Beispiele für schadhafte Medizinprodukte
Fehlerhafte Medizinprodukte, die im Körper eines betroffenen Versicherten eingesetzt werden, können zu erheblichen Beeinträchtigungen führen. Im Bedarfsfall kann ein Implantatwechsel nötig sein. Betroffen davon sind zum Beispiel künstliche Hüft- und Kniegelenke oder Herzschrittmacher – etwa wenn die Batterie des Herzschrittmachers aufgrund eines Defekts vorzeitig versagt.
Robodoc®
Das US-amerikanische Produkt Robodoc® wurde 1992 in den USA entwickelt, dort aber nie zur allgemeinen Anwendung im Klinikbetrieb zugelassen. In Deutschland hingegen erhielt Robodoc® nach Prüfung der technischen Sicherheit durch den TÜV Rheinland die europaweite Zulassung Die Berechtigung, zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) Leistungen zu erbringen, setzt… . 2003 verklagten mehrere Patientinnen und Patienten aufgrund von Beschwerden Kliniken in Deutschland, in denen sie mit Robodoc® operiert worden waren. Die später festgestellten Schädigungen der Betroffenen - durch die notwendige größere Operationswunde und den Zug am Gewebe kam es zu schweren Muskel- und Nervenschäden mit Lähmungen - betraf keine US-amerikanischen Patientinnen. Die seinerzeit sehr großzügigen Zulassungsregelungen in Deutschland führten somit auch dazu, dass amerikanische Firmen ihre in den USA nicht zugelassenen Medizinprodukte Medizinprodukte sind Apparate, Instrumente, Vorrichtungen, Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen oder… unkontrolliert in Deutschland und Europa erproben konnten.
Organ Care System (Transmedics, USA)
In den USA ist dieses Gerät zum Transport von Spenderherzen bei Organspenden nur zu Forschungszwecken zugelassen. In Deutschland kann das System ohne Einschränkungen verwendet werden. Der Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestags hat sich dennoch das Produkt in den USA angeschaut, wo keine Zulassung besteht, anstatt in einem der Deutschen Herzzentren, wo das Produkt teilweise schon lange routinemäßig eingesetzt wird. Aufgrund der Kostenübernahme durch die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) ist es gelungen, im Rahmen der Anwendung in Deutschland Studien durchzuführen.
Stents bei Verengung von Gehirngefäßen
Nachdem diese Verfahren zur Vermeidung von Schlaganfällen tausendfach unkontrolliert angewendet worden waren, musste eine randomisierte kontrollierte Studie abgebrochen werden, weil die Schlaganfallhäufigkeit und Sterblichkeit in der Gruppe der Patienten mit Stent deutlich höher waren als in der Gruppe mit medikamentöser Therapie. Nach einem Jahr war das Risiko für Schlaganfall oder Tod mit einem Stent mit 20 Prozent fast doppelt so hoch wie bei medikamentöser Therapie mit 12,2 Prozent (Quelle: unter anderem New England Journal of Medicin, 15.09.11, 365 (11), Seiten 993-1003).
Vaginale Netze
Bei Inkontinenzoperationen bei Frauen wird zur Hebung der Gebärmutter beziehungsweise zur Verstärkung der Beckenbodenmuskulatur ein Netz transvaginal implantiert. Diese Netze können sehr schwere Nebenwirkungen verursachen, zum Beispiel können sie in umliegende Organe einschneiden, so dass Gewebe abstirbt oder schneiden sich durch die Schleimhaut oder Haut; durch das Einbringen über die (unsterile) Vagina werden zudem häufig Infektionen verursacht. Wegen der Häufung solcher schweren Nebenwirkungen müssen die Hersteller in den USA nun Studien zur Sicherheit und zum Nutzen nachlegen. In Deutschland gibt es solche Limitationen nicht, obgleich auch hier dieser Eingriff alleine bei AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… -Patienten 8.000 mal pro Jahr erfolgt, was hochgerechnet mehr als 25.000 solcher Eingriffe pro Jahr in Deutschland ergibt.
Brustimplantate
Während in Deutschland und Europa die „Benannte Stelle“ (im konkreten Fall der Prothesen der Firma Poly Implant Prothese, kurz PIP: der TÜV Rheinland) sich vorher zur Prüfung anmeldet, erfolgen durch die US-amerikanische Bundesgesundheitsbehörde FDA unangemeldete Stichprobenprüfungen. Diese Inspektionen sind streng. In den USA wurden nur zwei mit Silikongel gefüllte Brustimplantate zugelassen (November 2006, Allergan Natrelle und Mentor MemoryGel). Die Firmen mussten zusätzlich zu den Zulassungsstudien weitere Studien zur Langzeitwirkung und zur Sicherheit der Implantate durchführen. Die PIP-Prothesen wurden in den USA nie zugelassen, eine mit Kochsalz gefüllte Prothese dieses Herstellers wurde von der FDA schon 2000 nach einem Besuch bei PIP in den USA verboten.