen Spitzenforscher dem ARD-Magazin „Monitor“. Die US-Regierung wolle „die Wissenschaft kontrollieren“ und „unliebsame Forschungsfelder zurückfahren“, ist sich Patrick Cramer, Präsident der deutschen Max-Planck-Gesellschaft, im Interview mit dem Magazin sicher.

Foto: Ein runder Apfel spiegelt sich in einem Spiegel als eckiger Apfel.
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Menschen werden sterben

Mehrere Wissenschaftler in den USA äußerten sich besorgt über die Behördenschließungen und den Forschungsstopp. „Institutionen werden zerstört und infolgedessen werden Menschen sterben“, wird etwa Friedensnobelpreisträger und Klimaforscher Michael Oppenheimer im Bericht zitiert. Man sei nicht mehr fähig, Probleme frühzeitig zu erkennen und zu lösen.

Tatsächlich trifft Musks „Aktion Kettensäge“ auch zum Beispiel Forschung zu Alzheimer, Diabetes oder Krebs. Hier macht sich vor allem die Streichung von Milliarden an Fördermitteln für das NIH bemerkbar. Die Folgen, so die Politikwissenschaftlerin Cathryn Clöver Ashbrook, würden Gesundheitsstrukturen auf der ganzen Welt zu spüren bekommen. Der entlassene NIH-Spitzenforscher Martin Basch sorgt sich, dass auch bereits gewonnene Erkenntnisse verloren gehen könnten. 

Programm zur Impfstoffentwicklung eingestellt

Erste Auswirkungen des Trumpschen Kahlschlages bekam schon die Weltgesundheitsbehörde (WHO) zu spüren. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit befahl der Präsident per Dekret den Rückzug der USA aus der WHO, die das Land „abgezockt“ habe. Die USA waren 2022 und 2023 mit 1,28 Milliarden US-Dollar tatsächlich der größte Geldgeber vor Deutschland mit 856 Millionen US-Dollar. Rund 42 Gesundheitskrisen weltweit wie etwa den Mpox-Ausbruch in Afrika bekämpft die Genfer Behörde aktuell, sorgt zudem für Prävention, Daten-Sammlung und -austausch. 

Die Entlassungen sowie Behördenschließungen sind bei der internationalen Zusammenarbeit bereits zu spüren. Zum Beispiel bei der Zusammenarbeit im Bereich Klimaschutz und Gesundheit, erklärte das BMBF auf Anfrage von G+G. „So wurde beispielsweise im Bereich der Klimaforschung keine US-Delegation zur 62. Plenarsitzung des Weltklimarates IPCC in Hangzhou Ende Februar 2025, dem wichtigsten, allgemein anerkannten Gremium zur Bewertung des wissenschaftlichen Forschungsstands zum Klimawandel, entsendet“, erklärte ein Sprecher des BMBF.

„Im medizinischen Bereich“, so der Sprecher weiter, seien bei der „Forschung zur Globalen Gesundheit Auswirkungen auf die Finanzierung von Produktentwicklungs-Partnerschaften (PDP) zu beobachten, beispielsweise wurde ein Programm zur Impfstoffentwicklung gegen HIV eingestellt.“ Grundsätzlich erwartet das BMBF Auswirkungen auf Forschungskooperationen „auf verschiedenen Ebenen“.

„Es scheint, als wollten sie die Klimageschichte auslöschen und eine andere Geschichte erfinden.“

Michael Oppenheimer

Klimaforscher und Friedensnobelpreisträger

Sorge um die Daten

Bei Demonstrationen in New York, Washington und anderen Städten protestierten tausende Wissenschaftler unter dem Motto „Stand up for Science“ („Steht auf für die Wissenschaft“) gegen die wissenschaftsfeindliche Haltung der US-Regierung – Vize-Präsident J. D. Vance wörtlich: „Die Professoren sind der Feind“ – und gegen die Kürzungen. So stand auf einem Transparent die Frage: „Wer wird euch heilen, wenn die Wissenschaftler nicht mehr da sind?“ Tatsächlich ermahnte Präsident Trump seinen „Effizienz“-Beauftragten Musk inzwischen: Er solle mit dem „Skalpell“ vorgehen und nicht mehr mit der „Axt“. Die fähigsten Forscher müsse man halten.

Besorgt sind Wissenschaftler nicht nur wegen des Wegfalls wichtiger Daten, sondern auch wegen möglicher Daten-Löschungen und Manipulationen. So sieht etwa der Klimaforscher Michael Oppenheimer die Gefahr, dass die US-Regierung Daten verfälscht: „Es scheint, als wollten sie die Klimageschichte auslöschen und eine andere Geschichte erfinden“, sagte er. Ob es bereits bewusste Datenmanipulationen gibt, konnte das BMBF nicht bestätigen. Dazu lägen „derzeit“ keine konkreten Erkenntnisse vor, so der Sprecher des Ministeriums. Aus dem Rückzug aus der Förderung einzelner Forschungszweige oder -projekte ergäben sich noch keine konkreten Hinweise auf Datenmanipulationen.

Magnet für Spitzenforschung

Minister Özdemir betonte bei der Vorstellung der gerade veröffentlichten „Warschauer Erklärung“ der EU-Forschungsminister, die das Rahmenprogramm der EU für Forschung und Innovation festlegt: „Europa muss gerade in der aktuellen Weltlage ein Magnet für Spitzenforschende aus aller Welt sein.“

Sein Sprecher ergänzte gegenüber G+G: „Die Zahl amerikanischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an deutschen Hochschulen nahm zwischen 2013 und 2023 von rund 1.800 auf etwa 2.400 zu. Die USA zählen zu den führenden entsendenden Ländern. Deutschland ist wiederum nach den USA und noch vor dem Vereinigten Königreich das zweitwichtigste Gastland für ausländische Wissenschaftler insgesamt.“

Zudem sei Wissenschaftsfreiheit nicht nur im Grundgesetz verbürgt, sondern werde in Deutschland auch allseits gelebt und respektiert, so der Sprecher. „An diese guten Rahmenbedingungen gilt es jetzt anzuknüpfen und zum einen durch die konkreten Kontakte und Programme der Wissenschaft und ihrer Organisationen, zum anderen aber auch durch Erleichterungen bei der Visaerteilung und der Vergabe von Arbeitserlaubnissen an Forschende, die Möglichkeiten zum Zuzug noch zu verbessern.“ 

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