Neues aus der Uni
In der Rubrik „Neues aus der Uni“ stellt G+G Institute und Lehrstühle vor. Dieses Mal mit drei Fragen an Prof. Dr. Susanne Singer, Leiterin der Abteilung „Epidemiologie und Versorgungsforschung“ am Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI), Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
„Politikberatung ist wichtig, wird aber zu wenig gewürdigt“
Frau Professorin Singer, was ist derzeit Ihre wichtigste wissenschaftliche Fragestellung?
Prof. Dr. Susanne Singer: In unserer Abteilung laufen derzeit 20 verschiedene Drittmittelprojekte; hinzu kommen die kürzlich abgeschlossenen Studien, bei denen jetzt die Publikationen erstellt werden – hier eine einzelne Fragestellung herauszugreifen ist schwierig.
Lassen Sie mich zwei nennen: 1. Wie geht es Krebserkrankten nach ihrer Behandlung? Welche Spätfolgen sind typisch? Gibt es diesbezüglich Risikofaktoren?Dazu führen wir mehrere multinationale Studien durch, gefördert durch die European Organisation for Research and Treatment of Cancer und die EU. 2. Wie wirken sich Gesetzesänderungen auf die ambulante psychotherapeutische Versorgung aus? Der Innovationsfonds förderte beziehungsweise fördert hierzu drei große bundesweite Projekte, bei denen wir die Konsortialführung innehaben.
Zur Person
Prof. Dr. Susanne Singer studierte in Leipzig und Nijmegen/Niederlande Psychologie und Epidemiologie an der London School of Hygiene and Tropical Medicine. Sie ist außerdem approbierte Psychologische Psychotherapeutin. Singer hat seit 2012 die Professur für Epidemiologie und Versorgungsforschung an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz inne. Seit 2019 ist sie stellvertretende Direktorin des dortigen Instituts für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI).
Wie fördern Sie die Kooperation wissenschaftlicher Disziplinen und die Netzwerkbildung?
Prof. Dr. Singer: Bei unserer Arbeit legen wir großen Wert auf einen kontinuierlichen wechselseitigen Austausch von Forschung und Praxis. So können a) klinisch relevante Forschungsfragen formuliert werden und b) Studienergebnisse schneller in die klinische Praxis Eingang finden. Ein weiteres Merkmal unserer Arbeit ist die multi- und transdisziplinäre Arbeitsweise sowohl in Verbundprojekten als auch innerhalb des eigenen Teams.
Dies erfordert zwar häufig „Übersetzungsarbeit“ zwischen den Professionen, sorgt aber durch die verschiedenen Perspektiven und die reichere Wissensbasis für fokussierte Fragestellungen und bessere Implementationsfähigkeit von Studienergebnissen. Dadurch kann letztlich ein größerer Impact für Betroffene und die Gesellschaft erreicht werden. In unserer Abteilung sind ganz verschiedene Expertisen vertreten: neben der Epidemiologie auch Anthropologie, Psychotherapie, Psychoanalyse, Ernährungswissenschaften, Gesundheitsökonomie, Statistik, Wirtschaftswissenschaften, Krankenpflege und Informatik.
In Forschung und Lehre arbeiten wir regelmäßig fächerübergreifend innerhalb der Medizin, aber auch darüber hinaus mit Vertreterinnen und Vertretern anderer Gesundheitsfachberufe (zum Beispiel Ergotherapie, Psychiatrische Pflege) und der Sozialen Arbeit sowie mit natur-, gesellschafts- und geisteswissenschaftlichen Institutionen, je nach Forschungsfrage.
Forschungsschwerpunkte:
- Lebensqualität in der Onkologie
- Umweltepidemiologie
- Versorgungsforschung, vor allem im Bereich ambulante psychosoziale Versorgung
- Evidenzbasierte Medizin und Psychotherapie
Jahresetat:
Die Grundausstattung beträgt 150.000 Euro pro Jahr für Sach- und Personalmittel, der Rest (das heißt um die 750.000 Euro jährlich) muss über Drittmittel eingeworben werden.
Zahl und Qualifikation der Mitarbeitenden:
- 1 Universitätsprofessorin
- 9 wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
- 6 studentische Hilfskräfte
Kontaktdaten:
Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik
Abt. Epidemiologie und Versorgungsforschung
55101 Mainz
Telefon: 06131 17-5835
E-Mail: singers(at)uni-mainz.de
Web: Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik, Universitätsmedizin Mainz
Ist die Politik gut beraten, wenn sie auf die Wissenschaft hört?
Prof. Dr. Singer: Ja – und das tut sie ja auch. Der Bevölkerung ist oft nicht bekannt, wie viele Politikberatungen durch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stattfinden. Nach meinem Eindruck ist das in Deutschland, Europa und auch auf UN-Ebene ziemlich gut etabliert. Nicht alles davon kann natürlich politisch umgesetzt werden, da Politik auch andere Aspekte berücksichtigen muss (zum Beispiel Minderheitenschutz, Interessensausgleich und Umsetzbarkeit).
Ich finde aber interessant, dass Sie die Frage nicht anders herum gestellt haben: Ist die Wissenschaft gut beraten, wenn sie die Politik berät? Dazu wäre meine Antwort nicht so eindeutig gewesen. Ich finde Politikberatung und Tätigkeit in entsprechenden Gremien sehr wichtig, damit die Studienergebnisse letztlich in die Praxis Einzug finden können. Diese Arbeit ist jedoch sehr zeitintensiv und wird im Wissenschaftskontext viel zu wenig gewürdigt. Man muss sich also gut überlegen, ob man diese Zeit investieren kann und will.
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