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Digitalisierung von Krankenhäusern: „Wir sind ziemlich gut“

27.01.2025 Anja Schnake 2 Min. Lesedauer

Das „Digitalradar Krankenhaus" hat erste Ergebnisse seiner aktuellen Erhebung zum digitalen Reifegrad der Krankenhäuser veröffentlicht. Projektleiterin Sylvia Thun sieht erhebliche Fortschritte gegenüber 2021.

Ein Arzt sitzt am Schreibtisch vor 3 Monitoren. Auf ihnen zu sehen sind verschiedene Hirnscans.
Größere Kliniken und die Häuser der höheren Versorgungsstufen konnten sich insgesamt stärker steigern als der Durchschnitt.

Der digitale Reifegrad der Krankenhäuser hat sich in den vergangenen drei Jahren im Mittelwert um 27,3 Prozent verbessert. Das teilte das Konsortium DigitalRadar (am 10. Januar 2025) mit. Demnach ist die durchschnittliche Punktzahl der teilnehmenden Kliniken von 33 (2021) auf 42,1 Punkte gestiegen. Das Ergebnis bezieht sich auf ein eigens zu diesem Zweck entwickeltes Bewertungsmodell, den DR-Score. Dabei schätzen die Krankenhäuser ihre digitalen Kompetenzen und ihr Nutzungsverhalten in mehreren Dimensionen selbst ein und übermitteln die Ergebnisse im Rahmen einer Selbstauskunft.

Entwicklung noch lange nicht abgeschlossen

Fortschritte gab es vor allem in den Bereichen „Strukturen und Systeme“, etwa Krankenhausinformationssystemen, in der Kategorie „Klinische Prozesse“, zu der die Dokumentation und Befundung oder auch die digitale Unterstützung von Entscheidungen gehören, und im Bereich „Informationsaustausch“, wo es zum Beispiel um Kommunikation innerhalb des Personals oder die Integration von Medizingeräten geht. In allen drei Dimensionen konnten sich die Häuser jeweils um zirka elf Punkte verbessern. Bei Anwendungen zur „Patientenpartizipation“, die Patienten Informationen zur Verfügung stellen und die Interaktion verbessern, hat sich die Punktzahl auf niedrigem Niveau (2021: 5,3 Punkte) fast verdoppelt (2024: 10,1 Punkte). „Das ist eine gute Entwicklung, die noch lange nicht abgeschlossen ist“, sagte Alexander Geissler, stellvertretender Projektleiter des DigitalRadar Krankenhaus, bei der Vorstellung der Ergebnisse. Auch die Rahmenbedingungen hätten sich erheblich verbessert. In der ersten Erhebung hatten 43 Prozent der Kliniken Breitbandanschluss, dieser Wert habe sich „dramatisch verbessert“ auf nun 93 Prozent. „Das heißt, die Häuser sind nun auch in der Lage hohe Datenvolumen auszutauschen“, so Geissler.
 

Der DigitalRadar Krankenhäuser: Ein Kreisdiagramm mit 7 Unterteilungen, die jeweils eine Kategorie des DigitalRadar abbilden. Nr. 1: Strukturen und Systeme, Nr. 2: Resilienzmanagement und Performance, Nr. 3: Organisatorische Steuerung und Datenmanagement, Nr. 4: Klinische Prozesse, Nr. 5: Informationsaustausch, Nr. 6: Telehealth, Nr. 7: Patientenpartizipation.
Das „DigitalRadar" misst den digitalen Entwicklungsgrad der Kliniken in sieben Dimensionen.

Große Kliniken haben sich besser entwickelt

Größere Kliniken und die Häuser der höheren Versorgungsstufen konnten sich insgesamt stärker steigern als der Durchschnitt. Am besten entwickelten sich die Maximalversorger, die ihren DR-Score gegenüber der Erhebung von 2021 um zehn Punkte verbesserten und 2024 im Durchschnitt 51,9 Punkte erreichten. Sogenannte Zentralversorger kamen auf durchschnittlich 48,2 Punkte, die Regelversorger auf 45,5. Lediglich die Kliniken der Grundversorgung blieben mit 38,3 Punkten deutlich unter dem Gesamtdurchschnitt.

Foto: Interface eines Computers mit digitalen Symbolen
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Kliniken sind digitaler als ihr Ruf

Auch im internationalen Vergleich ist die deutsche Krankenhaus-IT nun offenbar besser als ihr Ruf. Noch 2019 galt der Digitalisierungsgrad der deutschen Kliniken als „unterdurchschnittlich“, Deutschland drohte nach Ansicht von Wissenschaftlern „den Anschluss zu verlieren“. Fünf Jahre später und vier Jahre nach der Verabschiedung des Krankenhauszukunftsgesetzes (KGZG), das bis zu 4,3 Milliarden Euro für die Digitalisierung der Kliniken mobilisierte, fällt Projektleitern Sylvia Thun ein deutlich positiveres Urteil: „Wir haben durch das KHZG in relativ kurzer Zeit einen großen Sprung in die richtige Richtung gemacht, und wir haben nun unter den Industrieländern einen guten Status quo“, betonte die Professorin für Digitale Medizin und Interoperabilität vom Berlin Institute of Health. 

Nach den Kriterien des international verbreiteten, siebenstufigen EMRAM-Schemas (Electronic Medical Records Adoption Model) haben sich die deutschen Häuser zwar theoretisch nur auf niedrigem Niveau verbessert – so ist der große Anteil Häuser, die 2021 auf Stufe 1 standen (68,72 Prozent) gesunken (auf 56 Prozent); der Anteil Häuser der Stufe 2 ist von 27,24 auf 35,9 Prozent gestiegen. „Kein anderes Land hat jedoch die digitalen Kompetenzen seiner Kliniken in vergleichbarem Umfang erhoben“, betonte Thun. Dem guten EMRAM-Score anderer Länder lägen zudem freiwillige Zertifizierungen (weniger) ausgewählter Kliniken zugrunde.

An der flächendeckenden Messung des digitalen Reifegrades der deutschen Kliniken nahmen 2024 mit 1.592 Häusern annähernd so viele (Plan-) Krankenhäuser teil wie vor drei Jahren mit 1.624. Die Erhebung geht auf das Krankenhaus-Zukunftsgesetz (KHZG) zurück, das die Häuser verpflichtete, an der Befragung teilzunehmen. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) beauftragte im Mai 2021 das Konsortium DigitalRadar Krankenhaus damit, ein entsprechendes Messinstrument zu entwickeln, die Daten an zwei Messpunkten zu erheben und die Analysen zur Verfügung zu stellen. 

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