Pressemitteilung

Niedersachsen: Defizite in der Versorgung von Depressions-Patienten

26.07.2022 AOK Niedersachsen 3 Min. Lesedauer

Landesweit größte Studie untersucht Daten von 285.000 Betroffenen

Depressionen im Beruf
Von Depressionen ausgebremst

Wie gut werden Menschen mit Depressionen versorgt? In Niedersachsen wurde dazu jetzt die landesweit bisher umfangreichste Studie veröffentlicht. Das Ergebnis gibt zu denken. Dr. Jürgen Peter, Vorstandsvorsitzender der AOK Niedersachsen: „Die Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen ist ein ungemein wichtiges Thema. Mit der Analyse möchten wir einen Einblick in die Versorgung geben und betrachten parallel, wo Optimierungspotenzial bestehen könnte.“

Für die Analyse haben die Versorgungsforscher der AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… Niedersachsen im Team mit Experten der Medizinischen Hochschule Hannover, der Leibniz Universität Hannover und der Ostfalia Hochschule Wolfsburg für das Jahr 2018 die Daten von mehr als 285.000 Personen mit einer diagnostizierten Depression (ICD-10 F32, F33 und F34.1) ausgewertet.

Patienten und Schweregrad

Patienten mit Depressionsdiagnose waren im Mittel 58 Jahre alt, zwei Drittel waren weiblich. Differenziert nach Schweregrad, litten die meisten Menschen unter einer mittelgradigen Form der Depression (30 Prozent) und jeweils 16 Prozent unter einer leichten oder schweren Form. In 38 Prozent der Fälle konnte kein Schweregrad zugeordnet werden, da ausschließlich unspezifische Diagnosen vorlagen.

Versorgung und Leistungen

Mit einem Anteil von 78 Prozent war die zentrale Anlaufstelle für Betroffene der Hausarzt. Jeder fünfte Patient befand in Behandlung bei einem spezialisierten Facharzt Will ein Arzt nach erfolgter Approbation eine Fachgebietsbezeichnung (zum Beispiel Arzt für… wie Psychiater oder Nervenarzt und nur jeder 20. Patient hatte Kontakt zu einem psychologischen Psychotherapeuten Ausübung von Psychotherapie ist nach dem Psychotherapeutengesetz vom 1. Januar 1999 die mittels… .

Insgesamt nahmen 51 Prozent der Betroffenen eine nicht antragspflichtige psychotherapeutische Leistung in Anspruch – zum Beispiel niedrigschwellige Arzt Die ärztliche Berufsausübung, die Ausübung der Heilkunde, setzt nach der Bundesärzteordnung eine… -Patientengespräche, differentialdiagnostische Abklärung, psychotherapeutische Sprechstunde oder Probesitzungen. Eine umfassende antragspflichtige psychotherapeutische Behandlung wie eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie oder Verhaltenstherapie nahmen 6 Prozent der Patienten in Anspruch. 42 Prozent der Patienten wurden Antidepressiva verschrieben.

Defizite in der Versorgung

Dennoch erscheint die Versorgung laut Experten insgesamt unzureichend. „Besonders auffällig ist, dass von den Patienten mit einer schweren Depressionsdiagnose nur 40 Prozent Kontakt zu einem spezialisierten Facharzt hatten. Nur rund 60 Prozent bekamen Antidepressiva und nur etwa jeder zehnte Patient erhielt eine umfassende psychotherapeutische Versorgung nach Psychotherapie-Richtlinie. Bedenkt man, dass nach Leitlinie schwer betroffene Patienten sowohl medikamentös als auch psychotherapeutisch versorgt werden sollten, können wir klare Defizite in der Versorgung erkennen,“ sagt Prof. Kai G. Kahl, leitender Oberarzt der Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie an der Medizinischen Hochschule Hannover und Co-Autor der Studie.

AOK-Chef Dr. Peter: „Wir sehen auch, dass bei 40 Prozent der Patienten ausschließlich eine unspezifische Depressionsdiagnose gestellt wurde. Da sich Art und Umfang der Therapie jedoch nach Schweregrad der Erkrankung richten, sollte verstärkt Augenmerk auf die Diagnosestellung und Schweregradbeurteilung gelegt werden.“

Die Ursachen dafür, dass ein erheblicher Teil der Patienten mit einer Depressionsdiagnose nicht entsprechend der nationalen Versorgungsleitlinie therapiert wurde, lassen sich anhand der genutzten Daten nicht feststellen. Sie könnten nach Meinung der Wissenschaftler durch verschiedene Faktoren bedingt sein. Möglich seien hier versorgungsseitig z.B. unzureichende diagnostische Maßnahmen, patientenseitig u.a. Ablehnung von Medikamenten oder therapeutischen Behandlung oder auch – strukturell bedingt – ein mangelnder Zugang zu Fachspezialistinnen und –Spezialisten, sowie Wartezeiten.

Die Ergebnisse der Studie wurden im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht und sind unter aerzteblatt.de/archiv/225952/Versorgungssituation-von-Menschen-mit-Depressionsdiagnose abrufbar.

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Person: Stefanie Ohlendorf, Pressesprecherin AOK Niedersachsen
Pressesprecherin

Stefanie Ohlendorf

AOK Niedersachsen