„Wir haben die ländliche Region im Fokus“
Die 2024 gegründete PatientenUniversität Brandenburg will die Gesundheitskompetenz der Bürgerinnen und Bürger stärken. Martina Osterndorff-Windvogel erklärt, wie das funktioniert – und warum man dafür keinen Hörsaal braucht.
Frau Osterndorff-Windvogel, wer steht hinter der PatientenUniversität Brandenburg?
Martina Osterndorff-Windvogel: Die PatientenUniversität Brandenburg ist eine Kooperation zwischen der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane, kurz MHB, und der Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung Gesundheit Berlin-Brandenburg e.V., für die ich arbeite. Die MHB bringt vor allem ihre medizinische Expertise ein, ihre Erfahrungen und das Wissen um eine gute Lehre. Zudem ist sie gut vernetzt mit diversen Kliniken im Land. Und sie hat ein sehr aktives Studierenden-Netzwerk, das auch viele Angebote für Bürgerinnen und Bürger macht, die um den Campus herum leben. Wir als Verein bringen auf der anderen Seite unsere Erfahrungen im Bereich Gesundheitsförderung und Prävention mit ein. Gemeinsam sind wir davon überzeugt, dass sich Gesundheitsförderung nicht nur im Gesundheitssektor abspielen sollte, sondern dass das eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, bei der möglichst viele gesellschaftliche Akteure mit eingebunden sein sollten.
Wie kam es zu der Zusammenarbeit von Verein und Hochschule?
Osterndorff-Windvogel: Die Idee für eine Patientenuniversität kam von der MHB, die damit auf uns als Kooperationspartner zugekommen ist. Die MHB ist in unserem Vereinsvorstand vertreten. Wir teilen ein gemeinsames Verständnis davon, dass es gerade im ländlichen Raum im Land Brandenburg verlässliche Informationen zu Gesundheit braucht. Die Menschen vor Ort wünschen sich weitere Unterstützungsangebote, weil es oft nur wenige Angebote und eine bruchstückhafte gesundheitliche Versorgung gibt. Außerdem sind wir davon überzeugt, dass die Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern eine zentrale Grundlage guter Gesundheitsförderung ist. Weil sie sich an der Gestaltung und Entwicklung der PatientenUniversität Brandenburg beteiligen, können wir uns stärker an den tatsächlichen Bedarfen orientieren und den Menschen eine aktive und eigenständige Rolle geben.
Welche Rolle spielte dieser Partizipationsgedanke bei der Konzeption der PatientenUniversität?
Osterndorff-Windvogel: Wir haben von Beginn an die Menschen über die Presse zum Mitmachen eingebunden. Interessierte Bürgerinnen und Bürger sowie Menschen aus der Selbsthilfearbeit konnten in verschiedenen Mitmachrunden mit uns gemeinsam die zentralen Grundlagen erarbeiten. Wie müsste so eine Einrichtung aussehen? Wie sollen Menschen an ihr beteiligt sein? Was macht eine gute Veranstaltung aus? Welche Inhalte sollten auf der Homepage zu finden sein? Solche Fragen haben wir dort gemeinsam beantwortet. Egal ob in der Selbsthilfe Aktive oder einfach nur interessierte Bürgerinnen und Bürger: Jeder konnte sich einbringen in den Gründungsprozess der PatientenUniversität Brandenburg. Unser Partizipationsansatz ist für uns weiterhin zentral. Wir führen nach wie vor Mitmachrunden durch, in denen wir gemeinsam mit Interessierten die PatientenUniversität Brandenburg mit ihren Themen und Formaten weiterentwickeln.
Was ist das primäre Ziel der PatientenUniversität Brandenburg?
Osterndorff-Windvogel: Zunächst einmal wollen wir mit unseren Angeboten unabhängig von Alter, Geschlecht oder Herkunft alle Menschen erreichen. Oberstes Ziel ist es, die Gesundheitskompetenz der Menschen in Brandenburg zu stärken. Wir möchten also ganz konkret die Bürgerinnen und Bürger dabei unterstützen, dass sie Gesundheitsinformationen besser finden, verstehen, bewerten und damit auch besser für ihre Gesundheitsentscheidungen nutzen können. Mit vielen unserer Angebote haben wir vor allem ländliche Regionen im Fokus, weil hier die Versorgungslage und der Zugang zu gesundheitsförderlichen Angeboten oft schlechter sind.
„Es geht darum, die Lebenswelt von Menschen so zu gestalten, dass sie in einem gesunden Lebensumfeld aufwachsen, arbeiten und älter werden können.“
Gesundheit Berlin-Brandenburg e.V.
Wie läuft das ganz konkret ab? Etwa in einem Hörsaal, so wie an jeder anderen Uni?
Osterndorff-Windvogel: Nein, tatsächlich gibt es bei uns keinen Hörsaal. Unsere Angebote finden überall im Land statt und alle Menschen unabhängig vom Bildungsgrad sind eingeladen. Wir haben zwei zentrale Werkzeuge zur Wissensvermittlung: unsere Website und unsere Veranstaltungen. Mit unserer Homepage übernehmen wir eine Art digitale Lotsenfunktion: Mit unserer A-bis-Z-Schlagwortsuche verlinken wir zu jedem einzelnen Schlagwort auf eine verlässliche Quelle im Internet, wo die Nutzenden dann hilfreiche Gesundheitsinformationen zu diesem Thema finden. Darüber hinaus informieren wir über Veranstaltungen, die gesundheitsbezogene Themen behandeln und die an ganz vielen unterschiedlichen Orten in Brandenburg oder auch digital stattfinden können. In der Regel sind das Veranstaltungen von Kliniken oder Selbsthilfegruppen, von Vereinen oder Universitäten, von uns selbst oder der MHB.
Abgesehen von der PatientenUniversität Brandenburg– welche anderen Aufgaben übernimmt der Verein Gesundheit Berlin-Brandenburg?
Osterndorff-Windvogel: Wir sind die Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung für die Länder Berlin und Brandenburg. In Deutschland gibt es in jedem Bundesland so eine Landesarbeitsgemeinschaft. Gesundheit Berlin-Brandenburg gibt es schon seit mehr als 30 Jahren und wir haben aktuell rund 100 Mitarbeitende, die in über 20 verschiedenen Projekten in Brandenburg, Berlin oder bundesweit arbeiten. Was alle diese Projekte gemeinsam haben, ist, dass sie die gesundheitliche Chancengleichheit von Menschen fördern. Es geht in unseren Projekten darum, wie man die Lebenswelt von Menschen so gestalten kann, dass sie in einem gesunden Lebensumfeld aufwachsen, leben, arbeiten und älter werden können. Wir wollen dabei vor allem Menschen in schwierigen Lebenslagen Chancen ermöglichen, damit sie genauso gut und gesund leben können wie andere.
Wie lange gibt es die PatientenUniversität Brandenburg schon und wie gut wird sie angenommen?
Osterndorff-Windvogel: Die PatientenUniversität Brandenburg wurde erst 2024 gegründet. Unsere Internetseite ist also noch nicht allzu lange online. Die ersten Monate, auf die wir zurückblicken können, haben unser Konzept bestätigt, denke ich. Über unsere Homepage kann man sich in einen Infoverteiler eintragen: dieser Verteiler wächst seit Monaten stetig an. Die ersten Veranstaltungen wurden gut angenommen, und wir konnten im direkten Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern sehen, dass wir auf großes Interesse stoßen. Wir haben bereits verschiedene Veranstaltungen erfolgreich in Kooperation mit Selbsthilfegruppen angeboten.
Apropos Selbsthilfe: Warum ist das ein guter Ort für Patienten und Patientinnen, um verlässliche medizinische Infos zu bekommen?
Osterndorff-Windvogel: Wer verlässliche Gesundheitsinfos sucht, ist in einer Selbsthilfegruppe immer gut aufgehoben. Aber die Gruppen bieten ja noch viel mehr. Hier finden sich Menschen mit ähnlichen Erfahrungen und einer hohen Betroffenenkompetenz. Sie bieten sich gegenseitig Unterstützung, tauschen sich miteinander über ihre Erfahrungen aus und geben sich gegenseitig Tipps, welche Unterstützungsangebote für sie hilfreich waren. Und das gilt natürlich nicht nur für Betroffene, sondern auch für Angehörige oder andere Nahestehende von Betroffenen.
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