Zeitschriftenschau
In jeder Ausgabe kuratiert G+G Beiträge aus Fachzeitschriften und gibt einen Einblick in den aktuellen Stand von Forschung und Wissenschaft.

Elektronische Patientenakte: Widerspruchslösung braucht Rechtsgrundlage
Bisher sollte die Verwendung der elektronischen Patientenakte (ePA) der vorherigen Zustimmung des Versicherten bedürfen. Um die Anwenderzahl zu erhöhen, wird nunmehr die Widerspruchslösung favorisiert, das heißt, Versicherte müssen aktiv widersprechen (Opt-Out-Modell). Der Jurist Dr. Carsten Dochow von der Bundesärztekammer geht der Frage nach, inwieweit die strafrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Schweigepflicht damit im Einklang stehen. Wegen der bereits bestehenden Offenbarungspflichten und -befugnisse sei zwar kein Ausschluss des Opt-out-Prinzips geboten. Aber wegen der Schweigepflicht bedürfe es weiterer Normklarheit.
Medizinrecht (2023) 41: 608–620 (kostenpflichtig)
Schwangerschaftsabbruch: Plädoyer für die Entkriminalisierung
Professor Hartmut Kress von der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn zeigt auf, warum der Schwangerschaftsabbruch künftig außerhalb des Strafrechts zu regeln und damit zu entkriminalisieren sei. Hierfür spreche nicht nur das Selbstbestimmungsrecht der Frau, sondern auch der abzustufende Schutz von Embryonen und Föten. Aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse sei zudem die Dreimonatsfrist für den nach der Beratung rechtswidrigen, aber straffreien Abbruch auf mindestens 20 Wochen zu verlängern.
Implantatmängel: Austausch-Operation durch anderen Arzt erlaubt
Im Fall eines Implantatmangels stellt sich dem Patienten die Frage nach seinen vertraglichen Gewährleistungsrechten. Muss er die erforderliche Revisionsoperation vom Erstbehandelnden vornehmen lassen oder kann er auch zu einem anderen Arzt gehen? Philip Buschhaus, Doktorand am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Medizinrecht der Universität München, meint ja. Das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient gebiete die Einschränkung des vertraglichen Gewährleistungsrechts. Habe der erstbehandelnde den Austausch zu vertreten, so könne der Patient die Revisionskosten als Schadensersatz verlangen.
Medizinrecht (2023) 41: 723–728 (kostenpflichtig)
Vertragsärzte: Reine Fernbehandlungen unzulässig
Der Jurist Dr. Julian Braun aus Berlin beleuchtet die Frage, ob eine Arztpraxis, die nur Fernbehandlungen durchführt, rechtlich zulässig ist oder ob ein Arzt – obwohl er sich nur auf das Angebot von Videosprechstunden beschränken möchte – stets verpflichtet ist, eine zur ambulanten Vor-Ort-Behandlung voll ausgestattete Praxis vorzuhalten. Für Privatärzte sei diese Praxisform nach dem Berufsrecht grundsätzlich zulässig. Nicht aber für Ärztinnen und Ärzte, die gesetzlich Krankenversicherte ambulant versorgen. Denn dem stehe vor allem die mit der vertragsärztlichen Zulassung verbundene Behandlungspflicht (Paragraf 95 Absatz 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch V) entgegen. Danach müssten Vertragsärzte Präsenzbehandlungen anbieten und durchführen.
Medizinrecht (2023) 41: 801–805 (kostenpflichtig)
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