Artikel Prävention

Mitarbeiter im öffentlichen Dienst leiden unter Mehrfachbelastungen

10.06.2024 Solveig Giesecke 4 Min. Lesedauer

Wie gut der öffentliche Dienst seine Mitarbeiter vor Gesundheitsgefahren schützt, hat die Gewerkschaft Verdi durch Auswertung des Index „Gute Arbeit“ des Deutschen Gewerkschaftsbundes untersucht. Das Resultat: Prävention wird vernachlässigt und beinahe neun von zehn Befragten klagen über Mehrfachbelastungen.

Foto: Eine Frau in blauer Pflegetracht sitzt auf einem Krankenhausflur und hält sich die Hand vor das Gesicht.
Besonders die Beschäftigten im Gesundheitswesen gaben an, von Mehrfachbelastungen betroffen zu sein.

Der Arbeits- und Gesundheitsschutz in den Betrieben des Dienstleistungssektors wird trotz hoher Belastungen der Beschäftigten vernachlässigt. Dies zeigt die 17. Ausgabe der Verdi-Arbeitsberichterstattung unter dem Titel „Arbeitsbelastung hoch, Arbeitsschutz mangelhaft" auf Basis einer Sonderauswertung der Repräsentativerhebung mit dem DGB-Index Gute Arbeit".

Nur etwa ein Drittel bestätigt regelmäßige Belastungsanalysen

Beim Thema Arbeitsbedingungen geht es um die psychische und körperliche Gesundheit des einzelnen Arbeitnehmers sowie um die Frage, was es für Kollegen, Arbeitgeber und das Solidarsystem bedeutet, wenn Arbeitnehmer ausfallen. Die Dienstleistungsgesellschaft Verdi stellt dem öffentlichen Dienst kein gutes Zeugnis aus: „Wir haben es in Deutschland mit einem von Arbeitgeberseite sträflich vernachlässigten Arbeits- und Gesundheitsschutz in den Betrieben zu tun“, fasst Rebecca Liebig, Mitglied im Verdi-Bundesvorstand, das Ergebnis der Sonderauswertung zusammen.

Trotz der Verpflichtung des Arbeitgebers, eine Gefährdungsanalyse regelmäßig durchzuführen, gaben nur 36 Prozent der Befragten an, eine regelmäßige Gefährdungsbeurteilung zu erhalten. Selbst in der öffentlichen Verwaltung würde bei weniger als der Hälfte der Beschäftigten eine Beurteilung an ihrem Arbeitsplatz vorgenommen. Dabei wäre mehr Prävention notwendig. Denn 87 Prozent der Beschäftigten sind laut Sonderstudie von Mehrfachbelastungen betroffen.

Belastungen im Gesundheitswesen besonders hoch

Die höchsten Werte gibt es demnach im Gesundheitswesen – dort gaben sogar 95 Prozent der Befragten an, mehrfach belastet zu sein. Im Bereich Erziehung und Unterricht sind es 94 Prozent. Den niedrigsten Wert weisen mit immerhin noch 74 Prozent die Beschäftigten im Bereich Finanz- und Versicherungsdienstleistungen auf.

Als belastend wurde dabei vor allem „Zeitdruck“ genannt. Mehr als die Hälfte der Befragten (52 Prozent) gab dies an. Tatsächlich werden laut Arbeitszeitbefragung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Baua) nicht nur Überstunden gemacht, es fallen auch Pausen aus. Dies geschieht mit zunehmender Anzahl an Überstunden häufiger – mit Folgen für Gesundheit und Sicherheit. Bei der Baua-Befragung gaben 35 Prozent der im öffentlichen Dienst Beschäftigten an, aus Zeitnot auf Pausen zu verzichten. Laut einer Arbeitszeitbefragung, die Verdi gerade vorstellte, verzichten sogar 42 Prozent der Beschäftigten im öffentlichen Dienst „sehr häufig oder oft“ auf Pausen, um das Arbeitspensum zu schaffen.

Fast die Hälfte der Befragten befürchtet vorzeitigen Arbeitsaustritt

Neben dem Zeitdruck wurden als Belastungsfaktoren in der Verdi-Sonderauswertung die Intensität der zu erledigenden Aufgaben, die körperliche Belastung, etwa im Bereich der Paketdienstleistungen, eine hohe Lärmbelästigung, etwa im Erziehungsbereich sowie Konflikte mit Kundschaft oder Patienten genannt. 

Nur 54 Prozent der befragten Beschäftigten im Dienstleistungssektor gehen laut Sonderauswertung davon aus, dass sie unter den aktuellen Arbeitsbedingungen bis zum gesetzlichen Rentenalter durchhalten werden.

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