Berliner Krankenstand: Jeder dritte Fehltag geht auf Langzeit-Erkrankungen zurück
Krankenstands-Bilanz für 2024

Im Schnitt 21 Tage fehlte jeder Berliner Beschäftigte im vergangenen Jahr krankheitsbedingt bei der Arbeit. Eine Analyse der AOK Nordost zeigt nun: Rund jeder dritte Fehltag in Berlin ging auf langzeiterkrankte Berlinerinnen und Berliner zurück. Die häufigste Ursache für langen Fehlzeiten sind psychische Erkrankungen.
Der Krankenstand Der Krankenstand beziffert die Zahl der arbeitsunfähig geschriebenen Kranken bezogen auf 100… in Berlin hat sich seit dem Jahr 2022 auf einem höheren Niveau als vor der Pandemie eingependelt. Das schränkt viele Berliner Unternehmen und Verwaltungen in ihrer Leistungsfähigkeit ein. Wie die Analyse der AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… Nordost zeigt, mussten sich dabei nur knapp drei Prozent der Erkrankten länger als sechs Wochen krankschreiben lassen. Aber: Diese Langzeiterkrankungen sind für mehr als jeden dritten krankheitsbedingten Fehltag in der Hauptstadt verantwortlich.
Allein bei den AOK-versicherten Berliner Beschäftigten waren Langzeiterkrankungen im vergangenen Jahr für rund 2,7 Millionen Fehltage verantwortlich.
Arbeitgeber können Langzeiterkrankungen oft vorbeugen
Analysen des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO Das WIdO (Wissenschaftliches Institut der AOK) liefert als Forschungs- und Beratungsinstitut der… ) zeigen, dass rund 40 Prozent der langzeiterkrankten Beschäftigten wegen psychischer Erkrankungen und wegen Muskel-Skelett-Erkrankungen ausfallen.
„Arbeitgeber können viel dazu beitragen, diesen Erkrankungen durch ein gutes betriebliches Gesundheitsmanagement vorzubeugen. Wir als AOK Nordost beraten und unterstützen Unternehmen in der Region bedarfsorientiert zur Gesunderhaltung der Beschäftigten“, sagt Anke Jurchen, Leiterin des Betrieblichen Gesundheitsmanagements der AOK Nordost.
Atemwegserkrankungen und psychische Erkrankungen haben zugenommen

Der Krankenstand der AOK-versicherten Berliner Beschäftigten lag im Vorjahr bei 5,7 Prozent, etwas geringer als 2023 als er rund 5,9 Prozent betrug. Das Niveau bleibt aber im Vergleich zum Zeitraum vor der Pandemie hoch: Zwischen 2014 und 2019 pendelte der Berliner Krankenstand stets um die fünf Prozent.

Vor allem zwei Diagnosen sind für den deutlichen Anstieg des Berliner Krankenstands seit dem Jahr 2022 verantwortlich: Die Fehltage wegen Atemwegserkrankungen haben 2024 im Vergleich zu 2019 um rund ein Drittel zugenommen, die Fehltage wegen psychischer Erkrankungen um rund ein Fünftel.
Vollständigere Erfassung erklärt einen Teil des Anstiegs

Aber: Die Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU Mit dem dritten Bürokratieentlastungsgesetz hat der Gesetzgeber 2019 die Einführung einer… ) im Juli 2022 führt auch zu einer vollständigeren Erfassung des Krankenstands. Vereinfacht ausgedrückt: Ein Teil des Anstiegs des Krankenstands hat „nur in der Statistik“ stattgefunden – nicht in der Realität.
Das legt eine Analyse der AOK Nordost am Beispiel der Atemwegserkrankungen nahe. Im Jahr 2021 ließ sich rund jeder zehnte AOK Nordost-Versicherte wegen eines Atemwegsinfekts ärztlich behandeln. Im Jahr 2023 war es rund jeder Siebente – ein Anstieg der ärztlichen Behandlungen um fast 50 Prozent.
Doch die Anzahl der bei der AOK Nordost registrierten Krankmeldungen wegen eines Atemwegsinfekts stieg im selben Zeitraum nicht um 50 Prozent an. Sondern um 115 Prozent.
Zu erklären ist das damit, dass viele Versicherte zu Zeiten des „gelben Scheins“ darauf verzichteten, einen Durchschlag ihrer Krankmeldung bei der Krankenkasse einzureichen. Das brachte bei kürzeren Erkrankungen keine Nachteile mit sich. In den ersten sechs Wochen eines Krankheitsfalls zahlt der Arbeitgeber den Lohn weiter, erst bei Langzeiterkrankungen springt die Krankenkasse ein.
Nicht eingereichte Bescheinigungen konnten von den Krankenkassen Die 97 Krankenkassen (Stand: 26.01.22) in der gesetzlichen Krankenversicherung verteilen sich auf… statistisch nicht erfasst werden – daher gab es vor Einführung der eAU eine „Dunkelziffer“ nicht erfasster Krankmeldungen.
Seit Einführung der eAU im Juli 2022 übermitteln Arztpraxen den Krankenkassen elektronisch, wenn ein Patient eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erhält. Dadurch geht kaum noch eine Krankmeldung statistisch verloren.
„Auch wenn man diesen statistischen Effekt abzieht – der Anstieg bei psychischen Erkrankungen ist auch ein Indiz dafür, dass Belastungen in der Arbeitswelt in den vergangenen Jahren zugenommen haben. Das beste Mittel, um den Krankenstand zu senken, ist und bleibt ein gesundes Arbeitsumfeld. Dafür können Betriebe gemeinsam mit ihren Beschäftigten selbst einiges tun“, fasst Anke Jurchen zusammen.
Hinweise für Journalistinnen und Journalisten
Für die Analyse des Berliner Krankenstands hat das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) für die AOK Nordost die Krankmeldungen der AOK-versicherten Beschäftigten für die Jahre 2014 bis 2024 detailliert ausgewertet. Datenbasis der Auswertungen sind sämtliche Arbeitsunfähigkeitsfälle, die der AOK Nordost in den Jahren 20214 bis 2024 gemeldet wurden. Im Zusammenhang mit Schwangerschaften und Kinderkrankengeldfällen auftretende Fehlzeiten wurden dabei nicht berücksichtigt Kurzzeiterkrankungen bis zu drei Tagen Dauer werden von den Krankenkassen nur erfasst, soweit eine ärztliche Krankschreibung vorliegt.
Rund jede und jeder Fünfte ist in Berlin bei der AOK Nordost versichert. Die AOK Nordost ist damit eine der größten Krankenkassen in Berlin.