Blickwinkel Versorgung

Kommission auf dem falschen Weg

24.07.2024 Klaus Jacobs 3 Min. Lesedauer

Jacobs' Weg: Zur Überwindung der Sektorengrenzen empfiehlt die Krankenhaus-Regierungskommission zentrale Einheitsregelungen in Bund und Ländern. Gefragt ist aber mehr dezentrale Flexibilität.

Foto: Auf einer Holzplatte stehen mehrere Holzspielfiguren, getrennt von einer roten Linie.
In Deutschland gibt es seit Jahrzehnten besonders starre Sektorengrenzen zwischen der ambulanten und stationären Versorgung.

Im Mai 2024 hat die 17-köpfige „Regierungskomission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“ ihre zehnte Stellungnahme vorgelegt. Darin geht es um die Überwindung der in Deutschland besonders starren Sektorengrenzen, primär zwischen der ambulanten und stationären Versorgung. Dies ist seit Jahrzehnten als zentrales Erfordernis zur Verbesserung von Qualität und Effizienz der Versorgung bekannt. Doch genauso lange hat sich an der Abschottung der Sektoren nicht viel verändert. Hauptgrund: Priorität in der Gesundheitspolitik hat nicht der Versorgungsbedarf aus Patientensicht, sondern die Besitzstandswahrung der sektoral aufgestellten Leistungserbringer.

„Vertragssteuerung scheint der Kommission weithin unbekannt.“

Prof. Dr. Klaus Jacobs

Volkswirt und ehemaliger Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO)

Foto: Porträtbild von Prof. Dr. Klaus Jacobs, Volkswirt und ehemaliger Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO)
Prof. Dr. Klaus Jacobs, Volkswirt und ehemaliger Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO)

Leider wird man den Verdacht nicht los, dass das auch ein Stück weit für die Regierungskommission gilt. Bei konsequenter Patientenorientierung hätte sie bestimmte Ausprägungen der Sektoralisierung wenigstens problematisieren müssen, deren medizinischer und ökonomischer Sinn sich keinem Patienten erschließen dürfte. Etwa, dass die nachstationäre Behandlung im Krankenhaus im Regelfall bis zu zwei Wochen nach der Entlassung auf maximal sieben Tage begrenzt ist. Oder dass Patienten für bestimmte Therapien, zum Beispiel zur Krebsbehandlung, ins Krankenhaus müssen, weil diese für die ambulante Ver-sorgung nicht genehmigt sind.  

Zudem stellt die Regierungskommission bestehende unflexible Regelungen nicht etwa grundsätzlich in Frage, sondern setzt sogar auf noch mehr zentrale Plan- und Kollektivwirtschaft. Das Potenzial der für die gesetzliche Krankenversicherung prägenden Vertragssteuerung – ob einheitlich oder wettbewerblich – scheint ihr weithin verborgen. Sonst käme sie kaum auf die Idee, mit der Ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) ausgerechnet eine Versorgungsform zum Ausbau zu empfehlen, deren hochbürokratisches Einheitsregime es schon mehr als zehn Jahre verhindert, dass die Versorgung der betreffenden Krankheiten überall in Deutschland verbessert wird. Doch wenn der zuständige Bundesgesundheitsminister kein Freund von dezentralen und flexiblen Regelungen ist, gilt dies offenbar auch für seine Regierungskommission. Schade eigentlich!

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