Blickwinkel Gesundheitssystem

Kommentar: Das klappt nicht mehr

16.10.2024 Christian Geinitz 2 Min. Lesedauer

Da die Regierung im Wahlkampf niemandem wehtun möchte, sind große Reformen unwahrscheinlich. Ein Kommentar von Christian Geinitz.

Ein Pfleger schiebt ein Bett den Flur der Notaufnahme eines Krankenhauses entlang.
Das Gesundheitswesen ist von Beharrungskräften geprägt, die Reformen erschweren.
Foto: Dr. Christian Geinitz, Wirtschaftskorrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Dr. Christian Geinitz, Wirtschaftskorrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

Karl Lauterbach hat noch viel vor. Der Bundesgesundheitsminister von der SPD plant im letzten Jahr der Legislatur mindestens neun große Gesetzesvorhaben. In der Pipeline befinden sich etwa die Novellen zur Stärkung der Öffentlichen Gesundheit, zur Pflegekompetenz, zur Pflegefachassistenz, zum Gesunden Herzen, zur Notfallversorgung, zur Digitalagentur, zur Apothekenreform, zur Gesundheitsversorgungsstärkung und zur Klinikreform. 

Die Projekte sind meist ehrenwert und bauen auf bereits beschlossenen Gesetzen auf wie jenen zur Digitalisierung und zum Klinikatlas. Viele dieser Vorhaben zielen zurecht auf Effizienzsteigerungen und die Patientensteuerung: Kliniken leiden unter Patientenschwund, während Praxen und Notaufnahmen überlastet sind. Bei der Altenpflege bremsen hohe Eigenanteile in der stationären Betreuung, der Fachkräftemangel trotz Gehaltserhöhungen und die schwindende Zahl von Anbietern.

„Die Gefahr ist, dass Reformen verschoben oder verwässert werden.“

Dr. Christian Geinitz

Wirtschaftskorrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

Das Gesundheitswesen ist von Beharrungskräften geprägt, die Reformen erschweren. Auch jetzt stellen sich mächtige Akteure wie Länder, Verbände und Krankenkassen quer. Ihre Bedenken müssen gehört werden, dürfen aber nicht zulasten von Patienten, Pflegebedürftigen, Beitrags- und Steuerzahlern gehen. Das Hauptproblem ist nicht Geldmangel, Deutschland gibt pro Kopf mehr aus als die meisten Länder, sondern die ineffiziente Mittelverteilung. Echte Veränderungen erfordern Einschnitte: Abbau von Privilegien für Mediziner und Apotheker, Schließung von Krankenhäusern, Einschränkung der Arztwahl, Konsolidierung der Krankenkassen.

Es ist unwahrscheinlich, dass Lauterbach den Beteiligten im Wahlkampf etwas wegnehmen wird. Daher besteht die Gefahr, dass die Reformen verschoben oder verwässert werden. Beides wäre verhängnisvoll für die  Zukunftsfähigkeit des Gesundheitswesens.

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