Ärztliche Zweitmeinung: Über Video und ohne Papier
Steht ein medizinischer Eingriff an, zögern viele Menschen zunächst angesichts der vorgeschlagenen Behandlung. Wer unsicher ist, welche Therapie am geeignetsten ist, kann eine zweite ärztliche Meinung einholen – auch per Videosprechstunde.
Das Recht auf ärztliche Zweitmeinung ist im Fünften Sozialgesetzbuch geregelt und steht für bestimmte planbare Eingriffe allen gesetzlich krankenversicherten Menschen in Deutschland zu. Wie das Zweitmeinungsverfahren genau abzulaufen hat und welche Qualifikationen Ärztinnen und Ärztinnen dafür haben müssen, ist in der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) geregelt. Das höchste Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung, in dem Vertragsärzte, Krankenhäuser und Krankenkassen vertreten sind, beschließt auch, bei welchen planbaren Operationen Patientinnen und Patienten eine unabhängige, neutrale ärztliche Meinung erhalten können.
Beratungsgespräch geht auch über Video
Das zweite Gespräch mit einer Spezialistin oder einem Spezialisten soll Menschen helfen zu entscheiden, ob sie den Eingriff überhaupt vornehmen lassen wollen. Es kann auch dazu dienen, nach Therapiealternativen zu suchen. Seit 2021 ist es auch möglich, eine Zweitmeinung per Videosprechstunde einzuholen. Das hat der GBA mit der Änderung seiner Richtlinie festgelegt. Zwar ist es nach wie vor so, dass die Fachärztin oder der Facharzt seine Einschätzung der Patientin oder dem Patienten mündlich mitteilen muss. Nach Auffassung des GBA schließt „das Mündlichkeitsprinzip eine Verwendung von Telekommunikationsmitteln nicht grundsätzlich aus, solange diese den unmittelbaren sprachlichen Austausch zwischen Zweitmeiner und der Patientin oder dem Patienten zulassen“.
Alle wichtigen Unterlagen immer dabei
Wer plant, eine qualifizierte Spezialistin oder einen für das Zweitmeinungsverfahren zugelassenen Spezialisten zu Rate zu ziehen, sollte darüber seine Ärztin oder seinen Arzt informieren. Denn für das Zweitmeinungsverfahren sind Kopien von Unterlagen wie Befunden, Berichten, Röntgenausnahmen und Laborwerten notwendig, die die Patientin oder der Patient zum weiteren Beratungsgespräch mitnehmen müssen. Seit 2021 besteht auch die Möglichkeit, diese Daten in eine elektronische Patientenakte (ePA) eintragen zu lassen.
Portal ermöglicht schnelle Arztsuche
Für das strukturierte Zweitmeinungsverfahren sind nur besonders qualifizierte Ärztinnen und Ärzte zugelassen. Sie müssen die in der Zweitmeinungsrichtlinie festgelegten Voraussetzungen nachweislich erfüllen, um eine Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung zu erhalten. Darüber, welche Ärztinnen und Ärzte aufgrund ihrer besonderen Qualifikation und Unabhängigkeit eine Zweitmeinung für den jeweiligen Eingriff abgeben dürfen, berichtet die Kassenärztliche Bundesvereinigung jährlich an den GBA. 2021 wurden bundesweit insgesamt 735 Ärztinnen und Ärzte für das Zweitmeinungsverfahren zugelassen – die meisten davon (451) für die Schulterarthroskopie, die wenigsten (50) für geplante Eingriffen an der Wirbelsäule.
Informationen darüber, für welche Eingriffe welche Arztpraxen zugelassen sind, bietet der ärztliche Bereitschaftsdienst auf seiner Website. Hier können Patientinnen und Patienten nach Ärztinnen und Ärzten mit einer Genehmigung für eine zweite Meinung suchen. Auch Krankenkassen unterstützen ihre Versicherten bei der Suche nach einer Fachärztin oder einem Facharzt für die Zweitmeinung.
Entscheidungshilfen gibt es auch online
Spezielle weiterführende Informationen zu den Zweitmeinungsthemen, die Patientinnen und Patienten bei der Entscheidungsfindung unterstützen können, gibt es auch auf dem Portal des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Hier sind zudem Online-Entscheidungshilfen zum Ausfüllen zu finden. Sie sind so konzipiert, Menschen dabei zu helfen, sich über persönliche Bedürfnisse klar zu werden, die nächsten Schritte zu planen und anderen an der Entscheidung Beteiligten die eigene Sicht zu vermitteln. Die Entscheidungshilfen in Form von interaktiven PDF-Formularen bietet IQWiG für alle Eingriffe, für die ein gesetzlicher Anspruch auf eine ärztliche Zweitmeinung besteht.
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