Pressemitteilung

Gefälscht, erfunden und fingiert

10.07.2024 AOK Hessen

Zahlen zum Fehlverhalten im hessischen Gesundheitswesen

Bild zeigt des Rumpf eines Arztes im weißen Kittel und Sthoskop um den Nacken gelegt. Er hält einen Briefumschlag mit Euro-Geldschenen in der Hand.

In den vergangenen beiden Jahren hat das Team Fehlverhaltensbekämpfung der AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… Hessen 650 Neufälle bearbeitet. Schäden in Höhe von über 3,5 Mio. Euro wurden im Zusammenhang mit betrügerischem Handeln 2022 und 2023 festgestellt. Dabei geht es oft um „Luftleistungen“, Doppelabrechnungen, Urkundenfälschung und Leistungsmissbrauch. Die meisten kriminellen Handlungen waren hierbei im Leistungsbereich der Pflegeversicherung Die Pflegeversicherung wurde 1995 als fünfte Säule der Sozialversicherung eingeführt. Ihre Aufgabe… zu verorten.

Im Gesundheitswesen Das Gesundheitswesen umfasst alle Einrichtungen, die die Gesundheit der Bevölkerung erhalten,… gibt es vereinzelt Leistungserbringer Unter diesem Sammelbegriff werden alle Personengruppen zusammengefasst, mit denen die Krankenkassen… , Arbeitgeber und Versicherte, die systemisch bedingte Intransparenzen und Schwachstellen zu ihrem eigenen Vorteil nutzen. Während sich der allergrößte Teil an Recht und Gesetz hält, finden sie Einfallstore, um sich zu bereichern. Genau hier setzt die Arbeit der Stelle für Fehlverhaltensbekämpfung im Gesundheitswesen an. In der rückwirkenden Zwei-Jahres-Betrachtung fällt besonders auf: Die Zahl der Hinweise hat um 17 Prozent zugenommen – 2022/23 waren es erstmals mehr als 1.000 (genau: 1.115). Allerdings bestätigten sich nicht alle Hinweise. Zahlreiche kommen von der Polizei und den Staatsanwaltschaften. Auch gab es in diesem Zeitraum mehr verfolgte Neufälle: Insgesamt 650 und damit 18 Prozent mehr als 2020/21. In der aktiven Bearbeitung befanden sich jedoch über 1.000 Fälle, denn mitunter dauert es mehrere Jahre, bis ein Verfahren komplett abgeschlossen ist.

Schäden und Tatbestände

Betrachtet man das Ranking der betroffenen Leistungsbereiche, liegt die Pflegeversicherung ganz vorne (200 Neufälle, 266 verfolge Fälle gesamt). Auch Heilmittel wirken überwiegend äußerlich zur Heilung oder Linderung einer Krankheit auf den Körper ein. Der… (121/156), Häusliche Krankenpflege Häusliche Krankenpflege (HKP) ist eine Regelleistung der gesetzlichen Krankenkassen. Die HKP umfasst… (81/134) sowie Arznei- und Verbandmittel (53/111) fallen auf. Die Verursacher sind demzufolge Institutionen, die die genannten Leistungen erbringen, zum Beispiel Pflegedienste oder auch Apotheken, ebenso Arbeitgeber und Versicherte. Die größten Schäden wurden in den Bereichen Fahrkosten Die Krankenkassen übernehmen nur Fahrkosten, wenn sie im Zusammenhang mit einer… und Häusliche Krankenpflege festgestellt, es handelt sich jeweils um fast 1 Mio. Euro. Dem Gesamtschaden von 3,5 Mio. Euro stehen gesicherte Forderungen in Höhe von 3,3 Mio. Euro gegenüber, die gerichtlich oder außergerichtlich durchgesetzt werden konnten. Bei den Tatbeständen zeigt sich wiederum folgendes Bild: Bei 519 Fällen in den Jahren 2022/23 ging es um die Abrechnung nicht erbrachter Leistungen. In weiteren 178 Fällen handelte es sich um Urkundenfälschung, auch wurden Leistungen ohne vertragsgemäße Qualifikation in 234 Fällen festgestellt. In 345 Fällen gab es einen nachgewiesenen Leistungsmissbrauch durch Versicherte.

Konkrete Fallbeispiele aus den Jahren 2022/23

Gefälschte Berufsurkunden in der Intensivpflege

Ein Pflegedienst setzte bei der Versorgung von Patientinnen und Patienten in der Intensivpflege Personal mit gefälschten Berufsurkunden ein. Auf den Urkunden war auffällig, dass kein Landeswappen, wie sonst üblich, aufgedruckt war. Bei fast der Hälfte der Mitarbeitenden des Pflegedienstes waren die Urkunden gefälscht, es handelte sich somit gar nicht um Fachkräfte. Es wurde daraufhin dafür gesorgt, dass diese Personen nicht mehr praktisch tätig sind, zumal auch Pflegemängel festgestellt wurden. Die beschuldigte Inhaberin bestritt, von den Fälschungen gewusst zu haben. Das Strafverfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Fingierte Beschäftigungsverhältnisse und erfundene Lohnfortzahlungen

Es bestand der Verdacht, dass durch die Lohnbuchhaltung eines Arbeitgebers so genannte AAG-Erstattungen (Ausgleich der Arbeitgeberaufwendun­gen bei Entgeltfortzahlung) beantragt wurden, ohne dass die in den Anträgen angegebenen Entgeltfort­zahlungen tatsächlich geleistet worden waren. Tatsächlich lag auch keine Arbeitsunfä­higkeit bei den Beschäftigten vor. Weiterhin gab es Hinweise darauf, dass sowohl die Firmeninhaber und Geschäftsführer als auch deren Familienangehörige zu Unrecht als Beschäftigte verschiedener Firmen angemeldet wurden. Hierfür konstruierte der Lohnbuchhalter ein ganzes Netzwerk von Firmen, welche er betreute. Für diese Beschäftig­ten wurden dann unberechtigt weitere Lohnersatz­leistungen wie Krankengeld Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten Krankengeld als Entgeltersatz. Es soll den… oder Mutterschaftsgeld unrechtmäßig bezogen.

Zahlen der AOK Hessen aus den Jahren 2022/23

Verteilung der Tatbestände (Auswahl; genannt wird die Fallzahl Summe aller Abrechnungsfälle in einem Abrechnungszeitraum. )

  • Abrechnung nicht erbrachter Leistungen: 519
  • Leistungsmissbrauch: 345
  • Abrechnung erbrachter Leistungen ohne Qualifikation: 234
  • Urkundenfälschung: 178

Festgestellte Schäden (Auswahl; Beträge sind gerundet)

  • Fahrkosten: 991.600 Euro
  • Häusliche Krankenpflege: 958.000 Euro
  • Arznei- und Verbandmittel: 512.000 Euro
  • Hilfsmittel Verordnungsfähige Hilfsmittel im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind Seh- und… : 351.000 Euro
  • Pflegeversicherung: 312.000 Euro
Pressesprecher

Riyad Salhi

AOK Hessen