Krankenhausversorgung in Niedersachsen
Akutstationäre Behandlungen erfolgen in Krankenhäusern, die gesetzlich festgelegte Voraussetzungen erfüllen. Kliniken können ihre Patientinnen und Patienten vollstationär, stationsäquivalent, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant und im Rahmen der Tagesbehandlung versorgen.
Patientinnen und Patienten haben insbesondere Anspruch auf vollstationäre Behandlung, wenn das Behandlungsziel durch eine teil-, vor- oder nachstationäre sowie durch ambulante Behandlung nicht erreicht werden kann. Die Kosten für Krankenhausbehandlung bilden innerhalb der Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) den größten Block; ihr Anteil liegt seit Jahren bei knapp einem Drittel. So entfielen bundesweit von 288,9 Milliarden Euro, die die GKV 2022 für Leistungen ausgab, 87,48 Milliarden Euro auf die Krankenhäuser. Für 2024 ist eine umfassende Reform der stationären Versorgung geplant.
Zahlen – Daten – Fakten für Niedersachsen
- Im Jahr 2021 gab es in Niedersachsen 170 Krankenhäuser mit 40.186 Betten zur stationären Versorgung. Gegenüber 2020 waren das 8 Betten und eine Klinik weniger.
- Der durchschnittliche Krankenhausaufenthalt, die sogenannte Verweildauer der Patienten, betrug 2021 7,1 Tage.
- 2021 waren im niedersächsischen Krankenhaussektor 81.935 Vollzeitkräfte beschäftigt, das waren 414 oder 0,5 Prozent mehr als im Jahr 2020. Darunter waren 14.273 ärztliche Vollzeitkräfte (40 bzw. 0,3 Prozent mehr als im Vorjahr) und 31.797 Vollzeitkräfte in der Pflege (793 mehr als im Jahr 2020).
- Die Zahl der stationären Behandlungsfälle lag in Niedersachsen im Jahr 2021 bei 1,5 Millionen Fällen, im Jahr 2019 waren es 1,7 Millionen Fälle.
- 61 Krankenhäuser waren 2021 in privater Trägerschaft, 64 in freigemeinnütziger, 45 in öffentlicher Trägerschaft.
Krankenhausplanung auf Länderebene
Die Planung der akutstationären Versorgung ist in Deutschland Aufgabe der Bundesländer. In ihren Krankenhausgesetzen regeln die Länder die Rahmenbedingungen der Krankenhausplanung, die Zulassungsbedingungen für Kliniken sowie die stationären Leistungsangebote und Kapazitäten. Anhand von Kriterien wie z.B. Einwohnerzahl, Erreichbarkeit und Auslastung der Kliniken entscheiden die Bundesländer darüber, welche Kliniken für die Versorgung benötigt werden. Die Krankenkassen sind verpflichtet, mit diesen Plankrankenhäusern Vergütungsverträge abzuschließen.
Publikationen zum Thema
Seit 1993 gibt das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) jährlich den Krankenhaus-Report zu den Entwicklungen in der stationären Versorgung heraus. In der Publikation diskutieren und kommentieren Experten aus Forschung und Praxis jeweils ein Schwerpunktthema. Außerdem enthält der Report eine Analyse der Jahreszahlen des Statistischen Bundesamtes zum Krankenhausbereich sowie jeweils eine Liste mit wichtigen Kennzahlen zu den Kliniken in Deutschland.
Reform der Krankenhausstruktur
Die Reform der Krankenhausstrukturen verbunden mit einer Weiterentwicklung des stationären Vergütungssystems ist wohl das bedeutendste gesundheitspolitische Vorhaben dieser Legislaturperiode. Nach der Verabschiedung des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) im Deutschen Bundestag steht zu erwarten, dass sich die Krankenhäuser künftig stärker spezialisieren werden. Die Zuweisung von Behandlungsaufträgen nach bundesweit einheitlich definierten Leistungsgruppen nur an solche Kliniken, die die jeweiligen Qualitätskriterien mit Blick auf die personelle und technische Ausstattung vorhalten, sichert eine hohe Qualität in der Patientenversorgung.
Niedersachsen hat schon im Jahr 2022 einen großen Schritt unternommen, um die Krankenhauslandschaft im Land neu zu strukturieren. Zum Ende der letzten Legislaturperiode hat der Landtag das am 01.01.2023 in Kraft getretene neue Niedersächsische Krankenhausgesetz (NKHG) beschlossen. Es basiert auf den Empfehlungen der Enquetekommission, in der Gesundheitspolitiker aus dem Landtag sowie Experten aus der Selbstverwaltung (u.a. auch Vertreterinnen und Vertreter der AOK Niedersachsen) und der Wissenschaft gemeinsam Vorschläge für eine Weiterentwicklung der stationären Versorgung in Niedersachsen entwickelt haben.
Der Landesgesetzgeber hat sich im NKHG dafür entschieden, die Krankenhausplanung statt wie bisher in vier künftig in acht Versorgungsregionen durchzuführen. Diese kleinräumigere Planung ermöglicht eine passgenaue wohnortnahe Versorgung im Flächenland.
Neu ist auch, dass Regionale Gesundheitszentren (RGZ) als neue Angebotsform geschaffen wurden. Dies sind zentrale regionale Einrichtungen zur sektorenübergreifenden wohnortnahen medizinischen Versorgung von Patientinnen und Patienten, in der verschiedene Leistungserbringende ihrer Tätigkeit interdisziplinär und interprofessionell nachgehen können. Mindestvoraussetzung für ein regionales Gesundheitszentrum sind eine tägliche Erreichbarkeit von 24 Stunden, Angebote zur ambulanten fachärztlichen Versorgung sowie die Verfügbarkeit einer bettenführenden Pflegeeinheit. Als RGZ kann nach dem NKHG ein Allgemeinkrankenhaus zur kurzstationären Versorgung in den Krankenhausplan aufgenommen werden, wenn es als Nachfolgeeinrichtung eines Krankenhauses betrieben wird, das am 01.01.2023 im Krankenhausplan aufgenommen war. Je nach Konzept des RGZ können Hausarztpraxen ebenso wie fachärztliche Praxen in ein RGZ integriert werden.
Das Konzept der RGZ entspricht im Kern dem der „sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen“ (Verbindung von wohnortnahen, stationären Leistungen der Grundversorgung mit ambulanten fach- und hausärztlichen Leistungen) im KHVVG. Das erste RGZ wurde im April 2023 im Landkreis Osnabrück eingerichtet, weitere RGZen folgten.
Die Landesregierung hat ein gegenüber den Vorjahren deutlich höher dotiertes Investitionsprogramm für die niedersächsischen Krankenhäuser auf den Weg gebracht. So wollen Land und Kommunen in den nächsten zehn Jahren drei Milliarden Euro in den Neubau bzw. die Modernisierung der Kliniken investieren.
Sofern der Bundesrat keine Einwände zum KHVVG formuliert und es in Kraft treten kann, überprüft Niedersachsen, ob es sein Krankenhausgesetz an das neue Planungsrecht anpassen muss. Dies umfasst das NKHG selbst wie auch die korrespondierende Rechtsverordnung, die viele Vorgaben aus dem Gesetz konkretisiert.
Das Projekt STATAMED – neue regionale Krankenhausversorgung für Niedersachsen
Unabhängig vom Krankenhauswandel hin zu größeren und leistungsstärkeren Kliniken mit höherer Behandlungsqualität sieht die AOK den Bedarf für eine wohnortnahe Versorgung als Bindeglied zwischen ambulanten Praxen und spezialisierten Kliniken. Dazu ist im Juli 2023 das Projekt „STATAMED: kurzstationäre, allgemeinmedizinische Versorgung“ gestartet. Gemeinsam mit sechs Klinikstandorten setzen es die AOK Niedersachsen und die AOK Rheinland/Hamburg um. Das Projekt wird vom Innovationsfonds mit knapp 11 Millionen Euro über eine Zeit von vier Jahren gefördert. Im April 2024 soll dann in Niedersachsen die Versorgung an den Standorten Bad Gandersheim, Sulingen und Norden beginnen.
„Das Innovationsfondsprojekt ermöglicht, mit einem starken Netzwerk neue Strukturen zu entwickeln, um gerade ältere Patienten auch zukünftig wohnortnah und bedarfsgerecht versorgen zu können. “
Vorstandsvorsitzender der AOK Niedersachsen
Hintergrund: Außerhalb der klassischen, aufwändigen Krankenhausbehandlung gibt es in Deutschland keine ärztliche und pflegerische „Rund-um-die-Uhr-Versorgung“ für wenige Tage. Aber gerade bei älteren Patienten mit z.B. akuten Infekten oder chronischen Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder Herzschwäche besteht zunehmend Bedarf, für kurze Zeit wohnortnah und mit enger Anbindung an ihr häusliches Umfeld und den Hausarzt stationär behandelt werden zu können.
Darum soll es mit dem „STATAMED“-Projekt ein Versorgungsnetz aus Arztpraxen, Rettungsdienst, Pflegeeinrichtungen, Klinikärzten und Pflegefachkräften geben. Der Patient wird dabei durchgängig von einem Gesundheitslotsen unterstützt und die Pflegefachkraft aus der Klinik kommt nach der Entlassung auch als „Flying Nurse“ nach Hause.
Diese Klinik-Standorte in Niedersachsen wurden bewusst für das Projekt gewählt, da dort Veränderungen bereits beschlossen sind:
Bad Gandersheim: Im Rahmen eines Betreiberwechsels in Bad Gandersheim zum 01.10.2023 haben der Landkreis Northeim, die Stadt Bad Gandersheim und die Universitätsmedizin Göttingen (UMG) gemeinsam das Regionale Gesundheitszentrum (RGZ) „BürgerGesundheitsPark Bad Gandersheim“ gegründet. Darauf wird das Projekt STATAMED aufsetzen und die neuen Versorgungsangebote und -prozesse evaluieren. Zum 15.01.2024 beginnt der Standort Bad Gandersheim mit der Patientenversorgung.
Sulingen: Der Standort des Krankenhauses Sulingen wird mit dem geplanten Neubau in Twistringen-Borwede (Landkreis Diepholz), in dem die drei Klinken Bassum, Diepholz und Sulingen zusammengeführt werden, ebenfalls eine Veränderung erfahren. Hier wird STATAMED zunächst in einer eigenständigen Station parallel zum Klinikbetrieb umgesetzt werden.
Norden: Durch den geplanten Bau des Zentralklinikums in Georgsheil (Landkreis Aurich) ist die Zusammenführung der Krankenhausstandorte Aurich, Norden und Emden in Planung. Durch das STATAMED-Projekt wird am Standort in Norden das Angebot für niedrigschwellige stationäre Versorgung ergänzt. Seit Dezember 2023 hat der Standort Norden nun auch den offiziellen Status als Regionales Gesundheitszentrum (RGZ).
Die Versorgung innerhalb des Projekts startete im April 2024. Im Vorfeld wurden die zentralen Akteure wie die leitenden STATAMED-Ärztinnen und -Ärzte, Patientenlotsen sowie die „Flying Nurses“ auf ihre neuen Aufgaben vorbereitet und die infrastrukturellen Voraussetzungen für die kurzstationäre Versorgung geschaffen. Sukzessive werden die regionalen Versorgungsnetzwerke über die Sektorengrenzen hinweg weiter aufgebaut und ausgeweitet, damit möglichst viele Patientinnen und Patienten in STATAMED versorgt werden können.
Zum Projektkonsortium gehören neben den AOKs Niedersachsen und Rheinland/Hamburg sechs Krankenhaus-Standorte (drei in Niedersachsen und drei in Nordrhein-Westfalen bzw. Hamburg). Für die wissenschaftliche Prozessbegleitung konnte das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) gewonnen werden. Die externe Evaluation erfolgt durch die Medizinische Hochschule Hannover (MHH – Institut für Allgemeinmedizin und Palliativmedizin) und das Hamburg Center für Health Economics (HCHE) der Universität Hamburg. Im Rahmen der Evaluation wird auch die Akzeptanz bei Patienten, Ärzten, Pflegepersonal und Bevölkerung erhoben. Wirtschaftliche und regulatorische Fragestellungen rund um die Finanzierung und Vergütung von STATAMED im Betrieb begleitet das Institute for Health Care Business (hcb GmbH).
Der Innovationsfonds dient als zentrales gesundheitspolitisches Instrument zur Förderung neuer Versorgungsformen und Versorgungsforschung in Deutschland. Pro Jahr stehen dafür 200 Millionen Euro zur Verfügung.