Hintergrund

Glossar: Vom aktiven Fehler bis zum Zwischenfall

Wie in vielen Bereichen gibt es auch in der Thematik Patientensicherheit zahlreiche Fachbegriffe. Das folgende Glossar will helfen, die wichtigsten Begriffe zu verstehen und einzuordnen.

Aktiver Fehler: Sie treten auf der Ebene der praktisch tätigen Leistungsträger auf, etwa die Verabreichung einer falschen Arzneimitteldosis (im Englischen "Active Error").

Aktives Versagen: unsichere Handlungen oder Unterlassungen durch Personen, die unmittelbar unerwünschte Folgen haben können - Piloten, Chirurgen, Krankenschwestern etc. Der Begriff umfasst im englischen Sprachgebrauch: Handlungsfehler oder -versäumnisse (etwa das Ergreifen der falschen Spritze), kognitives Versagen (Erinnerungsfehler, Fehler aufgrund von Unwissenheit oder infolge einer Fehleinschätzung der Situation) und Zuwiderhandlungen (Abweichungen von sicheren Handlungsabläufen oder Standards). Im Gegensatz zu Fehlern, deren Ursache vor allem in Problemen der Informationsspeicherung (Vergesslichkeit, Unaufmerksamkeit) liegen, stehen Zuwiderhandlungen häufiger mit Motivationsschwierigkeiten in Zusammenhang.

Behandlungsfehler: Ein Behandlungsfehler Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn eine medizinische Behandlung nicht nach den zum Zeitpunkt der…  liegt vor, wenn eine medizinische Behandlung nicht nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards erfolgt ist. Medizinischer Standard ist, was dem gesicherten Stand der Wissenschaft auf dem jeweiligen medizinischen Fachgebiet entspricht.

Behandlungsschaden: Oberbegriff für alle Gesundheitsschäden, die nicht durch krankheitsimmanente Komplikationen, sondern entweder durch vermeidbare Behandlungsfehler oder durch nichtvermeidbare, sogenannte behandlungsimmanente Wirkungen entstanden sind. Diese Schadensarten voneinander abzugrenzen, kann im Einzelfall sehr schwierig sein. Beispiele: Gewebeschädigung durch Bestrahlung; Schaden durch ärztlichen Behandlungs- oder Diagnosefehler, Pflegefehler oder mangelnde Hygiene.

Beinahe-Fehler: ein Fehler, bei dem das Abweichverhalten rechtzeitig erkannt wird und so ein tatsächlicher Fehler vermieden wird. Als Beinahe-Fehler gilt jedes Vorkommnis, das unerwünschte Folgen hätte haben können, die im konkreten Fall jedoch nicht eingetreten sind und abgesehen vom Ergebnis (Outcome) von einem richtigen unerwünschten Ereignis nicht zu unterscheiden war (im Englischen "Near-miss").

Fehlversorgung: eine Form der durchgeführten oder unterlassenen Versorgung, die gemäß medizinischer Evidenz oder nach Maßgabe der Erfahrung häufig zu einem Behandlungsschaden (potenzieller Schaden) oder zu einem entgangenen Nutzen führt.

Gesundheitsschaden: eine vorübergehende oder dauerhafte Gesundheitsbeeinträchtigung, die der Patient im Zusammenhang mit der Behandlung, unabhängig von einem eventuellen Verschulden des Behandlers, erlitten hat.

Irrtum: eine unrichtige, der Wirklichkeit nicht entsprechende Vorstellung über Tatsachen einer Person. Anders als im Bereich der deutschen Rechtsprechung wird in Untersuchungen und Berichten aus englischsprachigen Ländern der Begriff des Fehlers (error) nicht notwendiger Weise im engen Kontext mit Vernachlässigung der Sorgfaltspflicht und Schaden gebraucht. Einem Behandlungsfehler mit vermeidbarem Schaden entspricht am ehesten der Terminus Negligence (Vernachlässigung), was in der Regel gleichbedeutend ist mit Substandard Care. Konsequenz dieser uneinheitlichen Begriffsdefinitionen sind unter anderem unterschiedliche Angaben zur Häufigkeit von unerwünschten Ereignissen, Fehlern und Schäden in der medizinischen Versorgung.

Kritisches Ereignis: ein Ereignis, das mit einem Schädigungspotenzial einhergeht, falls nicht gegengesteuert wird. Medikationsfehler: Im angelsächsischen Sprachraum wird ein Medikationsfehler (im Englischen "Medication Error") definiert als eine Medikamentengabe, die anders, als in der Krankenakte vermerkt, verabreicht wurde; Medikationsfehler gelten als Systemfehler.

Organisationsverschulden: wenn Arzt Die ärztliche Berufsausübung, die Ausübung der Heilkunde, setzt nach der Bundesärzteordnung eine… oder Krankenhausleitung die Pflicht, die Behandlung sachgerecht zu koordinieren und zu überwachen, verletzen, z.B. bei mangelhafter personeller Ausstattung (z. B. nicht ausreichend qualifizierte ärztliche und nichtärztliche Mitarbeiter, unzureichende Anweisung und Überwachung des medizinischen Personals), mangelhaftem Zeit- und Notfallmanagement, mangelhafter Überwachung von auszubildenden Ärzten und nichtärztlichem medizinischem Fachpersonal oder mangelhafter apparativer Ausstattung (z. B. vermeidbarer Einsatz verunreinigter Arzneimittel Nach der Definition des Arzneimittelgesetzes (AMG) sind Arzneimittel insbesondere Stoffe und… und Medizinprodukte, unterlassene Sicherstellung der Funktionstüchtigkeit der eingesetzten medizinischen Geräte etc.).

Patientensicherheit: ist die Abwesenheit unerwünschter Ereignisse und damit das Ergebnis aller durchgreifenden Maßnahmen in Klinik und Praxis, die darauf gerichtet sind, Patienten vor vermeidbaren Schäden in Zusammenhang mit der Heilbehandlung zu bewahren.

Risikomanagement: umfasst sämtliche Maßnahmen zur systematischen Erkennung, Analyse, Bewertung, Überwachung und Kontrolle von Risiken mit dem Ziel, Fehler zu vermeiden

Unerwünschte Ereignisse: Schädliche Vorkommnisse beziehungsweise Ereignisse, die eher auf der Behandlung als auf der Erkrankung beruhen, vermeidbar oder unvermeidbar sein können und möglicherweise, aber nicht zwangsläufig zu einem konsekutiven Schaden für den Patienten führen (im Englischen "Adverse Events").

Unerwünschte Wirkung: möglicher "Nebeneffekt" einer medizinischen Intervention, oft auch billigend in Kauf genommen oder unvermeidbar (Beispiel: Chemotherapie).

Unerwünschter Arzneimittelschaden: schädliche und unbeabsichtigte Effekte beim bestimmungsmäßigen Gebrauch eines Arzneimittels, die zusätzlich zur gewünschten Hauptwirkung auftreten (im Englischen "Adverse Drug Event").

Unerwünschte Arzneimittelwirkung (UAW): jede gesundheitsschädliche und unbeabsichtigte Wirkung eines Medikaments, die in Dosierungen auftritt, die beim Menschen zur Prophylaxe, Diagnostik oder Therapie üblich sind (im Englischen "Adverse Drug Reaction").

Zwischenfall: ein Ereignis im Rahmen einer Heilbehandlung, welches zu einer unbeabsichtigten und/oder unnötigen Schädigung einer Person oder zu einem Verlust hätte führen können oder geführt hat.