„Softe Roboter können zu einer besseren Versorgung beitragen“
Der Umgang mit soften Robotern ähnelt einer menschlichen Interaktion. Ihr Einsatz ist vielversprechend, besonders zur Entlastung der Pflege. Doch der Weg zum etablierten Medizinprodukt ist noch weit, wie Annika Raatz vom Institut für Montagetechnik und Industrierobotik der Leibniz Universität Hannover berichtet.
Frau Professorin Raatz, was sind eigentlich Soft Roboter?
Prof. Dr. Annika Raatz: Im Gegensatz zu traditionellen Robotern, die möglichst steif und stabil konstruiert werden, bestehen softe Roboter aus flexiblen Strukturen und Materialien wie Silikonen, Gummis oder Gelen. Diese ermöglichen es den Robotern, sich auf eine Weise zu verformen, die der Bewegung von natürlichen Organismen ähnelt. Eine ganz klare Eingrenzung ist häufig aber nicht gegeben, charakteristisch ist eine inhärente Nachgiebigkeit der Roboter.
Wie funktionieren softe Roboter und welche technischen Herausforderungen bestehen derzeit noch?
Raatz: Es gibt unterschiedliche Funktionsweisen, die beispielsweise auf dielektrischen, also elektrisch nicht leitenden, oder pneumatischen Methoden basieren. Eine der Hauptschwierigkeiten dabei ist, dass Bewegungen weicher Materialien auch schwieriger zu steuern sind. Zudem ist es auch nicht einfach, softe Roboter so zu konstruieren, dass sie in der Anwendung nachgiebig bleiben, aber immer noch effektiv Kraft aufbringen können.
In welchen Bereichen der Medizin werden Soft Roboter bereits eingesetzt und welche neuen Anwendungen könnten in der Zukunft erschlossen werden?
Raatz: Eine großflächige Verbreitung, also als etablierte Medizinprodukte, die von Krankenhäusern oder Praxen erworben werden können, gibt es noch nicht. Weltweit wird aber an Anwendungen in der Chirurgie, Implantat-Technik und Rehabilitation geforscht. Solche Systeme erlauben durch ihre Nachgiebigkeit und das damit verbundene niedrige Verletzungsrisiko auch eine einfachere Zulassung.
Wie tragen sie zur Erhöhung der Sicherheit und des Komforts für Patienten bei?
Raatz: Der wohl wichtigste Aspekt ist die erwähnte niedrige Verletzungsgefahr für Patienten. In diesem Zusammenhang spielen aber auch psychische Effekte eine Rolle. Es ist deutlich angenehmer mit Geräten in teilweise engem körperlichen Kontakt zu sein, wenn dieser eher einer menschlichen Interaktion gleicht, als wie man es sich mit einer starren Maschine vorstellt. Unabhängig vom System kommt es bei der Sicherheit im Umgang mit Robotern immer auch auf das Verhalten der Menschen an. Bei soften Robotern wäre aber die Hürde für Sicherheitsmaßnahmen und bei der Einweisung beziehungsweise Anwendung niedriger, was eine einfache oder auch private Anwendung erlaubt.
„Gerade im Pflegebereich können softe Roboter repetitive oder körperlich anstrengende Tätigkeiten erleichtern.“
Dekanin der Fakultät für Maschinenbau sowie geschäftsführende Leitung des Instituts für Montagetechnik und Industrierobotik an der Leibniz Universität Hannover
Wie können Soft Roboter die Unabhängigkeit und Lebensqualität von älteren Menschen oder Menschen mit Behinderungen verbessern?
Raatz: Für diese Menschen wären softe Roboter ein Hilfsmittel, das sie bei der Bewältigung des Alltags unterstützen kann, beispielsweise indem sie körpernah bei schwierigen Bewegungen für Entlastung sorgen. In diesem Zusammenhang wäre aber auch eine Anwendung in der Pflege sinnvoll. Gerade durch den Wandel der Demografie und den anhaltenden Fachkräftemangel in diesem Bereich können softe Roboter repetitive oder körperlich anstrengende Tätigkeiten erleichtern und damit zu einer besseren Versorgung beitragen.
Wie sehen Sie die Zukunft von Soft Robotern im Gesundheitswesen?
Raatz: Der Weg ist durch die hohen Auflagen der Medizintechnik noch weit, aber die technischen Herausforderungen sind interessant und vor allem lösbar. Von der Entwicklung zum kommerziell vertriebenen Produkt dauert es normalerweise viele Jahre. Aber durch die hohe Nachfrage an Hilfsmitteln, zum Beispiel in der Pflege, zeichnet sich ein vielversprechendes Bild ab.
Mitwirkende des Beitrags
Autorin
Datenschutzhinweis
Ihr Beitrag wird vor der Veröffentlichung von der Redaktion auf anstößige Inhalte überprüft. Wir verarbeiten und nutzen Ihren Namen und Ihren Kommentar ausschließlich für die Anzeige Ihres Beitrags. Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht, sondern lediglich für eventuelle Rückfragen an Sie im Rahmen der Freischaltung Ihres Kommentars verwendet. Die E-Mail-Adresse wird nach 60 Tagen gelöscht und maximal vier Wochen später aus dem Backup entfernt.
Allgemeine Informationen zur Datenverarbeitung und zu Ihren Betroffenenrechten und Beschwerdemöglichkeiten finden Sie unter https://www.aok.de/pp/datenschutzrechte. Bei Fragen wenden Sie sich an den AOK-Bundesverband, Rosenthaler Str. 31, 10178 Berlin oder an unseren Datenschutzbeauftragten über das Kontaktformular.