Mindestalter für Social Media?
Australien erlaubt die Nutzung von Social Media neuerdings erst ab 16 Jahren, andere Länder planen ähnliche Vorgaben. Braucht auch Deutschland eine gesetzliche Regelung?
Leitplanken für Nutzung sozialer Medien formulieren
Kinder und Jugendliche haben nach der UN-Kinderrechtskonvention grundsätzlich ein Recht auf Zugang zu Medien. Sie wachsen heutzutage in einer digitalisierten Welt auf, die Nutzung sozialer Medien gehört zu ihrem Alltag. Sie tauschen in Chats und Kommentarspalten ihre Gedanken aus, organisieren sich politisch, informieren sich über für sie relevante Themen und produzieren eigenen Content. All das bedeutet digitale Teilhabe von Kindern, die – bei allen berechtigten Debatten um die Risiken sozialer Medien – nicht aus dem Blick geraten darf. Ziel muss sein, Leitplanken für die Nutzung sozialer Medien zu formulieren. So können Kinder gleichzeitig von den Chancen sozialer Medien profitieren und vor Risiken geschützt werden. Altersnachweise und damit Zugangsbeschränkungen zu bestimmten Angeboten können eine Möglichkeit sein. Wir sind im Diskurs, wie genau datensparsame Wege zur Altersverifikation aussehen können. Ein generelles Verbot sozialer Medien für Kinder unter 16 Jahren halten wir jedenfalls nicht für sinnvoll.
Diskurs um außen- und sicherheitspolitische Dimensionen erweitern
Mentale Gesundheit ist längst eine algorithmische Arena, um die global gerungen wird. Denn im 21. Jahrhundert ist Gesundheitspolitik nicht nur Wirtschafts-, Forschungs-, und Klimapolitik, sondern steht in komplexen Wechselwirkungen mit unserer Außen- und Sicherheitspolitik. Diesen Hintergrund gilt es zu berücksichtigen, wenn wir Social-Media-Verbote in Demokratien wie Indien, den USA, und nun in Australien beurteilen. Gegen kuratierte Kampagnen von Ländern wie China, Russland, Iran oder Nordkorea auf Social Media kann keine Schulklasse allein Resilienz organisieren.
Es gilt daher, den gesundheitspolitischen Diskurs auch in Deutschland um außen- und sicherheitspolitische Dimensionen zu erweitern. Dazu gehört auch zu hinterfragen, warum sich Gründer aus der digitalen Start-up-Szene und Führungskräfte aus der Digitalindustrie für Handyverbote in den Schulen ihrer Kinder einsetzen, oder wieso China eine Maximaldauer von Online-Videospielen von wöchentlich drei Stunden eingeführt hat.
Altersbeschränkungen allein sind keine Lösung
Angesichts europäischer Pläne zur Verschärfung von Altersbeschränkungen für Social Media diskutiert auch Deutschland über solche Maßnahmen. Eltern erkennen die Risiken exzessiver Nutzung wie Cybermobbing und negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit. Studien zeigen jedoch auch positive Aspekte wie soziale Vernetzung, wenn Medien verantwortungsvoll genutzt werden.
Altersbeschränkungen allein sind keine Lösung. Kinder entwickeln sich individuell, und Entscheidungen zur Mediennutzung sollten im Dialog zwischen Eltern und Kind getroffen werden. Der Bundeselternrat fordert jedoch klare gesetzliche Regelungen, um Plattformbetreiber stärker in die Verantwortung zu nehmen. Zudem mahnen wir die zügige Umsetzung des Digitalpakts 2.0 an. Medienkompetenz muss im Schulalltag gefördert werden, um Kindern einen sicheren Umgang mit sozialen Medien zu ermöglichen. Eltern sind aufgerufen, ihre Kinder aktiv zu begleiten und verantwortungsvolle Mediennutzung vorzuleben.
Alterschecks gefordert
Ob 13 Jahre zu jung ist, muss die Forschung noch beantworten. Gerade die Konfrontation mit nichtaltersadäquaten Inhalten, Desinformationskampagnen, Verlust der Privatsphäre sowie Druck durch unrealistische Körperdarstellungen machen mich aber skeptisch gegenüber der Nutzung im jungen Alter. Vielleicht ist eine Altersgrenze von 16 Jahren, wie Australien sie vormacht, zu hoch.
In jedem Fall müssen wir berücksichtigen, dass die Industrie in den vergangenen Jahren versucht hat, Produkte wie Instagram Kids zu lancieren und damit die Altersbeschränkungen nach unten zu bekommen. Mit einem Ernstnehmen der Altersbarriere von 13 Jahren würde zumindest aktuell sichergestellt, dass nicht noch jüngere Menschen auf den Plattformen unterwegs sind. Ich fordere Alterschecks, wie sie beim Eröffnen eines Online-Bankkontos üblich sind. Hier müssten Jugendliche ihren Ausweis vor der Kamera präsentieren, ebenso wie Erziehungsberechtigte, die dann in die Nutzung ihres Nachwuchs einstimmen müssten.
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