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„Nicht nur Nutzung zahlen“

03.06.2024 AOK Hessen 3 Min. Lesedauer

Der Reformbedarf bei den Krankenhausstrukturen in Deutschland ist unbestritten. Über das Wie gehen die Meinungen allerdings stark auseinander. Das zeigen auch die aktuellen Diskussionen zur Krankenhausreform. Dazu stellten wir vier Fragen an Clemens Maurer, Sprecher der Geschäftsführung des Klinikums Darmstadt.

Porträtfoto: Clemens Maurer
Clemens Maurer, kaufmännischer Geschäftsführer des Klinikums Darmstadt

Herr Maurer, das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz geht nun nach dem Kabinettsbeschluss ins parlamentarische Verfahren. Welche Inhalte müssten aus Ihrer Sicht auf jeden Fall erhalten bleiben und am Ende im Gesetz stehen?

Clemens Maurer: Es ist wichtig, dass den Krankenhäusern der ökonomische Druck genommen und die Finanzierung nachhaltig geregelt wird. Dabei sind wichtige Punkte: die Vorhaltevergütung sowie die Refinanzierung der Zahlung aller Tarifgehälter. Die gegenwärtigen Tarifsteigerungen, die mich für unsere Mitarbeitenden sehr freuen, werden durch die momentanen Steigerungen der Baserate nicht mehr annähernd aufgefangen.

Wir als Maximalversorger halten an 365 Tagen 24/7 Geräte und hoch ausgebildetes Fachpersonal bereit, um den Menschen in unserer Region die bestmögliche Versorgung bieten zu können. Das kostet Geld und darf nicht nur bei Nutzung bezahlt werden. Zudem muss sichergestellt sein, dass auch Gelder für die gewünschte Transformation zur Verfügung stehen – und zwar ab sofort und nicht erst ab 2026. Insbesondere jene Träger, die bereits heute Strukturveränderungen im Sinne der Vorhaben dieses Gesetzes angestoßen haben, so wie wir auch, können durch eine entsprechende Förderung einen wesentlichen Beitrag für die Veränderungen der gesamten Krankenhauslandschaft und die Akzeptanz in der Bevölkerung leisten.

Welche Reformschritte müssten darüber hinaus zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung vor Ort angegangen werden?

Clemens Maurer: Eine bedarfsgerechte und tragfähige Versorgung erfordert zukünftig eine verbindlich abgestimmte Zusammenarbeit verschiedener Versorgungslevel innerhalb einer Region. Die Ausgestaltung der Koordinierungsfunktion im aktuellen Referentenentwurf wird den tatsächlichen Anforderungen an eine koordinierte Zusammenarbeit zwischen den Krankenhäusern nicht gerecht. Ein klarer regionaler Bezug für die Zusammenarbeit der Krankenhäuser ist von großer Bedeutung und die administrative Rolle in der Koordinierung kann nicht ohne den Bezug zur Versorgungsrolle gedacht werden. Die Koordinierungsfunktion ist inhaltlich zu erweitern – insbesondere mit Fokus auf eine abgestimmte Notfallversorgung –, und Kriterien für einen regionalen Bezug von koordinierendem Krankenhaus Krankenhäuser sind Einrichtungen der stationären Versorgung, deren Kern die Akut- beziehungsweise… und Versorgungsregion sind zu definieren.

In Darmstadt planen Sie durch die Gründung einer gemeinsamen Holding einen Zusammenschluss des Klinikums mit dem Agaplesion Elisabethenstift – zwei große Häuser, kommunal und konfessionell getragen. Ist das wegweisend für die Zukunft und auch schon eine Reaktion auf die Reformdiskussion?

Clemens Maurer: Das ist sicherlich wegweisend, das zeigen uns auch die bisherigen Reaktionen hierauf. Vor dem Hintergrund der Reform und der Leistungsgruppen, aber auch natürlich des Fachkräftemangels sind wir uns einig, dass wir unsere Krankenhäuser neu ausrichten müssen. In Darmstadt gibt es drei Krankenhäuser. Wir sind das größte, das Elisabethenstift das zweitgrößte. Wir sind überzeugt, dass wir gemeinsam viele neue Möglichkeiten haben, die Gesundheitsversorgung für Bürgerinnen und Bürger der Stadt Darmstadt und in Südhessen zu verbessern – und darum muss es schlussendlich gehen.

Wie sieht Ihrer Meinung nach die Krankenhauslandschaft in Deutschland im Jahr 2040 aus?

Clemens Maurer: 2040 wird es zwar weniger, aber dafür mehr größere Krankenhäuser geben – und deutlich mehr ambulante Strukturen. Die Sektorengrenzen werden vollständig aufgelöst sein. Wir werden in Zukunft auch deutlich mehr Künstliche Intelligenz einsetzen. In den großen Krankenhäusern müssen dann Leistungen und Fachkräfte konzentriert sein, um 24/7 die medizinische Versorgung der Menschen sicherzustellen. Dies erfordert schon allein der demografische Wandel.

Politische Öffentlichkeitsarbeit

Norbert Staudt

AOK Hessen