Ärztemangel im Pflegeheim
Die Gesundheit von Heimbewohnern erfordert besondere Aufmerksamkeit. Doch die ärztliche Versorgung dieser Menschen weist Lücken auf. Um sie zu schließen, müssen die Berufsgruppen in Medizin und Pflege besser zusammenarbeiten. Das erproben Krankenkassen und Leistungserbringer in einzelnen Projekten.
Rund 793.000 Menschen in Deutschland lebten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2021 in etwa 16.100 Pflegeheimen. Das entspricht etwa einem Fünftel der 4,96 Millionen gesetzlich Versicherten, die als pflegebedürftig im Sinne der sozialen Pflegeversicherung galten. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie hat deutlich gemacht, dass die gesundheitliche Versorgung der meist hochbetagten und multimorbiden Heimbewohnerinnen und -bewohner verbesserungsbedürftig ist. Das Wissen über die gesundheitliche Versorgung von Pflegebedürftigen speist sich aus Untersuchungen, die in der Regel auf Routinedaten der Pflege- und Krankenkassen basieren. Nach Ergebnissen des Pflege-Reports 2021 hatte in den Jahren 2019 und 2020 zwar fast jede pflegebedürftige Person (96 Prozent) zumindest einmal Kontakt mit einer Vertragsärztin oder einem Vertragsarzt. Doch in beiden Jahren wurde demnach für fast 30 Prozent der Menschen in ambulanter und stationärer Langzeitpflege kein fachärztlicher Kontakt registriert. Ein Beispiel für die fachärztliche Unterversorgung von Pflegeheimbewohnenden: Bei 43 Prozent von ihnen lag im Jahr 2020 ein Diabetes Typ 1 oder 2 vor. Die Leitlinien empfehlen eine jährliche augenärztliche Untersuchung für Menschen mit Diabetes. Doch nach Ergebnissen des Pflege-Reports 2021 hatten im Jahr 2020 nur 8,4 Prozent der in Pflegeheimen lebenden Menschen – mit und ohne Diabetes – Kontakt zu einer Augenärztin oder einem Augenarzt.
Große regionale Unterschiede
Das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) hat mit den Ergebnissen von „QCare – Routinedatenbasierte Qualitätsindikatoren in der Pflege“ im vergangenen Jahr aufgezeigt, wie heterogen die Versorgungsqualität in Pflegeheimen ist. Im QCare Qualitätsatlas Pflege lassen sich regionale Unterschiede aufdecken. Beispielsweise bei der Dauerverordnung von Benzodiazepinen und ähnlichen Schlaf- und Beruhigungsmitteln reicht die Spanne der Verordnungsraten bei Heimbewohnern im Jahr 2021 von 0,75 Prozent bis 25,2 Prozent (ohne Privatrezepte). In Nordrhein-Westfalen und im Saarland sind die Raten überproportional häufig hoch. In Ostdeutschland liegen sie hingegen fast durchgängig unter dem Bundesdurchschnitt. Bei der Häufigkeit der Krankenhausaufenthalte aufgrund von Austrocknung bei Heimbewohnern mit Demenz sind die regionalen Unterschiede ebenfalls groß. Kreise mit hohen Raten finden sich vor allem im Osten Bayerns, in Niedersachsen, im Süden von Rheinland-Pfalz sowie in Nordrhein-Westfalen.
An Schnittstellen der Versorgung ansetzen
Ob die Menschen in den Heimen gut versorgt würden, hänge nicht allein von den Pflegekräften ab, erläutert Susann Behrendt vom Forschungsbereich Pflege des WIdO. „Eine Qualitätssicherung, die ausschließlich der Leistungserbringung nach dem SGB XI verhaftet ist, wird der Versorgungswirklichkeit nicht gerecht.“ Vielmehr werde die Versorgung im Pflegeheim von mehreren Professionen erbracht. Daher setzten die Indikatoren von QCare an den Schnittstellen der ärztlich-pflegerischen Versorgung, der Arzneimittelversorgung und der Hospitalisierung an. Es gehe mithin um berufsgruppenübergreifende Prozesse, betont WIdO-Expertin Behrendt.
Basis für Verbesserungen
Warum in manchen Regionen eine vergleichsweise bessere Versorgung realisiert wird als in anderen, lässt sich aus den Berechnungen des QCare Qualitätsatlas Pflege nicht ablesen. Ist es Personalmangel in Heimen, unzureichende Kooperation mit Ärztinnen und Ärzten oder ein Mangel an Medizinern, die Heimbesuche machen? Die Ergebnisse des QCare Qualitätsatlas Pflege sollen, so das Ziel, Anlass geben, „nicht nur mit Pflegeeinrichtungen, sondern auch mit Vertragsärzten, Krankenhäusern, Apotheken und Kommunen ins Gespräch zu kommen“, sagt Behrendt. Für QCare könne auf die Abrechnungsdaten der AOK-Pflege- und Krankenkassen zurückgegriffen werden. Mit diesem Datenschatz lässt sich die Versorgung von knapp der Hälfte aller Pflegeheimbewohnenden in Deutschland abbilden.
Datengrundlage schaffen
Das vom Innovationsfonds geförderte Projekt „LTCSurv – Concerted Action on Long-Term Care Health Surveillance“ hat ebenso zum Ziel, die ärztliche Versorgung in Pflegeheimen zu verbessern. Aus den meisten Studien gehe nicht hervor, inwieweit eine fachärztliche Über- oder Unterversorgung bestehe, erläutert Christian Hering vom Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft der Charité, das die Koordination des Projekts innehat. „Oftmals wird die tatsächliche Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen nicht ins Verhältnis zum individuellen Versorgungsbedarf gesetzt“, berichtet Hering. Die bloße Zahl an Arztkontakten spiegele die tatsächliche Versorgungsqualität nicht wider.
Für LTCSurv wird auf ambulante Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) in Hessen, Nordrhein und Schleswig-Holstein zurückgegriffen. Auf diesem Wege kann die Versorgung von rund 175.000 Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohnern untersucht werden. „Ein Vorteil der KV-Daten für ein potenzielles Surveillance-System ist, dass wir nicht nur die bei einer einzigen Krankenkasse versicherten Heimbewohner erfassen können“, erläutert Charité-Experte Hering.
Kritik an Heimarzt-Regelung
In der Vergangenheit hat sich der Gesetzgeber darauf beschränkt, Anreize zu setzen, damit Vertragsärzte und Pflegeheime zusammenfinden. In mehreren Anläufen schuf er zunächst die Möglichkeit für Pflegeheime, Verträge mit einzelnen Ärzten zu schließen. Mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz ist im Jahr 2019 dann aus der bisherigen Soll- eine Muss-Regelung geworden: Heime müssen nach Paragraf 119b Sozialgesetzbuch (SGB) V Kooperationsverträge mit Vertragsärzten schließen. Im Jahr 2022 haben 15.800 Ärztinnen und Ärzte an dieser Form der Pflegeheimversorgung teilgenommen und kooperierten dazu mit knapp 10.000 Pflegeheimen.
Die Bundesregierung hat im Februar 2024 ein durchweg positives Fazit dieser Entwicklung gezogen. Die Zahlen von 2022 entsprächen einem Anstieg von 93 Prozent im Vergleich zum Stand von 2018, heißt es in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage im Bundestag. Aus „fachlicher Sicht“ bedürfe es daher derzeit „keiner weiteren Maßnahmen“, so die Regierung. Doch die an der Versorgung Beteiligten sehen die Situation skeptisch: Die Institution des „Heimarztes“ habe sich angesichts knapper ärztlicher Ressourcen und der freien Arztwahl in Pflegeheimen als „nicht praktikabel und unwirtschaftlich“ erwiesen, heißt es in einem Positionspapier der Kassenärztlichen Bundesvereinigung aus dem Jahr 2018. Fraglich ist der Erfolg dieses Ansatzes auch deshalb, weil er zwar die „Heimärzte“ enger an die Einrichtungen bindet, die strukturellen Herausforderungen der Heimversorgung aber nicht adressiert – so beispielsweise den Aufbau von Teamstrukturen.
Mundgesundheit von Menschen im Pflegeheim
Rund ein Drittel der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland benötigt laut der fünften Deutschen Mundgesundheitsstudie Unterstützung bei der Mundpflege. Der sechste Pflegequalitätsbericht des Medizinischen Dienstes Bund ergab, dass dies sogar auf 60 Prozent der Bewohner von stationären Pflegeheimen zutrifft. Die Förderung der Mundgesundheit gilt „als eine wesentliche Aufgabe professionell Pflegender“, heißt es in einem im November 2023 erschienenen gemeinsamen Papier („Mundgesundheit bei pflegerischem Unterstützungsbedarf“) des Deutschen Pflegerats (DPR) und der Bundeszahnärztekammer (BZÄK).
Bei der zahnmedizinischen Versorgung im Pflegeheim bestehen analoge Probleme wie bei der Versorgung durch Haus- und Fachärzte. Zwar betont die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV), Ende 2022 habe es bundesweit 6.533 Kooperationsverträge zwischen Zahnärzten und Pflegeheimen gegeben. Das seien, trotz der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie, rund 350 Verträge mehr gewesen als ein Jahr zuvor. „Das zeigt, dass Zahnärztinnen und Zahnärzte die Möglichkeit, Kooperationen mit Pflegeeinrichtungen zu schließen, in verstärktem Maße nutzen und vulnerable Gruppen bestmöglich versorgen“, heißt es von Seiten der KZBV. Indes belegen Studien, dass die Inanspruchnahme zahnmedizinischer Leistungen bei dieser Gruppe niedriger ist als bei Nicht-Pflegebedürftigen – ein Indiz für eine zahnmedizinische Unterversorgung. Denn laut Mundgesundheitsstudie sind 60 Prozent der Menschen mit Pflegebedarf nicht mehr in der Lage, eigenständig einen Zahnarzttermin zu organisieren und dann auch die Praxis aufzusuchen.
Im gemeinsamen Papier von DPR und BZÄK werden daher wichtige „Schnittstellen“ für eine bessere Versorgung beschrieben. Beide Verbände setzen sich dafür ein, die Kooperation zwischen Zahnärzten und Pflegeeinrichtungen, Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderungen, Pflegediensten und Krankenhäusern zu verbessern, heißt es in dem Papier. Eine weitere Schnittstelle besteht in der Wissensvermittlung. Die Landeszahnärztekammern bieten dazu ihre Expertise bei der Schulung und Fortbildung von Pflegekräften an. In allen Pflegesettings – ambulant und stationär – solle es regelmäßige Fortbildungen rund um die Mundgesundheit geben. Schließlich enthält die Schnittstelle zur Gesundheitspolitik noch viele offene Baustellen. SPD, FDP und Grüne hatten in ihrem Koalitionsvertrag 2021 ein „konkretes Maßnahmenpaket“ zur Alterszahngesundheit angekündigt – doch die Umsetzung steht bis dato aus.
Text: Florian Staeck
Ressourcen optimal nutzen
Auch Praktiker wie Claus Bölicke, Leiter der Abteilung Gesundheit/Alter/Behinderung beim Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt (AWO), hält Kooperationsverträge nach dem Muster von Paragraf 119b nicht für sinnvoll. Hier solle der Vermieter von Wohnraum – das Pflegeheim – dafür haftbar gemacht werden, dass die ärztliche Versorgung funktioniert. „Das Heim ist nicht der Garant für die ärztliche Versorgung. Wenn Vertragsärzte ihren Versorgungsauftrag nicht erfüllen, dann sollte dieser Auftrag eigentlich an die KVen beziehungsweise danach an die Krankenkassen zurückfallen – und nicht ans Heim“, fordert er. Aus seiner Sicht ist die „gleichbleibend geringe Bereitschaft von Haus- und Fachärzten, Besuche im Pflegeheim zu machen, eines der größten Probleme bei der Heimversorgung“.
Spiegelbildlich kommentiert der Hausärztinnen- und Hausärzteverband in Baden-Württemberg die aktuelle Versorgungslage in den Heimen – diese sei „herausfordernd“, sagt Co-Vorsitzende Dr. Susanne Bublitz. „Obwohl die Praxen derzeit noch unter erheblichem Einsatz die Versorgung weitgehend sicherstellen, stellt sich die Frage, wie lange dies noch geleistet werden kann“, berichtet sie. In Heimen, in denen der Versorgungsbedarf besonders hoch sei, zeige sich der Ressourcenmangel zuerst. Der Gesetzgeber habe zwar versucht, diesem Trend durch zusätzliche Vergütungen bei der Heimversorgung gegenzusteuern. Doch die Versorgung leide an einem Fachkräftemangel, „der weder auf Pflegeseite noch auf Hausärzteseite durch eine extrabudgetäre Vergütung gelöst wird“, stellt Bublitz klar. Bei der Versorgung von Menschen im Pflegeheim sei ein Umdenken geboten: „Der Fokus sollte darauf liegen, wie ärztliche Ressourcen optimal eingesetzt werden können.“ Die Versorgung müsse in multiprofessionellen Teams auf Augenhöhe erfolgen. Ihre Vorstandskollegin Professorin Nicola Buhlinger-Göpfarth ergänzt: „Der Schlüssel liegt in der koordinierten Kooperation. Die Versorgung muss noch mehr gemeinsam erfolgen und die Zusammenarbeit muss klar abgestimmt werden.“
Televisite stärkt Vernetzung
Wie sich die Versorgung verbessern lässt, sollen Modellprojekte zeigen, teils vom Innovationsfonds unterstützt oder in Form von regionalen Einzelverträgen. Ein Beispiel dafür ist die telemedizinische Versorgung von Patienten im Pflegeheim. Per Online-Visite wird im Rahmen des Selektivvertrags „VisitOn“ seit Mitte 2023 erprobt, wie sich via Telemedizin die Kompetenz der Pflegekräfte mit der medizinischen Expertise des Arztes oder der Ärztin zusammenführen lässt. Die AOK Rheinland/Hamburg kooperiert dazu mit elf Pflegeheimen. Einbezogen sind knapp 1.000 Heimbewohner und 13 Hausarztpraxen im Kreis Euskirchen in Nordrhein-Westfalen. Der Vertrag regelt insbesondere die Vergütung für den Einsatz und Betrieb der notwendigen Technik in den Heimen. Das dort eingesetzte „TeleDoc-Mobile“ mit fernsteuerbarer Kamera ermöglicht beispielsweise EKG-Messung, Blutdruck- und Blutzuckermessung sowie telemedizinische Auskultationen (Abhorchen). Messdaten, ärztliche Anordnungen und Behandlungen erfasst eine Software, die dem Telearzt und der Pflegekraft zur Verfügung steht, berichtet Werner Haag, Bereichsleiter Leistungen der AOK Rheinland/Hamburg. Die Abläufe der Online-Visiten hätten sich gut eingespielt, sagt Haag. Die Vernetzung zwischen Arztpraxen und Heimen werde verbessert, „dadurch wird die Zusammenarbeit gestärkt und Vertrauen aufgebaut“.
Nach vorläufigen Zahlen ließen sich durch regelmäßige Telekonsultationen zusätzlich zu den Hausbesuchen die Zahl der Krankenhauseinweisungen um 30 bis 40 Prozent reduzieren. Die Versorgungsqualität steige, da unnötige Einweisungen und belastende Ortswechsel vermieden werden könnten, erläutert Haag. Angesichts der Herausforderungen durch demografische Entwicklung und Fachkräftemangel leisteten digitale Ansätze wie die Televisite hier „wertvolle Unterstützung“, so sein Resümee.
Assistentinnen einbinden
Auch Strukturverträge mit Ärztenetzen helfen, die Gesundheitsversorgung von Heimbewohnern zu verbessern. Bereits seit dem Jahr 2014 sind in Westfalen-Lippe GKV-weit Pflegeheimstrukturverträge mit sechs Ärztenetzen geschlossen worden, und zwar in den Regionen Bünde, Lippe, Marl, Münster, Siegen und Unna. Angesichts der dabei gemachten positiven Erfahrungen hat die AOK NordWest eigene, gleichlautende Verträge mit Netzen in Bielefeld, Steinfurt und Rheine geschlossen. Die Einbindung von Ärztenetzen soll im Vergleich zu Verträgen mit einzelnen Ärzten die Kontinuität der Versorgung erhöhen. 304 Ärzte in neun Praxisnetzen versorgen im Rahmen des Vertrags mehr als 1.600 Heimbewohner.
Der Pflegeheimstrukturvertrag sehe eine „proaktive, nicht nur anlassbezogene Versorgung vor“, erläutert Bernd Marchlowitz, Bereichsleiter Ambulante Versorgung bei der AOK NordWest. Dabei verpflichten sich die Versorgerteams bei jedem teilnehmenden Heimbewohner je Quartal zu drei persönlichen Besuchen ohne konkreten Behandlungsanlass. Zwei dieser drei Besuche könnte dabei eine beim Ärztenetz angestellte „Entlastende Versorgungsassistentin (EVA)“ übernehmen. Dabei handelt es sich in der Regel um eine nichtärztliche Praxisassistentin, examinierte Krankenschwester oder Pflegefachkräfte. „Die knapp bemessene Arztzeit kann durch die EVA sinnvoll kompensiert werden – beispielsweise durch nicht-anlassbezogene Gespräche mit den Heimbewohnern oder durch die Kontrolle des Medikationsplans“, so Marchlowitz. Erkennt die EVA, dass ein Facharztbesuch geboten ist, koordiniert sie diesen Termin in Abstimmung mit dem Hausarzt. Die AOK NordWest beobachtet nach Angaben von Marchlowitz, dass die Ausgaben bei Krankenhausleistungen um zehn bis 15 Prozent im Vergleich zur Kontrollgruppe sinken. Bei den Krankenhaustagen betrage der Rückgang sogar 15 bis 20 Prozent.
Reha in der Pflege
Ein weiterer Ansatz zur Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung in der stationären Langzeitpflege ist ein rehabilitatives Pflegekonzept. Das vom Innovationsfonds geförderte Projekt „SGB Reha – Sektorenübergreifende gerontopsychiatrische Behandlung und Rehabilitation in Pflegeheimen“ solle dazu beitragen, von der defizitorientierten Pflege wegzukommen, sagt Christian Wehner, Bereichsleiter Gesundheitsmanagement der AOK Rheinland/Hamburg. Die Reha-Angebote für Menschen mit Pflegebedarf seien nur lückenhaft, konstatiert Wehner.
Statt auf Defizite zu schauen, setze SGB Reha bei den vorhandenen Ressourcen des pflegebedürftigen Menschen an und versuche, diese Fähigkeiten zu stärken. Die am Projekt teilnehmenden Bewohner in zwölf Heimen in Nordrhein-Westfalen und Hamburg erhalten beispielsweise Musik- und Kunsttherapie sowie über den gesetzlichen Rahmen hinausgehende Physio- und Ergotherapie. Kern des Ansatzes sind regelhafte Fallbesprechungen im multiprofessionellen Team, heißt es. „Wir sehen große Potenziale für den rehabilitativen Pflegeansatz“, sagt Wehner. Ziel sei ein positives Votum des Gemeinsamen Bundesausschusses bei der Evaluation. „Allerdings wird dann noch über die Finanzierung des neuen Ansatzes über die bestehenden Sektorengrenzen von SGB V und XI hinaus zu verhandeln sein“, skizziert er die Perspektiven.
Qualität bleibt Lotteriespiel
So sehr diese Projekte positive Entwicklungen anstoßen können, so unklar bleibt bisher, wie die Ergebnisse flächendeckend ausgerollt werden können. In vielen Fällen dürfte erst durch die geförderten Vorhaben eine Qualität der Betreuung von Heimbewohnern erreicht werden, die der Standard in der Regelversorgung sein sollte.
Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber bisher keine systematischen Lösungsansätze erkennen lässt, wie eine strukturelle Neuausrichtung der Gesundheitsversorgung für Menschen im Pflegeheim aussehen könnte. Daher könnte die Qualität der Versorgung für Bewohner wie für Angehörige – wie es die Ergebnisse von QCare nahelegen – noch längere Zeit eine Postleitzahlen-Lotterie bleiben.
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