Artikel Pflege

Reha und Pflege aus einem Guss

19.02.2025 Stefanie Roloff 3 Min. Lesedauer

Mehr Mobilität, Teilhabe und Lebensfreude: Das Konzept der therapeutisch-rehabilitativen Pflege hat den Erhalt oder sogar die Verbesserung von Alltagsfähigkeiten zum Ziel. Elf Pflegeheime erproben den Ansatz unter Leitung der AOK Rheinland/Hamburg.

Foto einer Frau mit Gehhilfe und einer Pflegekraft daneben in einem Flur. Man sieht jeweils nur die Beine.
Wieder auf die Beine kommen - das ist ein Ziel des Konzepts „SGB Reha“.

Die Idee der therapeutischen Pflege entstand vor vielen Jahren in den Häusern Ruhrgarten und Ruhrblick der Evangelischen Altenhilfe in Mülheim an der Ruhr. Sie wird seitdem konstant weiterentwickelt. Ziel ist es, die Alltagsfertigkeiten Pflegebedürftiger zu trainieren und damit Wohlbefinden und Lebensqualität zu steigern. Ein multiprofessionelles Team analysiert dafür die individuelle Situation und leitet gezielte therapeutische und weitere Maßnahmen, wie die Reduktion von Medikamenten, ein.

Rückkehr in eigene Wohnung

Das Beispiel von Herrn G. zeigt, dass das Konzept Erfolg hat. Der Senior kam nach einem Schlaganfall und anschließender Früh-Reha ins Haus Ruhrgarten. „Er hatte vor allem motorische Einschränkungen, eine stark verwaschene Sprache und eine depressive Verstimmung“, erzählt Kathrin Hendricks, Koordinatorin Therapeutische Pflege bei der Evangelischen Altenhilfe. Herr G. erhielt Therapien aus den Bereichen Bewegung, Logopädie und Musik. „Nach rund vier Monaten konnte er wieder Treppen steigen und seinen Alltag weitgehend selbstständig meistern“, berichtet Hendricks. Er kehrte nach Hause zurück, wo ihn eine 24-Stunden-Pflegekraft unterstützt. Auch bei im Heim verbleibenden Pflegebedürftigen verbessere die therapeutische Pflege Gesundheitszustand und Lebensqualität, so Hendricks. Die Evangelische Altenhilfe verzeichnete nach Einführung des Konzepts 40 Prozent weniger Krankenhausaufenthalte und 8,5 Prozent Einsparungen bei Medikamenten.

Seit 2022 fördert der Innovationsausschuss des Gemeinsamen Bundesausschusses das Projekt „SGB Reha“. Es steht für eine sektorenübergreifende gerontopsychiatrische Behandlung und Rehabilitation im Pflegeheim. Elf weitere Einrichtungen erproben das Konzept SGB Reha unter Leitung der AOK Rheinland/Hamburg vier Jahre lang, darunter das Cellitinnen-Seniorenhaus Maria Einsiedeln in Bonn. Seniorenhausleiter Jan Gawol ist von den Effekten überzeugt: „Wo früher oft auf den Rollstuhl zurückgegriffen wurde, können sich dank unserer Projektteilnahme die Pflegeteams heute Zeit nehmen, etwa um die Menschen bei Spaziergängen mit dem Rollator zu begleiten“, schildert er ein Beispiel. Das führe zu mehr Bewegung, Selbstvertrauen und Lebensqualität. Gleichzeitig seien die Mitarbeitenden zufriedener. Das bestätigt auch Xavier de Groot, Assistent von Matthias Bonnie, dem Direktor des Hauses St. Raphael bei den Ordenswerken in Aachen. „Die Pflegekräfte bringen viel aktiver Ideen ein und die Therapie kann schnell und unbürokratisch starten.“ Eine Herausforderung sei jedoch die Terminfindung mit allen Professionen für Fallbesprechungen.

„Nach rund vier Monaten konnte Herr G. seine alltäglichen Aktivitäten wieder weitgehend selbstständig ausführen.“

Porträt von Kathrin Hendricks, Koordinatorin Therapeutische Pflege bei der Evangelischen Altenhilfe

Kathrin Hendricks

Koordinatorin Therapeutische Pflege bei der Evangelischen Altenhilfe

Konzept ausweiten

Das Projekt läuft unter Federführung der AOK Rheinland/Hamburg, wissenschaftlich begleitet von der Universität Potsdam und der Medizinischen Hochschule Brandenburg. Unterstützt wird es auch von der Deutschen Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie sowie der Evangelischen Altenhilfe. Ziel ist es, die therapeutische Pflege flächendeckend zu etablieren. „Es ist sinnvoll, Therapie- und Rehabilitationsleistungen in die soziale Pflegeversicherung zu integrieren“, betont Matthias Mohrmann, Vorstandsmitglied der AOK Rheinland/Hamburg. Die Gesellschaft könne sich eine patientenorientierte Pflege leisten. Dafür sei es unabdingbar, die starren rechtlichen Grenzen zwischen Kranken- und Pflegeversicherung abzubauen.

Mitwirkende des Beitrags

Pflichtfelder sind gekennzeichnet.

Beitrag kommentieren

Alle Felder sind Pflichtfelder.

Datenschutzhinweis

Ihr Beitrag wird vor der Veröffentlichung von der Redaktion auf anstößige Inhalte überprüft. Wir verarbeiten und nutzen Ihren Namen und Ihren Kommentar ausschließlich für die Anzeige Ihres Beitrags. Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht, sondern lediglich für eventuelle Rückfragen an Sie im Rahmen der Freischaltung Ihres Kommentars verwendet. Die E-Mail-Adresse wird nach 60 Tagen gelöscht und maximal vier Wochen später aus dem Backup entfernt.

Allgemeine Informationen zur Datenverarbeitung und zu Ihren Betroffenenrechten und Beschwerdemöglichkeiten finden Sie unter https://www.aok.de/pp/datenschutzrechte. Bei Fragen wenden Sie sich an den AOK-Bundesverband, Rosenthaler Str. 31, 10178 Berlin oder an unseren Datenschutzbeauftragten über das Kontaktformular.