Mehr Zustrom für Gesundheit und Pflege
Migration war das vorherrschende Thema im Wahlkampf. Aber nur die unerwünschte und nicht die weiterhin notwendige Zuwanderung. Das muss sich ändern.


Im Wahlkampf ist einiges aus dem Ruder gelaufen. Ein großer Aufreger war das von der Union eingebrachte und der AfD unterstützte „Zustrombegrenzungsgesetz“, das im Bundestag mit knapper Mehrheit abgelehnt wurde. Zwar ist im vollständigen Namen des Gesetzentwurfs von illegalem Zustrom die Rede, doch hat es eine derart differenzierte Sicht in der aufgeladenen Debatte nie gegeben. Vielmehr entstand der fatale Eindruck einer pauschalen Gleichsetzung von Migration und Gefährdung der inneren Sicherheit. Hierunter litten auch viele Menschen mit Migrationsgeschichte, die schon lange in Deutschland leben und arbeiten, ob mit deutschem oder ausländischem Pass. Gerade für die Gesundheits- und Pflegeversorgung ist diese Bevölkerungsgruppe hochgradig systemrelevant.
Laut einer Forsa-Umfrage vor Beginn des Wahlkampfs hatten die Befragten den größten politischen Handlungsbedarf gar nicht im Bereich von innerer Sicherheit und Kriminalitätsbekämpfung gesehen, sondern bei der Gesundheitsversorgung und Pflege, mit der Bekämpfung des Fachkräftemangels als wichtigster Maßnahme. Wie gut hätte man dies argumentativ verknüpfen und erklären können: einerseits Begrenzung der Aufnahme von Menschen ohne Aussicht auf ein Bleiberecht, tunlichst im Rahmen einer europäischen Gesamtlösung, andererseits aber weiterhin gewünschter Zustrom von Fachpersonal, etwa zur Aufrechterhaltung der Gesundheits- und Pflegeversorgung.
„Migrantinnen und Migranten sind systemrelevant.“
Volkswirt und ehemaliger Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO)
Das ist leider nicht einmal versuchsweise geschehen. Stattdessen bleibt in Erinnerung, dass mit Jens Spahn ausgerechnet ein früherer Gesundheitsminister nur einen Tag nach der Flucht des syrischen Diktators al-Assad vorschlug, die rasche Rückkehr nach Syrien mit 1.000 Euro Handgeld und einem Freiflug zu fördern. Dabei arbeiten allein über 5.000 Ärztinnen und Ärzte aus Syrien in deutschen Krankenhäusern, laut Bundesärztekammer überproportional in kleineren Kliniken außerhalb von Ballungszentren – also gerade dort, wo die Sicherung der Versorgung besonders herausfordernd ist. Es ist dringend erforderlich, möglichst schnell zu einer sachorientierten Politik ohne Populismus zurückzufinden.
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