FAKTOR 2/2024> Reformvorhaben: Happy End oder Tragödie?
Die Parlamente von Bund und Ländern verabschieden sich in die Sommerpause. Dank dem Bundesgesundheitsminister dürften einige Abgeordnete ausreichend Urlaubslektüre im Gepäck haben. Kurz vor den Parlamentsferien haben er und seine Ghostwriter ihre Bestsellerliste noch einmal deutlich erweitert. Zu den Neuerscheinungen zählen unter anderem die Apotheken- und Notfallreform und das Gesundes-Herz-Gesetz. Kein Bereich der Gesundheitsversorgung bleibt ausgeklammert. Über die inhaltliche und handwerkliche Qualität der einzelnen Werke und deren Wirkung scheiden sich die Geister. Doch in einem sind sich die Kritiker einig: Diese Gesetzesprosa ist keine Trivialliteratur. Sie ist viel zu bedeutsam und komplex, um unkommentiert oder gar unreflektiert auf den Markt gebracht zu werden.
„Um Sektorengrenzen zu überwinden, benötigen gemeinsame Selbstverwaltung und regionale Vertragspartner mehr Gestaltungsspielraum.“
Bester Beleg ist die Krankenhausreform. Happy End oder doch eher Tragödie? Das Schlusskapitel im Gezerre zwischen Bund und Ländern bleibt vorerst offen. Die sommerliche Denkpause wäre eine gute Gelegenheit, sich auf den verbindenden roten Faden zu besinnen: Eine leistungsfähige Gesundheitsversorgung zu organisieren, die sich am Bedarf der Menschen ausrichtet und weiterhin bezahlbar bleibt. Das Bewirtschaften einzelner Sektoren ist jedenfalls keine zukunftsfähige Option. Ebenso wenig wie die zunehmende Neigung, die Gesundheitsversorgung immer kleinteiliger mit Gesetzen und Verordnungen zu regeln. Bedarfsgerechte Versorgungslösungen entstehen vor Ort. Um Sektorengrenzen zu überwinden, benötigen gemeinsame Selbstverwaltung und regionale Vertragspartner mehr Gestaltungsspielraum. Dass nun ausgerechnet die Länder die im Zuge der Krankenhausreform geplanten sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen in Eigenregie festlegen wollen – ausdrücklich ohne das Benehmen mit den Krankenkassen – ist das falsche Signal. Schließlich sollen diese Einrichtungen auch dazu beitragen, etwaige Versorgungslücken im ambulanten und pflegerischen Bereich zu schließen. Das wäre ein nahezu idealer Einstieg für eine sektorenübergreifende Versorgungsplanung, wie sie vom Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege empfohlen wird. Dieses neue Kapitel sollten die verantwortlichen Akteure konstruktiv gemeinsam angehen.