Beratungsanspruch für pflegende Angehörige
Ivor Parvanov von der AOK Bayern zeigt im Gespräch Wege zur Stärkung pflegender Familienmitglieder auf.
Herr Parvanov, die Pflege bleibt Dauerbaustelle. Neben Fragen der Finanzierung rücken zunehmend auch die vielen Probleme der pflegenden Angehörigen in den Fokus …
Ivor Pavarnov: Zu Recht. Mehr als 80 Prozent der pflegebedürftigen Menschen werden von ihren Angehörigen – teils mit Unterstützung von ambulanten Pflegediensten – zu Hause versorgt.
Dabei stoßen diese privaten Pflegepersonen zunehmend an ihre Grenzen, wie eine aktuelle repräsentative Umfrage im Auftrag der AOK Bayern zeigt. So fühlen sich mehr als 75 Prozent der Befragten durch die psychischen Herausforderungen der Angehörigenpflege stark bis sehr stark belastet. Das muss uns wirklich Sorgen machen und wir nehmen das entsprechend ernst.
Wo sehen Sie Entlastungsmöglichkeiten für die pflegenden Angehörigen?
Pavarnov: Bisher haben nur Pflegebedürftige Anspruch auf eine Beratung. Die AOK Bayern bietet seit Anfang des Jahres eine erweiterte Pflegeberatung, um auch An- und Zugehörige bei ihren Bedürfnissen in einer Pflegesituation zu unterstützen. Wir möchten Pflegende damit gesundheitlich stärken und zugleich die Chancen verbessern, dass Pflegebedürftige so lange wie möglich in ihrem häuslichen Umfeld bleiben können. Das hat sehr viel mit Lebensqualität zu tun.
Kann das ein Modell für ganz Deutschland sein?
Pavarnov: Wir meinen schon. Wir setzen uns deshalb für einen gesetzlich verankerten Beratungsanspruch für pflegende Angehörige ein. Wir machen uns auch dafür stark, dass im Rahmen der jetzt möglichen Innovationsbudgets skalierbare Modellvorhaben entstehen, welche die familiäre und gesellschaftliche Bereitschaft zur Übernahme von Pflegeaufgaben fördern.
Immerhin stehen jährlich 100 Millionen Euro für Modellvorhaben von Pflegekassen, Ländern und Kommunen zur Verfügung. Das Geld sollten wir für innovative Projekte in der Pflege nutzen.
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