Primärarztsystem: "Den Weg des Patienten besser steuern"
Leonie Sundmacher möchte, dass Patientinnen und Patienten gezielter und schneller eine fachärztliche Versorgung erhalten. Ein Primärarztsystem könnte dabei helfen.
Der Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege (SVR) attestiert dem Deutschen Gesundheitswesen in mehreren Gutachten die unzureichende Steuerung der Gesundheitsversorgung. Was muss sich ändern?
Wir haben im letzten Gutachten des Sachverständigenrats deutlich gemacht, dass das deutsche Gesundheitssystem zu komplex ist und nicht mehr den Bedürfnissen der Menschen entspricht. Vier von fünf Menschen in Deutschland haben Schwierigkeiten, die richtige Ansprechperson für ihr Gesundheitsproblem zu finden. Dieser Umstand ist nicht das Resultat erschreckend niedriger Gesundheitskompetenz, sondern eines zunehmend fragmentierten Systems. Es mangelt an konsentierten Pfaden, welche die Patientinnen und Patienten zügig zu der für sie besten Versorgung leiten. Zudem erschwert die freie Arztwahl Jeder Patient hat das Recht, den (Zahn-)Arzt seines Vertrauens frei zu wählen. Dieses Recht kann aus… , welche die nicht gesteuerte Inanspruchnahme von Haus und Fachärztinnen und -ärzten erlaubt, die Koordination zwischen den Versorgern.
Der SVR spricht sich perspektivisch für den Aufbau eines Primärarztsystems aus. Welche Vorteile hätte das?
Primärärztinnen und -ärzte koordinieren und steuern den Zugang zur fachärztlichen Versorgung. Sie sind der erste Ansprechpartner für gesundheitliche Probleme. Ihre Aufgabe ist es, die Patientinnen und Patienten zügig zu der bedarfsgerechten fachärztlichen Versorgung zu überweisen. Hiervon erhofft man sich, dass Patientinnen und Patienten mit Versorgungsbedarf schneller eine fachärztliche Behandlung erhalten, indem medizinisch nicht notwendige Inanspruchnahme möglichst reduziert wird. In primärärztlichen Systemen, wie zum Beispiel den Niederlanden oder Dänemark, erfolgt die Inanspruchnahme von Fachärzten sekundär und meist in spezialisierten Zentren.
„Das Gesundheitssystem ist zu komplex und entspricht nicht mehr den Bedürfnissen der Menschen.“
Leiterin des Fachgebiets für Gesundheitsökonomie der Technischen Universität München und Mitglied des Sachverständigenrates Gesundheit & Pflege
Eine solche Transformation ist ein längerer Prozess. Was wären die ersten Schritte?
Der Rat empfiehlt, die Teilnahme an einem Modell zu fördern, das vorsieht, dass die Inanspruchnahme von Fachärztinnen und -ärzten in der Regel nur nach Überweisung durch die Primärärztin beziehungsweise den Primärarzt erfolgt. Zu diesem Zweck sollen sich die Patientinnen und Patienten bei einer primärärztlichen Praxis, in der Regel einer hausärztlichen Praxis, einschreiben. Eine Bedingung für die Umsetzung des Primärarztsystems ist, dass eine verbindliche Befundübermittlung zwischen Primärärztinnen und -ärzten und Fachärztinnen und -ärzten sichergestellt wird. Um weiterhin zu gewährleisten, dass genügend Ärztinnen und Ärzte in der hausärztlichen Versorgung tätig sind, unterstützt der Rat die stärkere Steuerung der Facharztweiterbildung.
Primärversorgungszentren gelten in diesem Kontext als Katalysator für eine multiprofessionell ausgerichtete Versorgung. Wie sieht für Sie ein idealtypisches Primärversorgungszentrum aus?
In Primärversorgungszentren ist die interprofessionelle Zusammenarbeit im Team zentral. Für einen gelingenden Wandlungsprozess in der Zusammenarbeit und Arbeitsteilung zwischen Primärärztinnen und -ärzten, Pflegefachpersonen und Medizinischen Fachangestellten in Einrichtungen der Primärversorgung Unter Primärversorgung wird die gesundheitliche Grundversorgung und Beratung verstanden, in der auch… bedarf es klar definierter klinischer Aufgabenbereiche und einer geteilten Philosophie der Versorgung. in diesem Kontext spricht sich der Rat auch für die Heilkundeübertragung für zu definierende Handlungsfelder für Pflegefachpersonen aus.