Blickwinkel Gesundheitssystem

Hände weg von Gießkannen!

16.04.2025 Klaus Jacobs 3 Min. Lesedauer

Die Gesundheitsversorgung muss deutlich effizienter werden. Dafür sind regional differenzierte Maßnahmen erforderlich, aber keine gesetzlichen Einheitsregelungen.

Eine Apotheke befindet sich in einem Backsteingebäude.
Ein Beispiel für große Regionalunterschiede ist der Apothekenmarkt.
Foto: Porträtbild von Prof. Dr. Klaus Jacobs, Volkswirt und ehemaliger Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO)
Prof. Dr. Klaus Jacobs war von 2002 bis zum Eintritt in den Ruhestand im März 2023 Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).

Für die desolate Finanzlage der GKV wird vor allem das enorme Wachstum der Leistungsausgaben verantwortlich gemacht. Ob die Gesundheitsminister Gröhe, Spahn oder Lauterbach hießen – stets haben ihre Gesetze die Versorgung erheblich verteuert, ohne einen erkennbaren Mehrwert für Patienten zu stiften. Allerdings gibt es keinen Königsweg zu einer effizienteren Versorgung. Angesichts teilweise höchst unterschiedlicher Konstellationen ist zumeist ein regional differenziertes Vorgehen geboten. Daran hat es in der Vergangenheit gefehlt.

Ein Beispiel für große Regionalunterschiede ist der Apothekenmarkt, für den zunehmend schrille Alarmsignale gesendet werden. Von einem versorgungsgefährdenden Apothekensterben ist die Rede, das nicht nur den ländlichen Raum betreffe. Die Realität sieht anders aus. Wenn der Autor dieser Zeilen vor seine Haustür in Berlin-Char­lottenburg tritt, hat er laut Google Maps in einem Umkreis von einem Kilometer die Wahl zwischen 18 Apotheken, bei einem Radius von 1,5 Kilometern sind es sogar 35. Manche von ihnen haben wohl schon bessere Zeiten erlebt, während andere regelrecht brummen und gleichzeitig drei oder mehr Verkaufstheken mit kompetentem Fach­personal besetzt haben. Selbst eine Halbierung der Apothekenzahl würde die Versorgung hier nicht gefährden.

„Passgenaue Lösungen vor Ort sind jetzt gefragt.“

Prof. Dr. Klaus Jacobs

Volkswirt und ehemaliger Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK

Was lehrt dieses Beispiel? Erstens muss sich die Politik immer erst ein genaues Bild der Lage verschaffen, ehe sie handelt. Das gilt auch für die Wartezeiten auf Arzttermine, die es keineswegs überall und bei allen Facharztgebieten gibt. Zweitens verbieten sich gesetzliche Einheitsregelungen mit Gießkannen-Wirkung. Sie sind bei echten Defiziten oft unzureichend, während sonst teure Mitnahmeeffekte ausgelöst werden. Am besten überlässt die Politik die konkrete Steuerung den Akteuren vor Ort, die sie dafür allerdings mit wirksamen Vertragskompetenzen ausstatten muss, je nach Kontext wettbewerblich oder gemeinsam. 

Für mehr Versorgungseffizienz ist es erfor­derlich, neue Wege zu beschreiten. Überholte Strukturen gehören dabei auf den Prüfstand – auch auf dem wenig effizienten Apothekenmarkt.

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