Strukturreformen nötig – bloß welche?
Jacobs' Weg: Weil die Ampel keine Finanzierungsreformen hinbekommt, ist mehr Effizienz der Versorgung umso wichtiger. Wie das gehen kann, zeigt ein Blick in zwei Nachbarländer.
Die Notwendigkeit von Strukturreformen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) steht außer Frage. Mit dieser Einschätzung endet der gesundheitspolitische Konsens jedoch bereits, denn welche Strukturen wie geändert werden sollen, ist höchst strittig.
Da sind zunächst die Finanzierungsstrukturen, die neben einer sachadäquaten Steuerfinanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben der Stärkung der Grundlagen für die solidarische Beitragsfinanzierung bedürfen. Zu beidem ist die Ampel-Regierung nicht in der Lage, weil ihr die Einhaltung der restriktiven Schuldenbremse und der Erhalt bestimmter Privilegien wichtiger sind. Dass der Bundesgesundheitsminister für mehr Gerechtigkeit der GKV-Finanzierung kämpft, ist auch nicht erkennbar. Im Gegenteil: Ihm fallen immer neue Aufgaben ein, die die Beitragszahlenden sachfremd bezahlen sollen.
„Vertragswettbewerb wird bei uns kaum diskutiert.“
Volkswirt und ehemaliger Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK
Wenn Finanzierungsreformen nicht klappen, nimmt die Dringlichkeit von Reformen der Versorgungsstrukturen zu. Hierzu zählen etliche von Karl Lauterbach angekündigte Vorhaben, die von einer revolutionierten Krankenhausversorgung bis zu flächendeckenden Herz-Check-ups ab dem Kindesalter reichen. Letzter Aufreger: der von der Krankenhaus-Regierungskommission empfohlene Abbau der „doppelten Facharztschiene“. Die gebe es gar nicht, sagt der Fachärzte-Spitzenverband, weil die fachärztliche Tätigkeit in der Klinik oft grundsätzlich anders sei als in der ambulanten Versorgung. In den Niederlanden arbeiten Fachärzte dagegen im Krankenhaus und in Facharztzentren sowohl ambulant als auch stationär – also eine integrierte Facharztversorgung mit positiven Folgen für deren Qualität und Wirtschaftlichkeit.
Wie sektorenübergreifende Versorgung Realität werden kann, ist eine Frage der Steuerungsstrukturen. Deren Reform wird kaum diskutiert. Der Regierungskommission fällt nur neue Planwirtschaft ein – von wettbewerblichen Integrationsverträgen hat sie offenbar noch nie gehört. Wie die regional differenziert „von unten“ funktionieren können, zeigt die Schweiz. Vor weiterem – meist teurem! – gesetzlichen Aktionismus wäre ein Blick über die Grenzen äußerst hilfreich.
Mitwirkende des Beitrags
Autor
Datenschutzhinweis
Ihr Beitrag wird vor der Veröffentlichung von der Redaktion auf anstößige Inhalte überprüft. Wir verarbeiten und nutzen Ihren Namen und Ihren Kommentar ausschließlich für die Anzeige Ihres Beitrags. Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht, sondern lediglich für eventuelle Rückfragen an Sie im Rahmen der Freischaltung Ihres Kommentars verwendet. Die E-Mail-Adresse wird nach 60 Tagen gelöscht und maximal vier Wochen später aus dem Backup entfernt.
Allgemeine Informationen zur Datenverarbeitung und zu Ihren Betroffenenrechten und Beschwerdemöglichkeiten finden Sie unter https://www.aok.de/pp/datenschutzrechte. Bei Fragen wenden Sie sich an den AOK-Bundesverband, Rosenthaler Str. 31, 10178 Berlin oder an unseren Datenschutzbeauftragten über das Kontaktformular.