Blickwinkel Finanzierung

Mehr Ökonomie nötig, nicht weniger

19.02.2024 Klaus Jacobs 4 Min. Lesedauer

Jacobs' Weg: „Entökonomisierung“ lautet ein Lieblingswort von Karl Lauterbach. Damit sendet der Minister jedoch ein vollkommen falsches Signal für die Gesundheitspolitik.

Foto: Ein weißes Sparschwein von oben, daneben liegt ein Stethoskop.

Es gibt eine Aussage von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, die er ständig wiederholt: Die Ökonomisierung im Gesundheitswesen sei zu weit getrieben worden und müsse zurückgeholt werden. „Entökonomisierung“ nennt er das. Ganz abgesehen von seiner Mitverantwortung für die Gesundheitspolitik der vergangenen zehn Jahre macht diese Aussage inhaltlich keinen Sinn. Ökonomie ist die Lehre vom sinnvollen Umgang mit knappen Ressourcen. Davon kann es gar nicht genug geben – zumal in einer solidarisch finanzierten Sozialversicherung mit Versicherungspflicht.

„Die Politik gibt die Ziele vor und nicht die Ökonomie.“

Klaus Jacobs

Volkswirt und ehemaliger Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK

Foto: Porträtbild von Prof. Dr. Klaus Jacobs, Volkswirt und ehemaliger Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO)
Prof. Dr. Klaus Jacobs

Das Wirtschaftlichkeitsprinzip bedeutet, gegebene Ziele mit möglichst geringem Aufwand zu erreichen. Die gesundheitspolitischen Ziele gibt aber nicht die Ökonomie vor, sondern die Politik – direkt oder vermittelt über Anreize für Krankenkassen und andere Akteure. Wenn die zentrale Vorgabe lautet, möglichst viel Geld zu sparen, sind die Konsequenzen für die Verfügbarkeit und Qualität der Versorgungsangebote nicht Resultat von „zu viel Ökonomie“, sondern von kurzsichtiger Politik. Die wird noch dadurch befördert, dass es bei Reformgesetzen weder vorab eine Folgenabschätzung noch im Nachgang eine Evaluation gibt. Das führt zum Blindflug bezüglich der Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit einzelner Maßnahmen, siehe etwa Praxisgebühr oder Neupatientenregelung. 

Eine große Leerstelle in der Gesundheitspolitik betrifft nicht erst seit Karl Lauterbach die Ordnungsökonomie. Dabei geht es verkürzt darum, wer für was verantwortlich ist und welche Instrumente zur Verfügung stehen. Einen konsistenten Ordnungsrahmen zur Gestaltung einer bedarfsgerechten, patientenorientierten Versorgung gibt es nicht. Stattdessen fügt jede Regierung dem schon bestehenden Flickenteppich weitere Elemente hinzu, Karl Lauterbach zum Beispiel Gesundheitskioske und Patientenlotsen. Das können durchaus sinnvolle Instrumente sein, aber nicht bundesweit isoliert „on top“. Dass etwa für Stadt und Land unterschiedliche Steuerungsstrukturen sinnvoll sind – auch damit befasst sich die Ökonomie. Deshalb brauchen wir davon bestimmt nicht weniger, sondern deutlich mehr.

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