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Abnehmspritzen: Ein Trend mit Folgen  

14.10.2024 AOK Niedersachsen 3 Min. Lesedauer

Internationaler Hype um Semaglutid und Tirzepatid: In den letzten Monaten hat die Nachfrage nach sogenannten Abnehmspritzen – die ursprünglich Diabetesmedikamente sind – auch in Niedersachsen stark zugenommen. Immer mehr Menschen suchen nach schnellen und effektiven Lösungen zur kosmetischen Gewichtsreduktion. Die Folgen: Die Präparate werden zu Lifestyle-Zwecken eingesetzt, die Anzahl der gefälschten Rezepte schießt in die Höhe und Diabetiker, die auf die Wirkstoffe angewiesen sind, werden mit Lieferengpässen konfrontiert.

Diabetes-Medikamente auch für Adipositas-Therapie zugelassen

Die Wirkstoffe Liraglutid (Victoza®), Semaglutid (Ozempic®) sowie Tirzepatid (Mounjaro®) wurden ursprünglich nur zur Behandlung von Typ-2-Diabetes zugelassen. Seit April 2016 sind Liraglutid als Saxenda®, seit Juli 2023 Semaglutid als Wegovy® und seit Dezember 2023 Tirzepatid als Mounjaro® aber auch zur Behandlung bei Übergewicht auf dem deutschen Markt. Sie dürfen damit für diese Indikation ärztlich verordnet werden. Weitere Wirkstoffe dieser Substanzklasse, die ausschließlich zur Behandlung von Typ-2-Diabetes zugelassen sind, stellen Exenatid (Byetta®), Dulaglutid (Trulicity®) und Lixisenatid in Kombination mit Insulin glargin (Suliqua®) dar.

Die medikamentöse Hilfe zum Abnehmen ist allerdings keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).

Medikamente haben appetitzügelnde Wirkung

Die Medikamente reduzieren u.a. den Appetit und verstärken das Sättigungsgefühl. Dies geschieht vorrangig durch eine erhöhte glukoseabhängige Insulinfreisetzung und verzögerte Magenentleerung. Zudem wird zentral wirkend im Bereich des Hypothalamus und des Hirnstamms das Hungergefühl weiter gehemmt.

Abnehmspritzen mit erheblichen Nebenwirkungen

Bei Einnahme der Medikamente können laut Herstellerinformationen nennenswerte Nebenwirkungen auftreten. Zu den häufigeren zählen Übelkeit, Flüssigkeitsmangel (Dehydration) infolge von Erbrechen und Durchfall sowie Unterzuckerung z.B. bei gleichzeitiger Anwendung mit Insulin oder Sulfonylharnstoff. Seltener treten allergische Reaktionen und eine akute Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis) auf.  Die verzögerte Magenentleerung kann insbesondere bei operativen Eingriffen zu Komplikationen führen.

Prominente verstärken den Hype

Dass Ozempic® und Co. so begehrt sind, lässt sich auf mehrere Faktoren zurückführen. Gemäß der Studie „Gesundheit in Deutschland aktuell“ (GEDA 2019/2020-EHIS) waren rund 54 Prozent der Erwachsenen in Deutschland von Übergewicht betroffen. International nutzen u.a. Prominente diese Medikamente ohne medizinische Notwendigkeit – und berichten darüber in den Medien und in den sozialen Netzwerken. Häufig werden Erfolge dargestellt, der Gewichtsverlust kann jedoch auch irreversible Spuren hinterlassen, die als „Ozempic-face“ publik wurden.

Hohe Nachfrage und Kosten befeuern Schwarzmarkt

Der Rezept-Betrug mit den genannten Arzneien nimmt weiter zu. Die AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… Niedersachsen geht seit September 2023 verstärkt gegen eine Serie von Fälschungen bei Rezepten für Diabetesmedikamente vor. Seitdem sind über 2.200 Fälschungen auffällig geworden, der Schaden liegt bei über 570.000 Euro. Die Täter erlangten dadurch insgesamt 9.482 Pens. Die Gesundheitskasse hat bislang noch zu keiner anderen Medikamentengruppe eine derart hohe Zahl an Rezeptfälschungen in so kurzer Zeit festgestellt.

Mögliche Ursachen dafür sind die hohe Nachfrage und die unter anderem dadurch aufgetretenen Lieferengpässe und die hohen Arzneimittelkosten von 200 bis 300 Euro pro Monat für Selbstzahler. Dazu kommt, dass nicht nur Rezepte gefälscht werden, sondern gefälschte Produkte verkauft werden. Diese stellen ein großes Gesundheitsrisiko dar. Umetikettiertes Insulin wird von Kriminellen als vermeintliches Ozempic® vertrieben. Eine Anwendung kann für Nicht-Diabetiker lebensbedrohlich werden.

Person: Stefanie Ohlendorf, Pressesprecherin AOK Niedersachsen
Pressesprecherin

Stefanie Ohlendorf

AOK Niedersachsen