Forumsformat Gesundheitssystem

Einwurf: Nachholbedarf bei Behindertenrechten

22.05.2024 Michaela Engelmeier 4 Min. Lesedauer

Deutschland hinkt in Bezug auf die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen hinterher, sagt Michaela Engelmeier. Sie fordert von Politik und Gesellschaft, für Gleichberechtigung zu sorgen.

Foto: Drei Puzzleteile liegen nebeneinander: Ein Grünes mit einem Frauensymbol, ein Gelbes mit einem Rollstuhlfahrer-Symbol und ein Blaues mit einem Mann-Symbol.
15 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention besteht in Deutschland im Hinblick auf Teilhabe noch viel Verbesserungsbedarf.

Im März 2009 ist die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland in Kraft getreten. Durch die Ratifizierung sollen alle Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Mit der Unterzeichnung haben sich die politischen Akteure in Bund, Ländern und Kommunen diesem Ziel verpflichtet. Ich als Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland (SoVD) muss Deutschland jedoch
15 Jahre später ein eher schlechtes Zeugnis in Bezug auf Teilhabe ausstellen. Vor allem in den Bereichen Wohnen, Bildung, Arbeit, Mobilität sowie im Gesundheitswesen ist für den Großteil der Menschen mit Behinderungen keine Teilhabe gewährleistet. Die UN-Behindertenrechtskonvention hat uns in Deutschland den klaren Auftrag erteilt, dies zu ändern.

Foto: Michaela Engelmeier, Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland e. V. (SoVD).
Michaela Engelmeier ist seit September 2022 Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland e. V. (SoVD).

Denn auch Menschen mit einer Behinderung haben das Recht auf gute Bildung, um ein möglichst eigenständiges und selbstbestimmtes Leben führen zu können. In der Praxis besuchen leider immer noch sehr viele von ihnen keine Regelschule, sie arbeiten in Werkstätten und wohnen in sogenannten „besonderen Wohnformen“ der Eingliederungshilfe. Der UN-Fachausschuss in Genf hat Deutschland an dieser und vielen anderen Stellen deutlich ermahnt, die UN-Behindertenrechtskonvention konsequent und menschenrechtsorientiert umzusetzen. Sonderstrukturen und Sonderwelten für Menschen mit Behinderungen müssen hierzulande abgebaut und nicht, wie in einigen Bundesländern der Fall, sogar ausgebaut werden. Dies geschieht beispielsweise bei Förderschulen. Diese und auch Werkstätten für Menschen mit Behinderungen dürfen in Deutschland nicht – wie in den letzten Jahrzehnten – als Regelfall angesehen werden.

„Sonderstrukturen und -welten für Menschen mit Behinderungen müssen abgebaut werden.“

Michaela Engelmeier

Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland e. V. (SoVD)

Denn das ist nicht nur ein Verstoß gegen die UN-Konvention, sondern verwehrt Menschen mit Behinderungen schon im Kindes- und Jugendalter die ihnen zustehende Bildungsgerechtigkeit. Ungleiche Bildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten ziehen sich dann häufig wie ein roter Faden durch das Leben von Menschen mit Behinderungen. Deutschland sollte den Anspruch haben, diese Ungleichheiten konsequent abzubauen – und zwar jetzt.

Mitwirkende des Beitrags

Pflichtfelder sind gekennzeichnet.

Beitrag kommentieren

Alle Felder sind Pflichtfelder.

Datenschutzhinweis

Ihr Beitrag wird vor der Veröffentlichung von der Redaktion auf anstößige Inhalte überprüft. Wir verarbeiten und nutzen Ihren Namen und Ihren Kommentar ausschließlich für die Anzeige Ihres Beitrags. Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht, sondern lediglich für eventuelle Rückfragen an Sie im Rahmen der Freischaltung Ihres Kommentars verwendet. Die E-Mail-Adresse wird nach 60 Tagen gelöscht und maximal vier Wochen später aus dem Backup entfernt.

Allgemeine Informationen zur Datenverarbeitung und zu Ihren Betroffenenrechten und Beschwerdemöglichkeiten finden Sie unter https://www.aok.de/pp/datenschutzrechte. Bei Fragen wenden Sie sich an den AOK-Bundesverband, Rosenthaler Str. 31, 10178 Berlin oder an unseren Datenschutzbeauftragten über das Kontaktformular.