Gesund bleiben – und Fußballspielen?
Mit seiner lädierten Nase sorgte der französische Nationalspieler Kylian Mbappé Mitte Juni für Schreckensbilder. Der Vorfall selbst kam nicht überraschend: Fußballerinnen und Fußballer verletzen sich häufig. Kann man den Sport zu Zwecken der Gesundheitsförderung überhaupt empfehlen? „Kommt drauf an“, sagt Sportmediziner Felix Reichl von der Berliner Charité.
Laut Statistik des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft ist Fußball die Sportart mit dem größten Verletzungsrisiko: Jeder dritte Sportunfall passiert beim Kicken. Dass der Anteil so hoch ist, liegt auch an der Popularität des Sports. Fußball ist mit Abstand der beliebteste Breitensport im Land. Mehr als 2,2 Millionen aktive Fußballerinnen und Fußballer zählte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) in der Spielzeit 2022/2023 in mehr als 24.000 Vereinen. Hinzu kommen unzählige Fans, die der Lederkugel in Parks und auf Bolzplätzen hinterherlaufen. „Fußball hat viele gute Aspekte für die Gesundheit, aber wie alle Kontaktsportarten ist er nicht ungefährlich“, sagt Felix Reichl von der Abteilung Sportmedizin an der Berliner Universitätsklinik Charité. Auch die Spielsituation und individuelle Voraussetzungen beeinflussen das Risiko.
Meistens trifft es die unteren Extremitäten
Der Sportmediziner, der den Nachwuchs und die Damen-Profis von Union Berlin betreut, hat viel Erfahrung mit den Folgen unglücklicher Zusammenstöße, Stürze, Tritte oder echter Fouls, auch bei Freizeitkickern und -kickerinnen. Die Gefahrenzone ist demnach leicht zu bestimmen: „Etwa 80 Prozent der Verletzungen betreffen die unteren Extremitäten“, sagt Reichl. Oberschenkelverletzungen seien sehr häufig, insbesondere an der hinteren Muskulatur, berichtet der angehende Orthopäde und Unfallchirurg aus dem Stand der Forschung: „An den Knien sehen wir viele Sehnenreizungen – etwa an der Patellasehne – aber auch schwere Blessuren wie Meniskus- und Kreuzbandrisse.“
Solche Verletzungen müssen häufig operiert werden und können die dauerhafte Instabilität des Gelenks nach sich ziehen. „Hinzu kommen die meistens harmloseren Verletzungen des Sprunggelenks, das sogenannte Umknick-Trauma mit Zerrung des Außenbands“, so Reichl. Relativ selten sind dagegen Knochenbrüche, sie machen laut Statistik nur drei Prozent der Verletzungen aus. Gelegentlich sorgen sogar Todesfälle beim Fußball für Schlagzeilen, immer wieder werden auch die Gesundheitsrisiken durch Kopfbälle diskutiert.
Fußballtraining ist vielseitig
Dem entgegen stehen die zweifellos positiven Wirkungen des Kickens. Wer Fußball spielt, trainiert Ausdauer, Kraft und Herz-Kreislauf-System. Je nach Intensität kann die Lauferei zur Kontrolle des Körpergewichts beitragen. Wer im Park mit Freunden oder Familie kicken geht, sollte kaum Probleme haben, so Reichl. Heikel werde es im Freizeitfußball, wenn aus Spiel Ernst wird: „Vor allem Punktspiele treiben im Amateurbereich die Unfallbilanz.“ Bei den Profis gehe jeder zweiten Verletzung ein Zweikampf oder auch ein Foul voraus – im Freizeitbereich seien diese sogar noch häufiger für Blessuren verantwortlich.
Späteinsteiger leben gefährlich
Fußball gilt zu Recht als technisch anspruchsvoll. „Sprinten, Schießen, Laufen mit schnellen Richtungswechseln – wer das nicht im Kindesalter erlernt, hat später ein höheres individuelles Risiko“, erklärt der Sportmediziner. Wer mit Mitte 40 und leichtem Übergewicht in seiner Sprechstunde erscheint und sportlich aktiv werden möchte, dem rät Reichl eher zum Radfahren, Walken und Krafttraining. Wenn es aber unbedingt ein Ballsport sein soll? Dann kämen vielleicht auch Tennis oder Volleyball infrage, sagt Reichl: „Das Schöne daran ist die Mischung aus hochintensiven Phasen mit hohem Puls und Phasen mit niedrigem Puls.“ Damit stärke man die Kondition, aber auch Koordination und Kraft würden trainiert.
Gesund bleiben mit sanften Alternativen
Wenn es unbedingt Fußball sein muss, gibt es selbst dafür eine gesunde Lösung. Dafür hat ein interdisziplinäres Wissenschafts-Team zusammen mit dem kardiologischen Institut der Universitätsklinik Oldenburg und dem Institut für Herz-Kreislauf-Forschung in Cloppenburg ein Trainingsprogramm entwickelt, das sich an klassisches Fußballtraining anlehnt: Bei „Fit & Fun mit Fußball“ – auch „FitKick" genannt – geht es darum, die Kondition zu verbessern, ohne die typischen Verletzungen zu riskieren.
Gespielt wird auf einem halben Feld mit kleinen Toren, einem weichen, leichten Ball und ohne Torwart. Das spezielle Regelwerk gibt allen Beteiligten Zeit am Ball, während Zweikämpfe, Kopfbälle und Distanzschüsse verboten sind. Aufwärmen ist dagegen Pflicht. Die bisherigen Studienergebnisse zeigen, dass der „Gesundheitsfußball“ die Risikoindikatoren für Herz- und Kreislauf-Erkrankungen verbessern. Die Fit-Kick-Liga hat mittlerweile elf Partnervereine im Raum Niedersachsen. Studienteilnehmer werden noch gesucht.
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