G+G-Wissenschaft: Die Weichen jetzt richtig stellen
Kaum etwas ist so persönlich wie unsere Gesundheitsdaten. Wer sie wann und wie einsehen darf, kann bisweilen über Leben und Tod entscheiden. Nun will die Europäische Union einen riesigen Gesundheitsdatenraum schaffen. Wie sollte der aussehen?
„Deutschland sucht den Impfpass“. Mit dieser Kampagne rief die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ab 2012 zu Masern- und anderen Impfungen auf. Wenn es denn mal nur um den Impfpass ginge! Deutschland sucht ja nicht nur den, sondern auch viele andere Informationen zum eigenen Gesundheitszustand: das Zahnbonusheft, die alte Röntgenaufnahme von der Lunge, die MRT-Bilder der Bandscheiben von vor zehn Jahren oder den aktuellen Medikationsplan der betreuungsbedürftigen Tante. Alles hat ein anderes Format und landet deswegen zumindest bei der Autorin dieser Zeilen an unterschiedlichen Orten – vom Aktenordner (Bonusheft) über die unterste Schreibtischschublade (MRT-CD) bis zum Fußboden unterm Regal in der Abstellkammer (überdimensionale Röntgenbilder).
Bei Notfällen wertvolle Zeit sparen
Befriedigend ist diese Situation nicht, weder für Patienten noch für behandelnde Ärzte. Deswegen dürfen die Versicherten ja auch seit 2021 die elektronische Patientenakte nutzen, in der eine Menge Informationen gesammelt werden können. Das kann insbesondere – aber eben nicht nur – bei Notfällen wertvolle Zeit sparen, weil es die Gefahr von Doppeluntersuchungen senkt, weil es Daten über andere Krankheiten und Unverträglichkeiten schnell geteilt werden können und vieles mehr. Unproblematisch ist ein schneller Zugang zu solch sensiblen Informationen aber natürlich auch nicht – schließlich gibt es genug Daten, die nur eine handverlesene Auswahl an Menschen in einem klar geregelten Verfahren einsehen können sollten.
EU-Kommission plant Europäischen Gesundheitsraum
Unsere Gesellschaft diskutiert nicht zufällig schon seit Jahren über informationelle Selbstverwaltung. Sie hat bald auch noch mehr Grund dazu, denn die EU-Kommission plant den sogenannten Europäischen Gesundheitsraum (European Health Data Space). Der soll zum einen die Behandlungen von Patienten im EU-Binnenraum erleichtern, zum anderen aber auch die Versorgungsforschung voranbringen. Die Arbeiten an dem Projekt haben Signalcharakter, denn sie könnten die Blaupause für weitere europäische Datenräume sein, beispielsweise für Steuerangelegenheiten.
Wie aber gestaltet man den Europäischen Gesundheitsdatenraum richtig aus? Was plant die EU-Kommission jetzt bereits, wo gibt es noch Baustellen, wo kollidieren Interessen? Das hat die G+G-Wissenschaftsredaktion von den Autoren der aktuellen Ausgabe wissen wollen. Wir haben dabei bewusst Menschen mit unterschiedlichen Schwerpunkten gefragt. Die erste Analyse vergaben wir an drei Autorinnen, die uns einen Überblick über den Sachstand geben sollten, die aber auch hervorragend über technische Details Bescheid wissen. Die zweite Analyse ist aus der Perspektive der Versorgungsforschung geschrieben – prominent besetzt mit Wissenschaftlern, die dieses Thema seit Jahren bearbeiten. Der Autor der dritten Analyse nimmt in investigativen Beiträgen schon seit einigen Jahren immer wieder ganz bewusst den Standpunkt des Patienten ein. Auch wenn der Europäische Gesundheitsdatenraum bisher noch nicht existiert, er wird in einigen Jahren prägen, wie wir versorgt werden, und er wird dabei auch beeinflussen, wie wir uns selbst wahrnehmen. Wichtig ist daher, die Weichen jetzt richtig zu stellen.
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