„Die Ausbreitung eines Tumors folgt anderen Regeln“
In der Rubrik „Neues aus der Uni“ stellt G+G-Digital Institute und Lehrstühle vor. Dieses Mal mit drei Fragen an Prof. Dr. Christoph Klein, Inhaber des Lehrstuhls für Experimentelle Medizin und Therapieverfahren an der Universität Regensburg.
Herr Professor Klein, was ist derzeit Ihre wichtigste wissenschaftliche Fragestellung?
Prof. Dr. Christoph Klein: Der Lehrstuhl für Experimentelle Medizin (LEX) hat zwei Schwerpunkte: zum einen, das Verständnis der frühen Ausbreitung von soliden Tumoren wie Brust-, Prostata- und Lungenkrebs sowie dem Melanom zu verbessern; zum anderen, die Mechanismen der Entstehung erster metastatischer Kolonien für die Diagnostik, die Therapieplanung, die Überwachung der Therapie sowie die Entwicklung neuer Therapien nutzbar zu machen. Viele Therapieentscheidungen werden nach wie vor rein empirisch oder aufgrund molekularer Informationen des Primärtumors getroffen. Unserer Arbeit liegt die Hypothese zugrunde, dass die Ausbreitung eines Tumors außerhalb des Ursprungsorgan anderen und zusätzlichen Regeln unterliegt, die für eine erfolgreiche Behandlung beachtet werden müssen.
Schwerpunkt unserer wissenschaftlichen Arbeit sind die Metastasen-Gründerzellen. Wir wollen die Eigenschaften derjenigen Tumorzellen identifizieren, die in der Lage sind, eine Metastase zu gründen. Die meisten Tumorzellen können das nicht. Klinisch-translational ist unser Schwerpunkt, diese Erkenntnisse über unser akkreditiertes Diagnostiklabor in die Versorgung zu bringen und die Ärzte mit zusätzlichen Informationen bei ihren Therapieentscheidungen zu unterstützen.
„Wir wollen die Eigenschaften derjenigen Tumorzellen identifizieren, die in der Lage sind, eine Metastase zu gründen. “
Bereichsleiter für Personalisierte Tumortherapie am Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin Regensburg
Wie fördern Sie an Ihrer Einrichtung die Kooperation wissenschaftlicher Disziplinen und die Netzwerkbildung?
Klein: Seit 2021 haben wir eines der weltweit größten Verbundprojekte zum Thema Metastasengründung in einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Transregio-Sonderforschungsbereich organisiert, zusammen mit der Universität Erlangen (Sprecher Erlangen: Prof. Thomas Brabletz) und mehreren Gruppen der Fraunhofer-Gesellschaft.
Zur Person
Prof. Dr. Christoph Klein studierte Medizin an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Danach war er Leiter einer BioFuture Nachwuchsgruppe des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und einer Nachwuchsgruppe des Bayerischen Genomforschungsnetzwerks. 2010 übernahm Klein den Lehrstuhl für Experimentelle Medizin und Therapieverfahren an der Universität Regensburg sowie die Leitung des Bereichs „Personalisierte Tumortherapie“ am Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin.
Ist die Politik gut beraten, wenn sie auf die Wissenschaft hört?
Klein: Bei der Begutachtung des Fortsetzungsantrags wurde unserem SFB unlängst bescheinigt, dass wir internationale Spitzenforschung betreiben und unsere Arbeit gewinnbringende Erkenntnisse für die Grundlagen- und die klinische Forschung verspreche. Dennoch, und ich halte das für eine wirkliche Tragödie, hat der DFG-Senat entschieden, aufgrund knapper Kassen die Förderung einzustellen. So etwas darf meiner Meinung nach in einem so reichen Land wie Deutschland nicht passieren, nicht bei einem so wichtigen Thema, bei einer der führenden Todesursachen.
Auch die Frage, wie neue wissenschaftliche Erkenntnisse in die Versorgung gebracht werden können, sollte noch besser reflektiert werden. Ich glaube, wir könnten schon jetzt einigen Patientinnen und Patienten gezielt helfen, passendere Therapien für sie auszuwählen beziehungsweise unnötige Behandlungen zu vermeiden. Das scheitert jedoch daran, dass niemand die Kosten für die dafür notwendige Präzisionsdiagnostik übernehmen will. Wie bei der Forschung geht es bei der Versorgung um Geld – und das liegt in der Verantwortung der Politik.
Forschungsschwerpunkte:
- Evolution der systemischen Krebserkrankung
- Immunbiologie der frühen systemischen Krebserkrankung
- Entwicklung neuer Technologien zur Erforschung und Diagnose von metastatischen Gründerzellen
Jahresetat:
keine Angabe
Zahl und Qualifikation der Mitarbeitenden:
- Je nach Anzahl der aktuellen Doktorandinnen und Doktoranden arbeiten 20 bis 30 Mitarbeitende am Lehrstuhl.
Kontaktdaten:
Universität Regensburg
Lehrstuhl für Experimentelle Medizin und Therapieverfahren
Franz-Josef-Strauß-Allee 11
93053 Regensburg
Telefon: 0941 944-6720
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