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Bundestagswahl 2025: Hessens Gesundheitsministerin Stolz im Interview

13.02.2025 AOK Hessen 5 Min. Lesedauer

Staatsministerin Diana Stolz (CDU) äußert sich ein Jahr nach ihrem Amtsantritt zu ihren gesundheitspolitischen Vorhaben, weiterem Reformbedarf in Hessen, den Erwartungen an eine neue Bundesregierung und den Zielen in ihrer laufenden Amtszeit.

Die neue Gesundheitsministerin von Hessen Diana Stolz

Sie sind seit einem Jahr im Amt. Wie sieht Ihre vorläufige Bilanz für die Gesundheits- und Pflegepolitik in Hessen aus?

Nach einem Jahr kann ich sagen, dass wir im Sinne der zu Pflegenden und Angehörigen schon erste wichtige Unterstützung auf den Weg gebracht und angestoßen haben. Die Pflege Kann die häusliche Pflege nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden, besteht Anspruch auf… ist eines der zentralen Zukunftsthemen, zumal die Zahl der älteren Menschen, die Hilfe benötigen, steigt, und wir auf der anderen Seite weniger junge Menschen und Fachkräfte haben werden. Unser Ziel ist es, den Menschen in Hessen ein würdevolles Leben und Altern zu ermöglichen.

2024 haben wir mehrere neue Förderprogramme ins Leben gerufen: Erstens werden Pflegestützpunkte Die Pflege- und Krankenkassen richten zur wohnortnahen Beratung, Versorgung und Betreuung der… zu Pflegekompetenzzentren weiterentwickelt: Das „Case & Care“-Management bei den Pflegestützpunkten wird dort weiterentwickelt, um eine umfassendere und effizientere Beratung für Pflegebedürftige und ihre An- und Zugehörigen zu gewährleisten. Zweitens fördern wir Koordinierungsstellen in Pflegeeinrichtungen, um die soziale Teilhabe von Pflegeheimbewohnenden zu stärken. Ein besonders erfolgreiches Förderprogramm ist "Pflegeheim - Mitten im Leben". Hier wird die Brücke geschlagen, indem die zu Pflegenden aktiv am Leben ihres Ortes teilhaben können, zum Beispiel durch die Kooperationen mit örtlichen Vereinen. Drittens werden innovative Modellprojekte in der Kurzzeit- und Tagespflege gezielt gefördert, um durch bessere Zusammenarbeit von ambulanter und stationärer Pflege zukunftsfähige Versorgungsstrukturen zu schaffen. Und ganz aktuell haben wir nun den Prozess zur Erarbeitung eines Landespflegekonzepts gestartet, das die Grundlage für weitere Maßnahmen bildet, mit denen wir die Pflege vor Ort verbessern werden.

Was haben Sie jenseits der Pflege noch angestoßen?

In der Gesundheitsministerkonferenz Die Gesundheitsministerkonferenz der Länder (GMK) ist eine jährlich stattfindende… 2024 haben wir uns für den Erhalt der wohnortnahen Versorgung eingesetzt. Dem Tagesordnungspunkt „Erhalt der wohnortnahen Arzneimittelversorgung durch die inhabergeführte Vor-Ort-Apotheke“ stimmten alle Bundesländer geeint zu. Selbstverständlich habe ich gleich nach meinem Amtsantritt die Herausforderungen der anstehenden Krankenhausreform des Bundes angepackt. Wir warten nicht ab, sondern haben uns direkt organisiert und uns bestmöglich vorbereitet. Aber darauf kommen wir sicher noch zu sprechen. Unter vielen anderen Dingen habe ich den „Pakt für Gesundheit Hessen“ ins Leben gerufen. Hier gestalten wir gemeinsam mit relevanten Akteuren des Gesundheitswesens Strategien für die Patientenversorgung und -steuerung, den Fachkräftebedarf sowie die Kinder- und Jugendmedizin.

Sie haben die Krankenhausreform bereits angesprochen: Bei deren Umsetzung wollen Sie alle Akteure einbinden. Welche Erwartungen haben Sie an die sechs geplanten Versorgungskonferenzen?

Diana Stolz, Hessische Ministerin für Familie, Senioren, Sport, Gesundheit und Pflege

Mit den Versorgungskonferenzen gehen wir in die Regionen, weil wir uns gemeinsam zu den Herausforderungen, aber auch zur konkreten Lage vor Ort austauschen möchten. Es gilt, den Wandel zu gestalten. Daher freue ich mich, dass alle bisherigen Versorgungskonferenzen gut besucht und sehr konstruktiv waren. In erster Linie wollen wir dafür sorgen, dass alle Beteiligten über einen einheitlichen Informationsstand verfügen. Deshalb informieren wir nicht nur über die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen des Bundes. Wir schauen uns anhand unserer statistischen Daten für Hessen auch sehr genau an, wo die Region steht, wie die Entwicklung und die Prognose der Patientenzahlen sind, welches Potenzial an Ambulantisierung vorliegt und welche Entscheidungsprozesse anstehen.

Wie geht es danach weiter?

Wir sind in Hessen gut vorbereitet und beispielgebend. Wir verfügen dank der Hessenagentur über eine hervorragende Datengrundlage. Fakt ist aber auch, dass noch bedeutende Bausteine der Reform durch den Bund ausstehen und daher von einer Umsetzungsreife – entgegen anderslautenden Signalen aus Berlin – noch keine Rede sein kann. Die bundesgesetzlichen Fristen sind eng, Fragen wie zur Leistungsgruppenverordnung und zur Mindestvorhaltezahlenverordnung sind durch den Bund jedoch noch nicht geregelt worden. Der bislang vorgesehene Zeitplan der Umsetzung der Reform hat daher in den ersten Versorgungskonferenzen zu deutlicher Kritik geführt. Meine feste Überzeugung ist, dass es Nachsteuerungen am Bundesgesetz bedarf. Dafür werde ich mich auch mit Nachdruck einsetzen.

Was möchten Sie außer der Krankenhausreform in diesem Jahr noch anpacken?

Wir müssen die Patientensteuerung gezielter und noch stärker angehen. Da die wichtige Bundesreform der Notfallversorgung weiter auf sich warten lässt, gehen wir in Hessen beispielsweise mit dem „Gemeinsamen Tresen“ zusammen mit der Kassenärztlichen Vereinigung wichtige Schritte in Richtung einer intelligenten und sektorenübergreifenden Patientensteuerung. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Fachkräftegewinnung.

Gibt es schon Fortschritte bei der Erstellung des „Gesundheitssicherstellungsplans", der im Koalitionsvertrag erwähnt wird? Schnittstellen zur Krankenhausreform dürfte es in puncto Versorgungsplanung geben.

Die Bedarfe der hessischen Bevölkerung an Gesundheitsleistungen unserer Kliniken haben wir selbstverständlich ermittelt und sie dem momentanen Angebot gegenübergestellt. Maßgebliches Ziel ist die Bewahrung und Erhöhung bester Qualität ist ein zentrales Versorgungsziel der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Im Rahmen der… im Behandlungs- und Versorgungssektor unseres Gesundheitssystems. Unterstützend wirken die Gesundheitskoordinierenden. Sie beraten potenzielle neue Leistungserbringer Unter diesem Sammelbegriff werden alle Personengruppen zusammengefasst, mit denen die Krankenkassen… zu Fördermöglichkeiten, betreuen Stipendienprogramme, etablieren Präventionsangebote und Informationsreihen und nehmen im Rahmen der Krankenhausreform an den Versorgungskonferenzen teil. Diese Verzahnung von stationärer und ambulanter Planung ist ein erster Schritt in Richtung eines Gesundheitssicherstellungsplans.

Die AOK-Gemeinschaft hat sich umfassend zur Bundestagswahl 2025 positioniert. Angesichts der zunehmenden Beitragssatzspirale fordert sie neben grundlegenden Strukturreformen vor allem mehr regionale Gestaltungsspielräume für die Krankenkassen und die Rückkehr zu einer einnahmeorientierten Ausgabenpolitik. Wie stehen Sie dazu?

Die Finanzierungsgrundlagen der GKV wollte bereits die Ampel-Koalition grundlegend reformieren. Es sollten Empfehlungen für eine stabile, verlässliche und solidarische Finanzierung erarbeitet werden. Das vom Bundesministerium für Gesundheit Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ist zuständig für die Politikbereiche Gesundheit,… diesbezüglich veröffentlichte Eckpunktepapier wird dem Auftrag aus dem Gesetz jedoch nicht gerecht. Es besteht daher dringender Handlungsbedarf, da die aktuell zu beobachtenden Beitragssatzsteigerungen so nicht weitergehen dürfen. Ansonsten wird die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft im internationalen Vergleich geschädigt. Neben einem angemessenen Bundeszuschuss Bis 2004 wurde die gesetzliche Krankenversicherung - im Unterschied zur Renten- und… für versicherungsfremde Leistungen ist die Bezeichnung für Leistungen der Sozialversicherung , die nicht zu deren eigentlichem Auftrag… wird man auch die Beitragszahlung des Bundes je Bezieherin und Bezieher von Bürgergeld an die GKV angehen müssen. Wichtig ist es in diesen Diskussionen, der Selbstverwaltungsautonomie der Krankenkassen Die 97 Krankenkassen (Stand: 26.01.22) in der gesetzlichen Krankenversicherung verteilen sich auf… wieder größeren Entscheidungsspielraum einzuräumen. Der gegenteilige Trend der letzten Jahre sollte nicht fortgeführt werden.

Welche gesundheits- und pflegepolitischen Themen muss eine neue Bundesregierung aus Ihrer Sicht kurzfristig angehen?

Die Finanzierung der Pflege ist eine der drängendsten Herausforderungen, die vom Bund kurzfristig angegangen werden muss. Bei der Krankenhausreform muss nachgesteuert werden. Darauf habe ich hingewiesen. Aktuell ist eines der großen Themen in den Versorgungskonferenzen in Hessen, dass es dringend einer Übergangsfinanzierung bei den Betriebskosten durch den Bund bedarf. Die seit Jahren sinkende Apothekendichte zeigt, dass in diesem Bereich etwas passieren muss. Die Änderung von Gesetzen, die die Apotheken betreffen, obliegt auch dem Bund. Auch hier ist er gefordert. Wir werden uns mit Nachdruck dafür einsetzen.

Politische Öffentlichkeitsarbeit

Norbert Staudt

AOK Hessen