Was tun bei Gewalt gegen Ärzte?
Attacken auf Gesundheitspersonal, wie zuletzt auf einen Klinikarzt in Düsseldorf, sind längst keine Seltenheit mehr. Sie haben laut polizeilicher Kriminalstatistik seit 2019 massiv zugenommen. Sind strengere Regeln vonnöten?

Gewaltdelikte konsequent und unmittelbar verfolgen

Die Taten müssen ein Weckruf an die Politik sein, Ärzte und andere Beschäftigte aus dem Gesundheitswesen endlich wirksamer vor Gewalt zu schützen. Fast die Hälfte aller niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte und ihrer Praxisteams war in den vergangenen fünf Jahren mit körperlicher Gewalt konfrontiert. Unter den Krankenhausärzten berichten mehr als 40 Prozent von zunehmender Gewalt. Die neue Bundesregierung muss dieser Entwicklung etwas Wirksames entgegensetzen. Zur staatlichen Daseinsfürsorge gehört auch, dass Kommunen bei Bedarf private Sicherheitsdienste für Notaufnahmen in sozialen Brennpunkten finanzieren. Vor allem müssen Gewaltdelikte konsequent und unmittelbar verfolgt und geahndet werden. Ermittlungsbehörden und Gerichte brauchen die notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen. Erforderlich sind zudem zentrale Meldesysteme für solche Angriffe, auf denen Betroffene die entsprechenden Fälle unkompliziert anzeigen und so auch dokumentieren können.
Respektlosigkeit gesamtgesellschaftlich angehen

Strafrechtsverschärfungen alleine werden das Problem von immer mehr Gewalt in Kliniken und Praxen nicht lösen, trotzdem unterstützen wir diese Forderung. Das wäre aber vor allem ein Signal an die Betroffenen, dass Übergriffe gegen sie Konsequenzen haben und sie in ihrer Bedeutung für die Gesellschaft wertgeschätzt werden.
Heute verzichten viele Klinik-Beschäftigte wegen zu viel Aufwand und Bürokratie auf Strafanzeigen. Am Ende werden Verfahren oftmals eingestellt, oder die Täter verlassen den Gerichtssaal als freie Menschen. Das Gewaltproblem können aber weder Krankenhaus noch Justiz lösen. Und auch die Notaufnahmen zu entlasten und die oft Aggression auslösenden überlangen Wartezeiten zu entschärfen, ist zwar dringend geboten, wird aber nur im Einzelfall Straftäter abhalten. Gesunkene Hemmschwellen, Respektlosigkeit, Egoismus und Entsolidarisierung sind die Ursachen, die dringend gesamtgesellschaftlich angegangen werden müssen.
Deeskalationstrainings für Beschäftigte anbieten

Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, Gefährdungen am Arbeitsplatz vorzubeugen. Das Thema Gewalt gehört im Gesundheitsdienst in jede Gefährdungsbeurteilung. Aus ihr ergibt sich, welche Maßnahmen und Regeln jeweils gebraucht werden. Was Einrichtungen unter anderem tun können: sichere Rückzugsräume schaffen, Notfallpläne erstellen und kommunizieren oder Deeskalationstrainings für Beschäftigte anbieten.
Besonderheiten der Arbeitssituation im Gesundheitsdienst sind dabei immer mitzudenken. Beispielsweise können Beschäftigte auch im unmittelbaren Pflegekontext Gewalterfahrungen machen. Ein erster Schritt sollte für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber immer sein, das Thema auf die Tagesordnung zu setzen und Beschäftigten zu signalisieren: Gewalt gegen euch wird hier nicht akzeptiert. Die BGW berät ihre Mitgliedsunternehmen zu möglichen Maßnahmen der betrieblichen Gewaltprävention und unterstützt sie dabei, diese umzusetzen.
Mehr Aufmerksamkeit für Deeskalation von Gewaltsituationen und -erfahrungen

Das Thema Gewalt in der Pflege ist nicht neu. Angesichts der engen Zusammenarbeit des Pflegepersonals mit Patienten und pflegebedürftigen Menschen in existenziell bedrohlichen Lebenssituationen kommt es leider immer wieder zu Gewaltszenen gegen Personal, aber auch gegenüber den kranken und hilfebedürftigen Menschen. Studien weisen seit langem auf die Notwendigkeit hin, der Dokumentation, Prävention, Deeskalation und Aufarbeitung von Gewaltsituationen und -erfahrungen in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Hier gibt es noch viel zu tun.
Sicherlich sollte auch darüber nachgedacht werden, Strafen wegen Gewalt gegen Gesundheitspersonal in besonders gewaltgefährdeten Notfallaufnahmen oder auf psychiatrischen Stationen zu verschärfen. Dies sollte allerdings immer in Abwägung mit dem Ziel geschehen, Vertrauen zu Patienten aufzubauen und die oben genannten Aufgaben nicht zu vernachlässigen.
Mitwirkende des Beitrags

Autorin
Datenschutzhinweis
Ihr Beitrag wird vor der Veröffentlichung von der Redaktion auf anstößige Inhalte überprüft. Wir verarbeiten und nutzen Ihren Namen und Ihren Kommentar ausschließlich für die Anzeige Ihres Beitrags. Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht, sondern lediglich für eventuelle Rückfragen an Sie im Rahmen der Freischaltung Ihres Kommentars verwendet. Die E-Mail-Adresse wird nach 60 Tagen gelöscht und maximal vier Wochen später aus dem Backup entfernt.
Allgemeine Informationen zur Datenverarbeitung und zu Ihren Betroffenenrechten und Beschwerdemöglichkeiten finden Sie unter https://www.aok.de/pp/datenschutzrechte. Bei Fragen wenden Sie sich an den AOK-Bundesverband, Rosenthaler Str. 31, 10178 Berlin oder an unseren Datenschutzbeauftragten über das Kontaktformular.